Die Gewürzhändlerin
keinerlei Befugnis. Der Vogt hat mich jedoch beauftragt, vorab schon so weit wie möglich Klarheit in diesen Fall zu bringen. Ihr habt in Mainz ausgesagt, dass Ihr, kurz nachdem Martin Wied Euch verlassen hatte, erneut Schritte auf Euch zukommen gehört habt. Ihr dachtet, Wied sei noch einmal zurückgekehrt, weil er etwas vergessen habe. Im nächsten Augenblick wurdet Ihr niedergeschlagen. Ist das so weit richtig?»
«Vollkommen richtig», bestätigte Loerbek. «Er – wer auch immer es war – hat mir beinahe den Schädel eingeschlagen. Als ich wieder einigermaßen beisammen war, erfuhr ich, dass man meine Geldkassette gestohlen hatte sowie eine große Menge an Gewürzen und Farben, die für Martin Wied und Willem Leyen vorgesehen waren. Zwei meiner Männer sagten mir, sie hätten Wied dabei beobachtet, wie er mit einem Bündel bepackt die
Ludwina
verlassen habe. In der Tat hat Wied einen Beutel mit sich geführt, denn als er mich verließ, hat er ein Kästchen mit Auripigment und Alaun mitgenommen, das er gleich nach Koblenz bringen wollte. Ob er später noch etwas anderes hineingepackt hat, weiß ich natürlich nicht.» Als er Luzias empörten Blick sah, fuhr er rasch fort: «Aber wie ich schon in Mainz erklärt habe: Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein ehrenwerter Mann wie Martin Wied sein eigenes Schiff überfällt und noch dazu einen Mann tötet.»
«Es sind schon seltsamere Dinge geschehen», befand Hole, nahm den Kontrakt und hielt ihn Loerbek unter die Nase. «Dies dürfte Euch bekannt sein?»
Loerbek nahm die Urkunde und warf einen kurzen Blick darauf. «Aber ja. Das ist die Vereinbarung, die ich mit Jungfer Luzia geschlossen habe.»
«Waren die genannten Öle und das Sandelholz an Bord, als Ihr in Mainz vor Anker lagt?»
«Ja. Beste Ware aus Worms, und das Sandelholz kam über Basel aus Italien. Herrn Wieds Bruder Bertholff hat es mir geliefert.» Neugierig blickte er vom Schultheißen zu Luzia, dann schien er zu begreifen. «Ihr sucht nach diesen Waren, nicht wahr? Sie stehen nicht auf der Frachtliste. Wer auch immer die Lieferung gestohlen hat, weiß nicht, dass er sich ein faules Ei ins Nest gelegt hat.» Anerkennend blickte er Luzia an. «Das ist Euch eingefallen, nicht wahr? Ihr habt einen hellen Kopf, meine Liebe.»
«Also gut, wir werden umgehend das Anwesen des Ulrich Thal aufsuchen», ordnete Hole an. Dann wandte er sich noch einmal an Loerbek. «Wonach müssen wir suchen?»
«Die Phiolen mit dem Zitronenöl habe ich in die Säckchen mit dem Färberkrapp gepackt, damit sie nicht zerbrechen», erklärte der Kapitän. «Das Sandelholz befindet sich in einem kleinen tönernen Krug, in dem normalerweise Safran oder auch Muskat transportiert wird. Diese Krüge kann man mit Wachsstopfen geruchsdicht verschließen. Als Kennzeichnung habe ich eine rote Kordel um den Griff des Kruges gebunden, was normalerweise bedeutet, dass Safran enthalten ist.»
«Gut. Marsilius Grelle sowie die Schöffen Richolf Zacharias und Gerhard von dem Roten Löwen werden mich begleiten. Loerbek, Ihr kommt ebenfalls mit.» Kurz warf er Luzia einen Blick zu. «Ihr auch, Jungfer Luzia.»
* * *
«Was hat das zu bedeuten, Ihr wollt mein Lager durchsuchen?» Ulrich Thal kochte vor Wut, als er die Delegation von Schöffen an seiner Haustür vorfand.
«Ihr seid dringend verdächtig, Euch an einem Komplott gegen Martin Wied beteiligt zu haben», erklärte der alte Schultheiß gelassen. «Sollte dem nicht so sein, dürfte es Euch wohl ganz sicher nichts ausmachen, uns Euer Warenlager zu öffnen, denn dann habt Ihr ja nichts zu befürchten, nicht wahr?»
Thal zögerte und blickte nacheinander die einzelnen Schöffen an. Dann fiel sein Blick auf Luzia, die sich im Hintergrund hielt. Seine Miene wurde finster. «Ach, sieh an. Ist das etwa auf Eurem Mist gewachsen?»
«Das tut hier nichts zur Sache», antwortete Hole kurz angebunden. «Lasst Ihr uns nun ein oder nicht?»
«Wonach sucht Ihr denn?»
«Das werdet Ihr erfahren, wenn wir es gefunden haben», gab der Schultheiß kühl zurück.
Thal zuckte mit den Achseln. «Also gut, wie Ihr wollt. Folgt mir. Mein Sohn ist gerade dabei, neue Waren zu sortieren, die heute eingetroffen sind.» Er führte die Männer und Luzia in den hinteren Teil seines Hauses, in dem sein Lager untergebracht war. Zwei Knechte waren dabei, Fässer und Kisten durch eine Hintertür hereinzutragen. Siegfried stand mit einer Wachstafel an einem der Regale und notierte gerade etwas. Dabei scherzte er
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