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Die Gewürzhändlerin

Die Gewürzhändlerin

Titel: Die Gewürzhändlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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entbehren kann.»
    Noch immer hielt sie ihren Blick gesenkt; und Martin kämpfte standhaft gegen das Verlangen an, ihr Kinn anzuheben, um ihr in die Augen sehen zu können. «Luzia, ich werde mich nicht für eben entschuldigen.»
    «Werdet Ihr nicht?»
    «Nein, und ich glaube auch nicht, dass Ihr das erwartet.»
    Nun hob sie endlich den Kopf und funkelte ihn verärgert an. «Ihr scheint ja genau zu wissen, was ich denke.»
    «Nein, Luzia, ganz im Gegenteil», erwiderte er nachdenklich. «Ich habe keine Ahnung, was in Euch vorgeht. Und ich bin mir noch nicht sicher, ob ich es wirklich herausfinden will.» Er stieß sich vom Pult ab und ging zur Tür. «Entschuldigt mich nun, ich habe seit zwei Tagen kaum etwas gegessen. Ist Anton schon wieder auf?»
    «Er ist im Lagerhaus.»
    «Seid so gut und holt ihn herein, ich werde später seine Hilfe brauchen.»
    Damit wandte er sich ab und verzog sich in die Küche.
    Luzia rieb sich mit beiden Händen über ihre glühenden Wangen, tastete nach ihrem Haar und schob ein paar lose Haarnadeln wieder an ihren Platz zurück. Noch immer fiel es ihr schwer, einen klaren Gedanken zu fassen. In der Hoffnung, dass Beschäftigung sie beruhigen würde, machte sie sich auf den Weg zu Anton.
    Augusta, die gerade von draußen hereinkam, blickte ihr überrascht hinterher. Etwas an Luzias verwirrtem Blick irritierte sie. Achselzuckend ging sie zum Kontor, um zu sehen, ob ihr Sohn bereits aufgestanden war. Als sie den Raum leer vorfand, jedoch seine Stimme aus der Küche herüberschallen hörte, wandte sie sich in diese Richtung. Weshalb sie den Blick zu Boden richtete, wusste sie nicht recht, doch fiel ihr sogleich die fein gearbeitete elfenbeinfarbene Haarnadel auf, die unweit des Türstocks lag. Mit gerunzelter Stirn hob sie das kleine Schmuckstück auf und betrachtete es nachdenklich. Dann legte sie es auf den Rand des Schreibpultes und ging in die Küche.
    * * *
    «Du glaubst also, dass das Kruzifix nur dann seine Kräfte entfaltet, wenn eines seiner drei Teile fehlt?», fasste Elisabeth am Abend zusammen, was sie Luzias etwas umständlichem Bericht entnommen hatte. Sie wandte sich an Bruder Georg, der mit den beiden Frauen zusammen am Tisch in der Stube saß. «Was haltet Ihr von dieser Theorie?»
    «Das weiß ich noch nicht», gab er zu. Er hielt das Kruzifix in der Hand und beäugte es prüfend. Dann öffnete er den Verschluss der Kette und zog sie aus der Öse. «Mir scheint, wir können sie nur überprüfen, wenn wir es ausprobieren. Heute Nacht werde ich die Kette mit in meine Kammer nehmen, und du, Luzia, legst das Kreuz wieder unter dein Kissen. Dann werden wir ja sehen, ob du recht hast.»
    «Falls sich überhaupt etwas ereignet», gab Luzia zu bedenken. «Wenn es nichts gibt, wovor das Kreuz uns warnen könnte, schickt es mir vielleicht auch keinen Traum.»
    «Versuch es», ermunterte Elisabeth sie und legte ihr eine Hand auf den Arm. «Oder fürchtest du dich vielleicht davor? Ich könnte heute Nacht bei dir bleiben …»
    «O nein, das ist wirklich nicht nötig. Ich habe keine Angst», wehrte Luzia rasch ab. «Schließlich tue ich das nicht zum ersten Mal.» Prüfend betrachtete sie das Kruzifix und nahm es in die Hand. «Fühlt es sich ein bisschen wärmer an – jetzt, da die Kette fort ist?»
    Neugierig berührte auch Elisabeth den Rahmen. «Ich weiß nicht. Möglich ist es.»
    «Ich werde nun zu Bett gehen», verkündete Bruder Georg. «Auf die Kette gebe ich natürlich besonders acht. Morgen früh sind wir dann hoffentlich ein wenig klüger.» Er erhob sich und verließ gemessenen Schrittes die Stube.
    Elisabeth faltete die Hände auf dem Tisch. «Also gut, Luzia. Nun erzähle mir, was sich heute drüben am Kornmarkt ereignet hat.»
    «Was soll sich ereignet haben?», entgegnete Luzia mit leichtem Unbehagen. «Wie ich schon sagte, bittet Herr Wied darum, dass ich ihm noch einmal für ein paar Wochen aushelfe, bis sein Bruder wieder genesen ist.»
    «Wozu ich, wie du weißt, bereits mein Einverständnis gegeben habe. Es ist ein großes Glück, dass Konrad den Unfall überlebt hat.» Elisabeth schwieg einen Moment. «Luzia, ich habe das Gefühl, du verbirgst etwas vor mir. Du hast so … verschlossen gewirkt, als du vorhin vom Kornmarkt gekommen bist. Hast du dich wieder einmal mit Martin gestritten? Mir ist schon aufgefallen, dass ihr des Öfteren aneinandergeratet. Ihr habt beide ein streitbares Temperament.»
    Luzia zog die Schultern hoch. «Gestritten, nein. Nein, so kann

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