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Die Gesichter der Zukunft

Die Gesichter der Zukunft

Titel: Die Gesichter der Zukunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Moskowitz
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entschlossen, nicht ohne einen mittleren Rausch wieder aufzustehen.
    Der Zeitungsmann beäugte den Ganoven verdrießlich und mit unverhohlenem Mißtrauen, aber der andere schien sich nichts daraus zu machen. Er ließ seinen Hut auf dem Kopf und setzte sich unaufgefordert zu Nagle. Er musterte Nagle eine Weile aus blinzelnden Augen, die unter den fleischig herabsinkenden Lidern verborgen waren, dann nahm er mit weltmännischer Geste seine Zigarre aus den Zähnen und erklärte:
    »Ich habe eine Botschaft für Sie, Mister.«
    »Ja?« sagte Grant. »Heraus damit. Und lassen Sie mich allein. Ich will meine Ruhe haben.«
    »Einauge Smith ist los«, sagte der Gauner.
    Grant starrte den anderen eisig an und sagte nichts, aber er war erschrocken.
    »Vor zwei Jahren«, sagte der Mann, »hinterließ er den Auftrag, daß ich Ihnen eine Botschaft bringen sollte, wenn er aus dem Knast käme. Das tue ich jetzt.«
    »Und?«
    »Nun, Einauge sagte, er würde es Ihnen besorgen. Er selbst, persönlich. Wir hätten es für ihn gemacht, aber er sagte nein, er wolle selber mit Ihnen abrechnen. Der Chef ist in solchen Sachen eigen. Ehre und so.«
    »Warum?« fragte Grant.
    Die Frage überraschte den Gauner. Er zwinkerte und tat einen heftigen Zug an seiner Zigarre. Dann beugte er sich weiter über den Tisch.
    »Das ist eine komische Frage, Nagle. Komisch, daß ausgerechnet Sie damit ’rauskommen. Schließlich waren Sie derjenige, der den Chef ins Zuchthaus von Ganymed brachte.«
    »Ich habe ihn nicht dorthin gebracht«, sagte der Zeitungsmann. »Ich recherchierte ein bißchen und schrieb einen Artikel, das war alles. Das ist mein Job. Ich brachte heraus, daß Einauge mit einem Haufen von anderen Halsabschneidern in einem Schlupfwinkel auf Ceres war und abwartete, daß die Dinge sich beruhigten, und ich schrieb einen Artikel darüber. Kann ich dafür, daß die Polizei die ‚Abendpost’ liest?«
    »Sie rühren mich zu Tränen, Nagle«, sagte der Mann. »Der brave Mann, der nur seine Arbeit tut. Diese Sprüche kennen wir. Sie haben vergessen zu sagen, daß Sie monatelang schnüffelten und mit Schmiergeldern um sich warfen, als ob Sie dafür bezahlt kriegten, der Polente die Arbeit abzunehmen. Wenn Sie klug wären, würden Sie Ihre Finger von Sachen lassen, die Sie nichts angehen. Aber Sie wollten Ihren Chef mit einer Sensationsmeldung beeindrucken, damit er Ihnen eine Gehaltserhöhung bewilligt. Nun, diesmal werden Sie nicht damit wegkommen.«
    »Hören Sie, Freund«, sagte Grant. »Warum hat er Sie geschickt? Warum ist er nicht selbst gekommen? Wenn Einauge Smith mit mir zu tun hat, weiß er, wo er mich finden kann.«
    »Er wird kommen, wenn es soweit ist, keine Angst!« Der Gangster lachte. »Aber wir sind fair«, fuhr er fort. »Wir warnen unsere Kunden vorher. Abgesehen davon ist er im Moment verhindert. Er muß eine Weile in Deckung bleiben. Und diesmal hat er einen Platz, wo keine Schnüffler und klugscheißende Reporter ihn finden werden.«
    »Ich weiß nicht, was Ihr Spiel ist«, sagte Grant kalt, »aber es ist irgendein Spiel. Denn aus dem Zuchthaus von Ganymed kann Einauge nicht ausbrechen. Noch keiner hat es geschafft. Wer hinkommt, bleibt dort. Wenn er ’rauskommt, hat er entweder seine Zeit abgerissen, oder er liegt in einem Plastiksarg. Niemand brennt von Ganymed durch.«
    Der andere lächelte überlegen, zog eine zusammengefaltete Zeitung aus der Jackentasche seines Maßanzugs und breitete sie auf den Tisch. Es war die neueste Nummer des »Nachtkuriers«, und die Schlagzeile schrie:
    EINAUGE SMITH AUSGEBROCHEN!
    »Das«, sagte der Gangster und klopfte aufs Papier, »sollte Ihnen zeigen, was die Stunde geschlagen hat. Ich weiß, wovon ich rede.«
    Grant starrte auf die Zeitung. Da war es, schwarz auf weiß. Einauge Smith war aus dem unüberwindlichen Zuchthaus auf den luftlosen, düsteren und gefrorenen Ebenen von Ganymed entflohen. Ein Foto von Einauges häßlicher Visage, komplett mit Augenklappe und dem üblichen Grinsen, starrte ihm von der Titelseite entgegen.
    »Dann ist es also wahr«, sagte Grant nachdenklich. »Er ist wirklich ausgebrochen. Hätte ich nicht für möglich gehalten. Und die Botschaft ist das echte Wort des Herrn.«
    Der Mann nickte und steckte die Zeitung wieder ein. »Wenn Einauge was sagt, dann meint er es.«
    »Ich auch«, erklärte Grant grimmig. »Und ich habe auch eine Botschaft für ihn, wenn Sie ihn finden können. Sagen Sie ihm, ich hätte damals nur meine Pflicht als Zeitungsmann getan –

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