Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Gesichter der Zukunft

Die Gesichter der Zukunft

Titel: Die Gesichter der Zukunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Moskowitz
Vom Netzwerk:
honoris causa den Doktortitel der Naturwissenschaften und alle Ehren und Vorrechte, die damit verbunden sind.« Der Präsident der Universität überreichte die zusammengerollte Urkunde. Der Politiker nahm sie entgegen, verbeugte sich und lächelte. Der Präsident verbeugte sich und lächelte zurück. Flynn, der Politiker, trat ans Rednerpult und begann seine Rede über das Thema: »Die Wissenschaft und das Volk«.
    Mrs. Alonso, die zu der Zeremonie gekommen war, um ihren Sohn promovieren zu sehen, wand sich unbehaglich auf ihrem Stuhl, denn sie war fleischig, und Junitage in New York pflegen schwül zu sein. Dann wurde sie sich einer Besonderheit an einem der Träger akademischer Kopfbedeckungen bewußt, die die vorderen Reihen besetzt hielten. Das normale menschliche Ohr ist rosig und haarlos und liegt mehr oder weniger flach am Schädel. Die Ohren dieses Akademikers aber waren mit schwarzem Pelz bedeckt und standen in einem ganz und gar nicht menschenähnlichen Winkel vom Kopf ab. Dann wandte der Besitzer der Ohren seinen Kopf ein wenig zur Seite, und Mrs. Alonso schnaufte entsetzt. Die Kopfbedeckung war die eines Empfängers akademischer Würden, aber die gelbliche Schnauze gehörte einem Bären!
    Johnny Black lag reglos in der warmen Sonne und las ein Buch, das an die Wurzeln eines Baumes gelehnt war. Eine Fliege umsummte seinen Kopf; Johnny beobachtete sie aus seinen Augenwinkeln. Der günstige Moment kam; seine Kiefer schnappten zu, und es gab die Fliege nicht mehr. Er schluckte und überlegte, daß es einige Vorteile habe, ein gesunder schwarzer Bär zu sein – starke Muskeln, blitzschnelle Reflexe und ein Magen, der nahezu alles verdauen konnte, wenn es nicht gerade Metall war. Ein Mensch dagegen würde schon bei dem bloßen Gedanken, eine Fliege zu essen, Übelkeit empfinden.
    Trotzdem wünschte er, er könnte wie ein Mensch sprechen, statt mit einer Kralle auf eine von diesen Tricktafeln schreiben zu müssen, auf denen ein schwarzer Strich erscheint, wenn man sie kratzt, und die man nur durch ihren Papprahmen zu schieben braucht, um den geschriebenen Text wie durch Magie wieder auszulöschen. Es war lästig, zu solchen Mitteln greifen zu müssen, wann immer er etwas zu sagen hatte, und auf die Menschen machte es einen ungünstigen Eindruck. Diese Wissenschaftler, zum Beispiel, die immer wieder zur biologischen Station nach St. Croix kamen, um ihn zu sehen – sie folgerten oft, daß er nicht denken könne, weil er nicht sprechen konnte. Er wußte, daß er dank Methuens berühmt gewordener Zerebralinjektion so klug wie die meisten von ihnen war, und es ärgerte ihn, daß sie Pidgin-Englisch sprachen, wenn sie ihn anredeten. Auch verabscheute er die Vertraulichkeiten, die manche von ihnen sich herausnahmen. Während eines Interviews war er so zornig geworden, daß er auf seine Tafel geschrieben hatte:»Pflegen Sie alle Ihre Gesprächspartner hinter den Ohren zu kraulen?« Nun, in letzter Zeit waren diese Besuche seltener geworden; es gab, wie es schien, finanzielle Schwierigkeiten im Wissenschaftsgeschäft.
    Er schob seine Brille, die bei der ruckartigen Bewegung seines Kopfes verrutscht war, wieder in Position und nahm seine Lektüre von neuem auf. Aber schon nach wenigen Zeilen gab es eine weitere Unterbrechung. Ursache der Störung war eine dünne, brüchige Stimme, die ein Lied sang:
    »Der Hering liebt des Mondes Schein, die Makrele liebt den Wind, die Austern nimmt das Fischerlied ein, weil von edlem Geschlecht sie sind.«
    Wieder der alte Sarratt, dachte Johnny. Gordon Sarratt, einst ein großer Genetiker und bekannter Wissenschaftler.
    Jetzt ein menschliches Wrack, durfte in der Station leben und sich mit Ziegenzucht beschäftigen; es war eine mitleidige Geste, die seinen früheren wissenschaftlichen Leistungen und seinem Ruf galt.
    Ein storchartiger Mann mit einem kleinen grauen Spitzbart kam in den Hof geschlendert: Ira Methuen, Johnnys Chef und der neue Direktor der Station. Hinter ihm kam der stämmige junge Edgar Banta.
    »Hallo, Ira!« rief der letztere. »Seit wann sind Sie hier?«
    »Ein paar Stunden; ich bin gerade mit dem Auspacken fertig. Was gibt’s Neues? Wie ich höre, scheint der alte Knabe unverändert fidel zu sein.«
    »Ja; und es ist komisch, denn obwohl wir seine Alkoholzuteilung ständig verringert haben, ist er immer noch beduselt. Ich kann nicht verstehen, wie er es macht. Was für Neuigkeiten haben Sie mitgebracht?«
    »Oh, ich habe in New York eine Menge Leute getroffen –

Weitere Kostenlose Bücher