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Die Gewandschneiderin (German Edition)

Die Gewandschneiderin (German Edition)

Titel: Die Gewandschneiderin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Niespor
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„Bitte! Wenn du es willst. Ich verspreche es.“ Heiße Tränen liefen ihr über die Wangen. Sie ließ das Gitter los und verschränkte die Arme vor dem Leib.
„Danke, Kind.“
Schwere Schritte im Gleichklang näherten sich. Dem Lärm nach zu urteilen, waren es mehrere Männer.
„Anna, du musst gehen. Gott sei mit dir, meine Kleine.“
„Ich will nicht. Sollen sie mich doch entdecken, dann kann ich wenigstens bei dir bleiben“, schluchzte sie laut auf.
„Anna“, zischte Wulf, „du kehrst auf der Stelle zu Rahardta zurück und bleibst dort, bis Johann dich holt. Gehorch endlich!“
Trotz der harschen Worte zögerte sie noch immer. Doch als sie hörte, wie drinnen die Tür aufschlug, wandte sie sich folgsam um und lief den Weg zurück, den sie gekommen war.

„Geh da besser nicht hin, Kind!“
    Anna hatte gehofft, sich unbemerkt in die Hütte schleichen und etwas zu essen holen zu können. Sie wusste nicht, wie lange ein Gottesurteil dauerte, und sie hatte Hunger. Schweigend stand sie am Viehbalken, schob mit dem Fuß das Stroh hin und her und betrachtete das feuchte Leder ihrer Schuhspitzen. Ob Wulf etwas zu essen bekam?
„Das ist nichts für dich, du machst dich nur unglücklich. Warte auf Johann, und ich backe dir unterdessen Pfannkuchen“, schmeichelte Rahardta.
„Ich bin nicht hungrig“, log Anna.
„Mit Honig, es ist noch genug da“, fuhr Rahardta unbeirrt fort. „Du musst nur die Eier holen.“
Annas Bauch rumorte. Einerlei, sie musste ohne Essen auskommen! Unter Rahardtas wachen Blicken schritt sie bedächtig zur Tür, öffnete sie ohne ein Wort und rannte los.
„Anna? Anna!“
Schnell hatte sie die Hütte so weit hinter sich gelassen, dass die Rufe nicht mehr zu hören waren.
Die Graft war das einzige Gewässer der Stadt, in dem sich ein mannshoher Käfig untertauchen ließ, und so brauchte Anna nicht lange, bis sie den Wüppgalgen und die Menschenmenge ringsum gefunden hatte.
Der Holzkäfig hing an einem Strick und war seitlich festgemacht, sodass der grob gezimmerte Boden das Wasser nicht berührte. Wie der Verschluss beschaffen war, den Gott in seiner Güte öffnen sollte, konnte Anna nicht sehen, denn sie traute sich nicht näher heran.
    Der Vater würde sicher wütend werden, falls er sie entdeckte, aber das nahm sie in Kauf - sie musste einfach in seiner Nähe sein. Die Büsche boten dichten Schutz, und das graue Kleid machte sie in der Dämmerung fast unsichtbar. Aber warum dauerte alles so lange? Je eher man zur Tat schritt, umso schneller stand Wulfs Unschuld fest.
Endlich bewegte sich etwas. Ein Mann löste das Seil, und zwei andere zogen den Käfig mit Stangen zum Ufer. Gilbert öffnete die Tür des Käfigs und bedeutete Wulf, er solle hineinsteigen. Wulf wirkte schmächtig neben dem massigen Ratsherrn. Er duckte sich seitlich in das schmale Gitterhaus. Anna hielt die Luft an. Man hatte ihm schon die Hände gebunden.
„Willst du noch etwas sagen?“, fragte der Ratsherr. In der klaren, kalten Morgenluft war er deutlich zu hören.
    Auch Wulfs S timme war gut zu verstehen. „Ich habe nichts Schlechtes getan.“
    „Dann wird Gott dir gewiss helfen.“ Gilbert nickte den beiden Männern zu, die den Käfig mit ihren Stangen wegstießen. Ein Ruck ging durch die Arme des dritten, der das Seil hielt. Der Käfig schwang zurück und krachte gegen den Galgen. Wulf verlor das Gleichgewicht, fiel auf ein Knie und flog mit der Schulter gegen die Latten. Käfig und Galgen ächzten in allen Fugen, hielten aber stand.
„Vorsichtig! Ihr sollt ihn tauchen und nicht erschlagen, Herrgott!“, brüllte Gilbert.
Diesmal bewegten die Männer den Käfig nur ganz sacht, und der Mann am Seil ließ ihn über eine Rolle zum Wasser hinunter. Ein leises Platschen war zu hören, dann stieg das Wasser hoch und umwogte den Baumeister so rasch, als zögen ihn Nixen auf den Grund.
Als ihm das Wasser bis zum Hals stand, wollte Anna etwas tun, rufen, sich zeigen, nur damit die Männer innehielten, aber es war zu spät - der Kopf verschwand im Wasser. Zahlreiche Blasen stiegen an die Oberfläche, doch Wulf tauchte nicht auf. Hatte Gott kein Einsehen? Anna spähte zu Gilbert hinüber, der den Arm ausgestreckt nach vorn hielt. Nach schier endloser Zeit hob er den Arm, und der Mann am Seil zog an. Doch der Käfig war schwer. Kaum war die Oberseite zu sehen, ließ seine Kraft nach, und der Käfig verschwand erneut im Wasser. Ein Helfer sprang hinzu, und endlich tauchte der Käfig auf. Wulfs Kopf

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