Die Gesellschaft des Abendsterns
Reservate.«
»Einer tut es wahrscheinlich«, korrigierte Opa sie.
»Nun, wenn das der Fall ist, hat er es sich nie anmerken lassen«, entgegnete Oma.
»Ich habe viel über das nachgedacht, was ihr uns erzählt habt«, sagte Kendra. »Es kommt mir alles ziemlich rätselhaft vor.«
Opa räusperte sich. Er wirkte beinahe zögerlich, bevor er weitersprach. »Hat Errol jemals Anspielungen in die Richtung gemacht, dass Fabelheim als geheimes Reservat ein spezielles Artefakt beherbergt?«
»Nein«, antwortete Kendra. Seth schüttelte den Kopf.
»Und er hat nichts getan, um diese Information aus euch herauszuholen?«, hakte Opa weiter nach.
»Nein«, sagte Seth, und Kendra stimmte ihm zu.
Opa lehnte sich zurück. »Das ist zumindest eine Erleichterung.«
»Aber wir müssen trotzdem an unserem Plan festhalten«, bemerkte Oma.
Opa wedelte mit der Hand. »Natürlich. Wir werden so verfahren, als wäre das Geheimnis heraus.«
»Du denkst, sie wissen Bescheid?«, fragte Kendra.
Opa runzelte die Stirn. »Die Gesellschaft des Abendsterns
dürfte gar nicht wissen, dass es dieses Reservat gibt. Es wurden ungeheure Anstrengungen unternommen, um unsere Anonymität zu wahren. Dennoch wissen wir, dass die Gesellschaft mit Muriel unter einer Decke steckt und es im vergangenen Sommer beinahe geschafft hat, Fabelheim zu übernehmen. Deshalb müssen wir annehmen, dass sie von Fabelheim als geheimem Reservat wissen und dass ihnen klar ist, was es beherbergt.«
»Was?«, fragte Seth. »Was ist das Artefakt?«
»Für sich genommen ist es ein uralter Talisman von ungeheurer Macht«, antwortete Opa. »In Verbindung mit den anderen vieren ist es der Schlüssel zu Zzyzx, dem großen Gefängnis, in dem buchstäblich Tausende der mächtigsten Dämonen aus allen Zeitaltern dieser Welt eingekerkert sind.«
»Niemand kennt mehr seinen Standort«, flüsterte Oma.
»Ausgenommen vielleicht die Gesellschaft«, murmelte Opa und starrte finster auf den Boden. »Sollten die fünf Artefakte jemals zusammengebracht und dazu benutzt werden, Zzyzx zu öffnen, wäre das Ergebnis … katastrophal. Apokalyptisch. Das Ende der Welt.«
»Endlose Nacht«, sprach Oma weiter. »Überall auf der Erde. Neben den mächtigen Bestien in Zzyzx würde sich Bahumat wie ein Säugling ausnehmen. Ein Schoßhündchen. Jetzt, da sie seit langem eingesperrt sind, haben wir die Fähigkeit verloren, mit so mächtigen Wesen fertigzuwerden. Selbst die Feenarmee, die du herbeigerufen hast, würde vor ihnen vor Angst erzittern. Unsere einzige Hoffnung besteht darin, sie weiterhin gefangen zu halten.«
Im Raum wurde es still. Kendra konnte die Standuhr ticken hören. »Also, wie halten wir sie auf?«, fragte Seth schließlich.
»Das ist die richtige Frage«, antwortete Opa und deutete zur Betonung mit dem Finger auf Seth. »Dieselbe Frage habe
ich dem inoffiziellen Anführer der Allianz der Bewahrer vorgelegt.«
»Was ist das?«, fragte Seth.
»Die Hüter der Reservate und ihre Verbündeten gehören zur Allianz der Bewahrer«, erklärte Oma.
»Alle Hüter haben das gleiche Stimmrecht, und niemand führt offiziell den Vorsitz«, ergänzte Opa. »Aber seit Jahrhunderten profitieren wir vom Rat und der Hilfe unseres größten Verbündeten, des Sphinx.«
»Wie in Ägypten?«, fragte Kendra.
»Ob er wirklich ein Sphinx ist, wissen wir nicht«, sagte Opa. »Mit Sicherheit ist er kein normaler Sterblicher. Er steht der Allianz seit dem 12. Jahrhundert bei. Ich habe nur zweimal von Angesicht zu Angesicht mit ihm gesprochen, und bei beiden Gelegenheiten hatte er die Gestalt eines Menschen. Aber viele der mächtigsten Kreaturen, wie zum Beispiel Drachen, können menschliche Gestalt annehmen, wenn ihnen der Sinn danach steht.«
»Du hast den Sphinx gefragt, was du tun sollst?«, fragte Seth nach.
»Ja«, antwortete Opa. »Ich habe mit ihm über das Problem gesprochen. Er hat vorgeschlagen, das Artefakt an einen anderen Ort zu bringen. Ihr müsst wissen, dass Fabelheim mit seinem Alter von grob drei Jahrhunderten zu den jüngsten Reservaten gehört. Von den geheimen Reservaten ist es mit Abstand das neueste. Eins der geheimen Reservate wurde nicht lange vor der Gründung Fabelheims verraten. Die Kammer, in der sich das Artefakt befand, wurde hierhergebracht, und Fabelheim wurde von da an absolut geheim gehalten. Also ist die Idee nicht ohne Präzedenzfall.«
»Habt ihr es schon weggebracht?«, fragte Kendra.
Opa kratzte sich am Kinn. »Zuerst müssen wir es einmal
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