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Die Gespenster von Berlin

Die Gespenster von Berlin

Titel: Die Gespenster von Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Khan
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davon und versteckte sich hinter dem Stein der Oberstudienrätin Schwarz-Schöpping.
    »Klaus, ich bin’s«, sagte Udo und rieb sich Tränen der Freude von der Backe. »Mensch Klaus, was machst du nur für Sachen. Kannst doch nicht einfach so abtreten.«
    »Udo, du alter Wendehals«, erwiderte Klaus und rappelte sich hoch. Er griff sofort nach dem Handtuch, das Udo ihm entgegenhielt, und legte es sich um seinen Nacken, oder was davon übrig war. »Das ist verboten, was du hier tust, weißt du das denn nicht?«, tadelte Klaus.
    »Ich bring dich in wenigen Stunden wieder zurück, versprochen. Sag mal, war Lydia bei deiner Beerdigung?«
    »Komisch, dass ausgerechnet du nach Lydia fragst. Hattest du sie nicht zu diesen vielen Abtreibungen gezwungen? Sie ist doch dann mit Stolli durchgebrannt, als du dein Eheversprechen nicht einlösen wolltest.«
    »Quatsch keine Romane, Kläuschen. War Lydia da oder nicht?«
    »War da. Kam spät. Als die anderen schon Butterkuchen fraßen. Hat die ganze Zeit geheult. Ich wusste gar nicht, dass sie so an mir hing.«
    »Und Stolli? War er bei ihr?«
    »Stolli, ja.«
    »Dieses Schwein. Komm jetzt, Klaus, du wirst gebraucht.«
    »Sag mal, wollen wir Marlene Dietrich mitnehmen? Die soll hier auch irgendwo sein.«
    Gregor kroch voller Tatendrang aus seinem Versteck. »Ein Weltstar, Udo, ein Weltstar«, sagte er, würgte noch einmal trocken. Er winkte Klaus zu.
    »Das nächste Mal gerne, Leute, heute passt es mir nicht«, sagte Udo. An dieser Stelle wird die Geschichte unglaubwürdig. Aber es war so, Udo wollte Marlene Dietrich nicht ins Grill Royal mitnehmen. Er dachte an Lydia. Er hatte sie zum Frauenarzt in Kyritz geschafft. Er hatte sie vorm Standesamt im Schneeregen stehen lassen. Er hatte sie belogen und betrogen, aber immer geglaubt, es würde eines Tages in Eintracht enden. Aber dann kam Stolli und nahm sie ihm weg. Seither hatte es nie wieder eine Frau wie Lydia in seinem Leben gegeben. Aber vielleicht ließe sich heute alles neu erfinden.
    Fast hätten sie Nicole vergessen. Aber Gregor, der im Grunde kein schlechter Ehemann war, drängte darauf, sie auszulösen. Sie kamen keine Minute zu früh. Nicole wusste schon nicht mehr, wie sie Lomoso Tonka noch länger von seiner Vitrine fernhalten konnte. Udo stellte das Fläschchen zurück, füllte wie versprochen einige Tröpfchen des Geldwert-Gebräus in Nicoles Parfümzerstäuber, dann befreite er Lomoso aus der Intendantentoilette, die sich im stillen Trakt befand.
    »Diesen Schlüssel müssen Sie eben verloren haben, mein Herr.«
    »Oh, verbindlichsten Dank, ja, das ist wirklich mein Schlüssel!«
    Gregor und der schöne Klaus saßen nebeneinander auf der Rückbank des Wagens und warteten.
    »Tust du mir einen Gefallen und bringst mir dann und wann eine Zigarre ans Grab? Aber nix Billiges, ich hätte gerne diese krummen Dinger von Davidoff, meinst du, das ginge? Du zündest sie mir an und legst sie ab, das wäre ein feiner Zug von dir.«
    Gregor nickte. Als er seine erschöpfte Frau aus dem Gebäude treten sah, kurbelte er das Fenster runter. »Keine Angst, Liebling, man gewöhnt sich schnell an ihn, er ist lieb.«
    »Wenn du es wagst, mir in den Wagen zu kotzen … «, warnte Udo sie.
    Sie nickte und setzte sich auf den Beifahrersitz. »Es hat also wirklich funktioniert«, sagte sie und betrachtete den schönen Klaus aus dem Rückspiegel. »Du bewegst dich.«
    »Alive and kicking!«, riefen Gregor und der schöne Klaus wie aus einem Munde.
    Udo ließ den Motor aufheulen.
    Die Grabschänderbande setzte sich zu Stolli Gebhardts Runde. Stolli hatte ein paar Damen und Herren um sich geschart, aber das Gespräch war irgendwo zwischen der Beurteilung von Flecken auf der Bluse und der Warnung vor Seegrundstücken stecken geblieben. Hätte sich jemand diese Geschichte nur ausgedacht, würde Don Johnson jetzt auftauchen, bekanntlich hatte er in Brandenburg mit den Dreharbeiten zum »Stechlin« zu tun. Aber einen derartigen Höhepunkt gibt es hier nicht, nur eine Frage beherrschte den Abend: War früher alles besser als heute? Der schöne Klaus sollte entscheiden.
    Zunächst fragte man Klaus, was er trinken wolle. Wein oder Bier? Cognac oder Wasser? Milch oder Gin? Bei dieser Kreatur war alles denkbar. Jeder schüttete etwas vom eigenen Drink in ein Schüsselchen, und dann sahen sie zu, wie er es fein aufschlabberte.
    Stolli sprach ganz ruhig mit ihm. »Sag mal, Kläuschen, welche Zeit ist die größere? Die jetzige, mit dem inneren Frieden und

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