Die Gewürzhändlerin
schon wieder aus, Weib?»
«Ich? Gar nichts.» Elisabeth erwiderte seinen Blick mit Unschuldsmiene. «Ich dachte nur, es könnte nicht schaden, wenn Bruder Georg einen kleinen Umweg über Münstermaifeld macht.»
«Münster…»
«Wenn Aleidis einverstanden ist, kann Enneleyn gleich mit Bruder Georg zusammen hierherreisen.»
«Elisabeth!» Empört setzte Johann sich auf und starrte seine Frau an. «Dazu habe ich nicht mein Einverständnis gegeben!»
«Ach nein?»
«Ganz sicher nicht.»
«Aber das wirst du.»
«Tatsächlich?»
«O ja.» Elisabeth legte den Kopf auf die Seite. «Denn du weißt genau, dass es eine gute Entscheidung ist.»
* * *
Obgleich Luzia liebend gerne ebenfalls zum Florinshof gegangen wäre, bot sie Elisabeth an, zu Hause zu bleiben, um ein Auge auf die Abläufe im Haushalt zu haben und zudem die Boten zu empfangen, die sowohl Elisabeth als auch Johann im Laufe des Vormittags erwarteten. Zum Ausgleich versprach Elisabeth ihr, sie am Nachmittag mit zur Badestube zu nehmen. Die Aussicht auf eine vergnügliche Stunde in einem der gutbeheizten Badezuber entschädigte Luzia denn auch für den langweiligen Vormittag, der vor ihr lag. Sie setzte sich mit einer Handarbeit in die Stube und lauschte mit einem Ohr dem Gekeife von Hilla, die sich wie immer über die Arbeiten aufregte, die Josefa ihr auftrug. Während sie konzentriert an der Blütenstickerei stichelte, die einmal den Ausschnitt eines Kleides zieren sollte, versuchte sie sich vorzustellen, wie es jetzt wohl auf dem Florinshof zugehen mochte. Sie war schon auf Jahrmärkten in Ahrweiler und Trier gewesen, doch es hieß, dass hier in Koblenz noch weit mehr fremde Kaufleute zusammenkämen als anderswo. Die günstige Lage am Zusammenfluss von Mosel und Rhein führte auch ohne Markttage regen Handelsverkehr in die Stadt. Was für Waren wohl feilgeboten wurden? Stoffe, Geschmeide, Spezereien und allerlei fremdländische Waren, über deren Verwendung sie nicht einmal etwas wusste. Einmal hatte sie in Trier etwas ergattert, das der Händler eine getrocknete Dattel genannt hatte und die aus dem Orient stammen sollte. Luzia konnte sich nicht entsinnen, jemals zuvor eine wohlschmeckendere Süßigkeit gegessen zu haben. Und diese Frucht wuchs in den fernen Landen einfach auf Bäumen! Ob in Koblenz wohl auch Datteln feilgeboten würden?
Lächelnd schüttelte Luzia über sich selbst den Kopf. Selbst wenn dem so wäre, würde sie doch ihr gutes Geld nicht dafür hinauswerfen wollen. Zu wichtig war es, für Anton eine Lehrstelle zu finden …
Bevor sie ihre Gedanken zu Ende führen konnte, betrat der dürre Wilbert die Stube und fuhr sich kurz ordnend durch das stoppelige blonde Haar. «Luzia, da ist ein Bote im Hof, der einen Brief für Graf Johann gebracht hat. Er verlangt eine Bezahlung.»
«Ah ja, ich weiß schon.» Luzia legte die Stickerei beiseite und erhob sich. Während sie Wilbert nach draußen folgte, nestelte sie bereits an der Geldkatze herum, die sie am Gürtel trug, um die beiden Münzen herauszufischen, die Elisabeth ihr für den Boten ausgehändigt hatte. Nachdem sie den Mann bezahlt hatte, blieb sie noch einen Augenblick im Hof stehen und atmete tief die kühle Luft ein. Pünktlich zum Beginn des Jahrmarktes hatte sich das Wetter gebessert und zeigte sich nun von seiner besten Seite. Obwohl es inzwischen herbstlich frisch war, verführte der helle Sonnenschein zum Verweilen im Freien. Das Licht schimmerte in den sich allmählich verfärbenden Blättern der Linden und Buchen, die den Hof auf der linken Seite säumten. Entzückt beobachtete sie, wie ein verspäteter Schmetterling an ihrer Nase vorbeitaumelte, um sich dann auf einer der unzähligen Gänseblümchenblüten niederzulassen, die in dichten Gruppen im Gras zwischen den Bäumen wuchsen.
«So allmählich mache ich mir Gedanken um Euer Seelenheil», erklang hinter ihr Martins amüsierte Stimme.
Erschrocken fuhr sie zu ihm herum. «Herr Wied! Ihr habt mich erschreckt.»
«Das lag nicht in meiner Absicht», antwortete er feixend. «Aber da Ihr wieder einmal vollkommen versunken dem Müßiggang fröntet, überrascht es mich nicht. Heißt es nicht, Müßiggang sei eine Sünde? In diesem Falle habt Ihr wohl gewiss immer etwas zu beichten.»
«Wie bitte?» Empört starrte Luzia ihn an. «Ich fröne ganz sicher nicht dem Müßiggang.»
«Nein? Dann muss ich mich getäuscht haben, werte Jungfer.» Martin lachte leise. «Vielleicht habt Ihr auch nur die mannigfaltigen Wunder der
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