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Die Gesichtslosen - Fey, S: Gesichtslosen

Die Gesichtslosen - Fey, S: Gesichtslosen

Titel: Die Gesichtslosen - Fey, S: Gesichtslosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Fey
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hier, kaum auszuhalten. Das uralte Blut auf dem Sofa wird’s kaum sein, was so stinkt. Vermutlich ist seit Jahren nicht mehr gelüftet worden. Und du glaubst nicht, was ich in einer Sofaritze gefunden habe: Rosa Salbecks Personalausweis. Sie sieht wirklich so aus wie in deinem Skizzenbuch. Ich habe sie für diese Herbig gehalten, als ich sie damals vorm Innenministerium mit Krallinger sah. Sie hat sich mit dem Namen vorgestellt und ich bin darauf reingefallen. Aber warum dieses ganze Szenario? Seine wirkliche Lebensgefährtin hab ich doch gar nicht gekannt. Und wo ist die überhaupt, hat er die auch umgebracht und in der Isar entsorgt? Denn so, wie es aussieht, hat er Rosa Salbeck hier erschlagen und in die Isar geworfen. Na ja, sollen sich die Kollegen darum kümmern. Die Spurensicherung müsste gleich hier sein.« – » Nochmal. Ich bin im ersten Stock, hier gab es eine Schießerei. Blutflecken an der Wand, Einschusslöcher. Wo bloß die Kollegen bleiben, das dauert wieder. Also, ich muss dir was sagen, wenn ich’s nicht tue, reißt mir Silvia den Kopf ab. Und ich weiß nicht, wo ich anfangen soll. Deine richtige Mutter und ich, also … « Er holte hörbar Luft. »Sie war meine Geliebte, als ich bereits mit Silvia zusammen war. Ich wusste nichts von der Schwangerschaft. Wir haben uns nicht wiedergesehen. Du warst gerade zwei Monate alt, als sie … « Er hielt inne, sprach dann so leise weiter, dass sie den Atem anhielt, um ihn zu verstehen. »Sie konnte sich nicht mehr um dich kümmern. Silvia hat dich adoptiert, als sie mit Wanda schwanger war, und wir haben geheiratet.« Es knackte in der Leitung. »Verstehst du jetzt, warum ich mich immer um dich … Du, ich hör die Kollegen, hab die Tür aufgelassen. Krallinger ist übrigens zur Fahndung ausgeschrieben. Also bis gleich.«
    Ende. Er hatte aufgelegt. Carina starrte das blinkende Handy an. Eine weitere Nachricht. Das konnte doch alles nicht wahr sein. Ihr Vater überführte seinen ehemaligen Freund eines Verbrechens und offenbarte ihr ganz nebenbei, was er einunddreißig Jahre lang verschwiegen hatte. Ihre Mutter hatte sie weggegeben.
    Sie versuchte sich zu fassen. Am besten gar nicht darüber nachdenken, was das bedeutete, nur handeln. Einen Schritt nach dem anderen, kein Loch entstehen lassen, keinen Blick in den Abgrund werfen.
    Automatisch drückte sie auf die letzte Nachricht, die mit einem Keuchen begann. Ihr Vater sprach ganz leise. Sie verstand nichts. Rasch stellte sie auf volle Lautstärke, rief die Nachricht nochmal auf und presste das Handy ans Ohr. Es rauschte, ihr Vater flüsterte: »Kra-ha-llinger gescho-hssn.« Das Atmen ihres Vaters verebbte. Das Band lief weiter. Sie hörte Schritte, Stimmen, Gepolter, dann ein Klicken, jemand hatte sein Handy ausgeschaltet.

57.
    Die nächsten Stunden verliefen völlig mechanisch. Frau Kirchleitner fand Carina am Boden kniend und erklärte ihr behutsam, dass ihr Vater verletzt, aber bereits in der Unfallklinik war. Sie bot an, sie hinzubringen, ihre Mutter sei schon verständigt. Welche Mutter, klang es in Carinas Ohren. Frau Kirchleitner fragte, ob sie sonst jemandem Bescheid geben sollte. Meiner Schwester oder Halbschwester, wenn Sie sie auftreiben können, dachte Carina, bat dann aber nur darum, ihrer Chefin im Institut zu sagen, dass sie ins Krankenhaus musste. Sie lief zum Tisch in der Asservatenkammer zurück, legte das Projektil in eine schaumstoffgepolsterte Schachtel und steckte es ein. Hinten im Streifenwagen sitzend dachte sie an tausend Sachen und an nichts zugleich. Was, wenn ihr Vater starb? Wie sollte sie nach seinem Geständnis Silvia begegnen?
    »Wanda ist immer noch nicht aufgetaucht«, stürzte Silvia in der Notaufnahme auf Carina zu. Sie fielen sich in die Arme, so als wären sie noch Mutter und Tochter. Sollte sie ihr sagen, dass Matte endlich gestanden hatte? Sie suchte nach Worten, aber da war nichts. Nur ein zerkratztes Mutterbild.
    Dann begann das Warten. Carina hockte auf einem der Drahtstühle.
    »Warum dauert das so lange?« Silvia setzte sich, sprang auf, eilte den Klinikflur hin und her, betupfte sich die Nase, die zu bluten begonnen hatte.
    Carina reichte ihr Taschentücher. »Soll ich jemanden holen? Hast du Schmerzen?«
    Silvia presste sich ein Taschentuch unter die Nase und legte den Kopf zurück.
    »Komm, leg dich hin.« Carina bettete sie auf die Stühle, schob ihr ihre Jacke unter den Kopf. »Gibt es schon ein Ergebnis von der Untersuchung?«
    »Ein Brief, aber ich bin

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