Die Gesichter der Zukunft
Ausbeute einer Expedition waren sie an Zahl und Qualität einfach ungenügend. Die Farben waren blaustichig, die Konturen unscharf, aber gewisse Details waren deutlich genug zu erkennen. Ein Foto zeigte eine schmutzigweiße Kugel von streifigem Aussehen vor einem schwarzen Hintergrund. Dies war eine Abbildung des Planeten Venus, aufgenommen aus dem Raum, obwohl Kirth nichts damit anfangen konnte. Er betrachtete die anderen.
Ruinen. Zyklopisch, fremdartig und von ungewohnten Formen. Halbzerstörte Steingebilde, verschwommen vor einem trüben Hintergrund. Ein Ding war jedoch klar. Das Raumschiff war in dem Bild sichtbar – und Kirth riß die Augen auf.
Denn das große Schiff, an die dreißig Meter lang und mit einem Durchmesser von acht oder neun Metern, wirkte neben den gigantischen Ruinen wie ein Spielzeug. Größer als der gewaltige Tempel von Karnak, geradezu monströs waren diese Ruinen, die einmal die Gebäude einer Stadt gewesen waren. Unscharf und diesig, wie die Bilder waren, vermittelten sie doch eine Vorstellung von den gigantischen Ausmaßen der Bauwerke. Kirth bemerkte auch, daß die Geometrie seltsam falsch zu sein schien. Treppen waren nicht zu sehen, nur schiefe Ebenen und Rampen. Und eine gewisse Derbheit, ein Mangel an jener feinen Ausgewogenheit und Harmonie, wie sie selbst in den frühen ägyptischen Bauwerken gegenwärtig war, schien diesen Ruinen eigentümlich zu sein.
Die meisten anderen Photographien zeigten ähnliche Szenen. Eine jedoch war ganz anders. Sie zeigte ein Feld von Blumen, wie Kirth sie nie zuvor gesehen hatte. Trotz der schlechten Farbwiedergabe war es offensichtlich, daß die Blüten von einer bizarren, unirdischen Schönheit waren. Kirth wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Notizbuch zu.
Er erfuhr einiges daraus, wenn auch nicht viel. Er las:
»Venus scheint ein Planet mit Vergangenheit zu sein, doch heute existiert offenbar nur pflanzliches Leben, obwohl die Atmosphäre atembar ist und in den Polargebieten erträgliche Klimabedingungen herrschen. Die Blumen, die eine gewisse Ähnlichkeit mit Orchideen haben, bedecken weite Flächen des Landes, und der Boden ist mit ihren Samen bedeckt. Wir haben viele von diesen gesammelt …
Seit ich in einer der Ruinenstätten das Juwel fand, habe ich eine weitere Entdeckung gemacht. Auf der Venus lebte einmal eine intelligente Rasse – die Ruinen selbst beweisen es. Aber alle etwaigen Inschriften, die sie hinterlassen haben könnte, sind in der nebligen, feuchten Atmosphäre und unter den häufigen Regenfällen längst erodiert. Um so größer war unsere Überraschung, als wir heute morgen in einem unterirdischen Raum ein Basrelief fanden.
Es war fast ganz in Schlamm vergraben, und wir verbrachten Stunden mit seiner Freilegung und Reinigung. Selbst dann war nicht sehr viel zu sehen. Aber die Darstellungen sind bedeutsamer als jede Inschrift in der alten venusischen Sprache sein könnte. Ich erkannte deutlich ein Juwel wie das, welches ich vorher gefunden hatte. Es muß viele von ihnen gegeben haben, und sie waren mehr als bloße Schmuckgegenstände.
So unglaublich es scheinen mag, sie sind – um eine vertraute Parallele zu gebrauchen – Eier. Es ist Leben in ihnen. Unter den geeigneten Bedingungen von Wärme und Sonnenschein – so interpretiere ich die Darstellungen – werden sie ausgebrütet …«
Es gab noch andere Eintragungen, aber sie waren persönlicher oder technischer Natur und für Kirth ohne Interesse, bis auf eine, die die Existenz eines Bordtagebuchs erwähnte. Er durchsuchte das Schiff noch einmal und entdeckte das Tagebuch. Aber es lag in einer ausgelaufenen Lache öliger Flüssigkeit und war völlig unleserlich.
Kirth untersuchte die verschiedenen herumliegenden Behälter. Einige von ihnen waren leer; andere enthielten Asche und schlackenartige Stücke. Die eigentliche Ausbeute der Forschungsexpedition schien hauptsächlich aus den Samen und dem Juwel zu bestehen. Die versiegelten Filmkassetten ließ Kirth ungeöffnet; wahrscheinlich mußten die Filme erst entwickelt werden, und die Kassetten waren ohnehin zu schwer, um sie durch die Wildnis zu schleppen.
Obschon schlau, war Jared Kirth nicht intelligent im wirklichen Sinn des Wortes. Als armer Leute Kind in Neuengland geboren, hatte er sich mit harter, bitterer Beharrlichkeit und einem ständigen Bestehen auf seine Rechte emporgearbeitet. Jetzt besaß er eine mittelgroße Farm und einen kleinen Laden in einem Dorf, wo er zwei Leute beschäftigte. Einmal im
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