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Die Gesichtslosen - Fey, S: Gesichtslosen

Die Gesichtslosen - Fey, S: Gesichtslosen

Titel: Die Gesichtslosen - Fey, S: Gesichtslosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Fey
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Baggerschaufel und die Bergungsgeräte, maß die Isartemperatur an der Oberfläche und am Grund. Sie sicherten ein ganzes Arsenal an möglichen Tatwerkzeugen, aber auch Säcke, Schnüre, Steine, die dazu gedient haben konnten, den Körper unter Wasser zu halten. Der Bauchraum des Leichnams war beschädigt, den Schädel fand man erst einige Stunden später im Schlamm. Ob die Frau angetrieben worden oder an dieser Stelle zu Tode gekommen war, ließ sich nicht mehr feststellen. Das nächste Wehr lag 1,8 km entfernt. Carina wusste, dass die Klärung der Todesursache bei einer Wasserleiche am schwersten war, weshalb viele Täter das Wasser nutzten, um ein Opfer zu entsorgen. Laut Obduktionsbericht wurde die Leichenliegezeit auf mehrere Monate geschätzt. Den stark verwesten Körper bedeckte ein Algenrasen. Löcher in der verbliebenen grün-schwarz verfärbten Haut deuteten auf Tierfraß durch Fische und Seevögel hin. Die fünfundzwanzig- bis fünfunddreißigjährige Frau starb vermutlich im Herbst 1996.
    Carina betrachtete die angehefteten Fotos. Der Leichnam war nackt bis auf einen schwarzen Slip. Dann mussten die Fotos gemacht worden sein, nachdem die Kleidung oder die Kleidungsreste der Leiche ausgezogen worden waren. Eigentlich unüblich. Zuerst dokumentierte ein Tatortfotograf immer die Auffindesituation, und danach wurde auch das Auskleiden festgehalten. Carina blätterte in der Akte. Dort stand unter Bekleidung/Schmuck nur der Slip. Erst weiter hinten, als es um die Personenbeschreibung der vermissten Rosalia Salbeck ging, wurde ein geblümter Baumwollrest genannt, den Luise Salbeck als den Rock ihrer Schwester erkannte. Carina erinnerte sich, dass Frau Salbeck ihr davon erzählt hatte. Eine DNA -Analyse war anscheinend nicht in Auftrag gegeben worden. Ob nach den Monaten im Wasser an der Kleidung noch Spuren zu finden waren, war also nicht ermittelt worden. Als letztes Indiz führte der Zahnstatus im Schädel zur Identifizierung. Carina hielt die beigelegten Röntgenbilder gegen das Licht und legte sie übereinander. Wie eine perfekte Kopie zeigten beide ein makelloses Gebiss. Das eine stammte aus der Rechtsmedizin, eine Aufnahme der Isartoten, vermutlich wenige Stunden nach der Bergung. Unter dem anderen stand in durchsichtigen Buchstaben auf dem schwarzen Rand der Name einer Zahnärztin aus der Innenstadt, dann Rosa Salbecks Name, ihr Geburtsdatum und der Vermerk »21.09.1995«. Also handelte es sich um ein Röntgenbild von einer zahnärztlichen Untersuchung zwei Jahre zuvor. Die Zähne hatten weder Plomben noch Brücken noch fehlte ein Zahn, was angesichts der starken Beschädigungen durch die Bergung erstaunlich war. Ihr fiel die Besonderheit an den Schneidezähnen der Spielplatztoten wieder ein. Sie hatte ganz vergessen, weiterzuforschen, was die Ursache für die frühe Abnutzung gewesen sein mochte und nahm sich vor, den Zahnforensiker danach zu fragen, der sie identifiziert hatte. Vielleicht hatte der eine Erklärung.
    Das Röntgenbild dieser Zähne hier war einer Zahnpastawerbung würdig. Ein völlig ebenmäßiges Gebiss. Für eine Frau, die 1962 geboren und im Zeitalter von Limo und Caprisonne aufgewachsen war, erstaunlich. Carinas Mutter hatte ihr erzählt, dass in den Siebzigerjahren Wasser nicht als Durstlöscher galt, aber vielleicht waren die Salbecks ja Vorreiter der gesunden Ernährung gewesen. Oder es war einfach Veranlagung. Carina schrieb den Namen der Zahnärztin vom Röntgenbild in ihr Skizzenbuch.
    Sie blickte auf. Merkwürdig still war es seit ein paar Minuten. Wo waren Sandro und Gandhi? Sie lauschte, vertiefte sich dann wieder in den Bericht. Die chemisch-toxikologische Untersuchung hatte keine Betäubungsmittel oder andere Medikamente zutage gefördert, auch kein Gift, nur 0,2 Promille Alkohol im Blut der Toten. Ein Schwips, durch den sie aus Versehen in die Isar gestürzt war? Aus der Akte ging nicht hervor, ob es ein Tod durch Ertrinken gewesen war oder ob die Frau bereits tot war, als sie ins Wasser gelangte. Bei dem Verwesungsgrad war das auch kaum noch feststellbar. Die Schädelfrakturen und das Loch unterhalb der Rippen stammten vermutlich vom Bagger.
    Die Todesursache blieb also ungeklärt. Ob eine Exhumierung, wie es Frau Salbeck wünschte, und nochmalige Untersuchung nach so langer Zeit weitere Erkenntnisse brachten? Das Bundeskriminalamt hatte damals die Akte wenige Tage nach dem Leichenfund geschlossen. Blieb nur die Frage, warum sie sich überhaupt um eine Selbstmordtote

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