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Die Gesichtslosen

Die Gesichtslosen

Titel: Die Gesichtslosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amma Darko
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Mann begehrt zu werden.»
    «Ich habe hier mein ganzes Leben mit meinen Kindern gewohnt», fuhr Maa Tsuru mit zitternder Stimme fort. Sie schluckte und seufzte schwer. «Und doch, Kpakpo brauchte nur zu sagen, daß er mit mir ins Bett gehen und neben mir aufwachen wollte, und ich bin gleich…» Sie brach weinend zusammen.
    Fofo kämpfte mit den Tränen: «Er kam in Mutters Leben und warf uns alle hinaus!» hob sie an. «Zuerst meine zwei älteren Brüder, dann Baby T und schließlich mich. Meine älteren Brüder konnten es nicht ertragen. Das alte Bett quietscht. Und das Gestöhne. Mein Gott!»
    Die Luft im Raum war zum Schneiden. Sylv Po überprüfte sein Aufnahmegerät. Es lief noch.
    Und dann brach es aus Maa Tsuru heraus und sie erzählte ihre Geschichte, alles, von Anfang an.
    Danach herrschte erst einmal Schweigen. Endlich wollte Kabria wissen: «Warum haben Sie nicht versucht, Ihre älteren Söhne zurückzuholen?»
    Sie bekam keine Antwort.
    «Ja, Mutter. Warum nicht?» stieß Fofo mit tränenerstickter Stimme hervor.
    «Hat Sie deren Schicksal nicht mehr interessiert?» fragte Sylv Po.
    Maa Tsurus Kopf schoß hoch wie eine Kobra. «Nicht mehr interessiert», entgegnete sie weinend. «Das fragen Sie mich? Nennen Sie mir eine Mutter, die sich nicht für ihre Kinder interessiert. Selbst Odarleys Mutter interessiert sich für…»
    «Bitte, Mutter», unterbrach Fofo. «Rede nicht von Dingen, die du nicht verstehst. Odarleys Mutter soll sich interessieren? Und du hast dich um uns gekümmert?»
    «Ich weiß, wovon ich spreche», beschwichtigte Maa Tsuru ihre Tochter. «Ich habe meine Schuldgefühle unterdrückt.»
    «Haben Sie weiterhin Umschläge bekommen nach Baby Ts Tod?» fragte Kabria.
    Maa Tsuru schüttelte den Kopf.
    «Wohnt Onko immer noch hier?» wollte Sylv Po wissen.
    «Er läßt sich kaum blicken», antwortete Maa Tsuru.
    «Naa Yomo hat ihm wahrscheinlich so die Meinung gesagt, daß er noch vor Morgengrauen das Haus verläßt, bevor sie aufsteht, und erst spät am Abend wiederkommt, wenn er sicher sein kann, daß sie schon im Bett ist», vermutete Fofo.
    «Naa Yomo wußte Bescheid!» sagte Maa Tsuru. «Aber sie begriff, warum ich die Angelegenheit nicht anzeigen konnte. Deshalb hat sie es bei den Beschimpfungen belassen.»
    Sylv Po wollte wissen, ob Maa Tsuru seitdem wieder etwas von Kpakpo gehört hatte. Sie schüttelte den Kopf.
    «Glaubst du denn, er kommt zurück?» fragte Fofo.
    «Er hat ein paar Sachen hier gelassen», antwortete sie. Sie warf einen düsteren Blick auf ihre beiden Söhne.
    «Also würdest du es wieder tun, ja?» schrie Fofo angewidert. «Wenn er heute zurückkäme, würdest du ihn reinlassen und dich womöglich auch wieder von ihm schwängern lassen, ja? Warum bloß, Mutter? Warum? Was für ein Leben hast du uns Kindern schon bieten können? Guck dir die beiden Jungen hier an. Schau mich an. Wir haben keine Ahnung, wo die beiden Ältesten sind. Sind sie tot? Sind sie noch am Leben? Sind sie im Gefängnis? Töten sie andere, um zu überleben? Du weißt es selbst nicht einmal. Und Baby T? Du hast uns der Straße übergeben, Mutter. Wir gehören der Straße. Die zwei Kleinen da zu deinen Füßen sind schon stundenlang ohne Essen. Es ist nur eine Frage der Zeit, dann gehen auch sie raus auf die Straße und schlagen sich selbst durch. Du hast dich zu sehr daran gewöhnt, vom Schweiß deiner Kinder zu leben, besonders von Baby T, die du…»
    «Fofo!» unterbrach Maa Tsuru scharf.
    «Baby T ist nicht mehr, Mutter! Du konntest nicht einmal öffentlich um sie trauern. Du konntest sie nicht anständig begraben. Du konntest nicht einmal über ihren Tod sprechen. Was willst du eigentlich, Mutter? Sag’s mir. Du hast versprochen, dich jetzt völlig zu öffnen, damit wir dich verstehen können. Ich würde dich gern verstehen, Mutter. Was willst du?»
    Weinend flüchtete sie sich in die Arme von Kabria, die sie fest an sich drückte.
    «Ich glaube, wir fahren auf dem Rückweg kurz bei Onkos Werkstatt vorbei», flüsterte Sylv Po Kabria zu.
    Sie nickte.
    Fofo löste sich aus Kabrias Umarmung, nahm ein altes Tuch vom Bett ihrer Mutter, schneuzte sich ausgiebig, wischte ihr Gesicht ab und lächelte Kabria an. «Weißt du was?» sagte sie. «Manchmal stelle ich mir vor, ich stehe neben mir. Ich trete aus mir heraus und beobachte mitleidig das elende Leben, das dieses Mädchen Fofo führt. Und wenn ich wieder in mir drin bin, dann trifft es mich mit voller Wucht. Dann zittere ich vor lauter

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