Die Gewürzhändlerin
herbei, die Herbergen füllen sich. Wie ich hörte, haben sich vor den Stadttoren bereits erste Zeltlager gebildet.»
«Das ist wahr», bestätigte Jutta und lächelte nun wieder so heiter wie zuvor. Lediglich um ihre Augen sah man noch leichte Spuren von Unmut. «Ich war froh, dass ich in Begleitung mehrerer Ritter unterwegs war, denn in den Besucherscharen verbergen sich ganz gewiss auch viele zwielichtige Gestalten, Beutelschneider, Schlitzohren und anderes Gesindel.»
«Das ist ziemlich sicher», sagte Johann und bemühte sich ebenfalls, wieder zu seinem gelassenen Ton zurückzukehren. «Das ist der Nachteil eines Jahrmarktes: Die Gerichtsbarkeit ruht während der gesamten Zeit. Manch einer glaubt, damit einen Freibrief zu erhalten.»
«Aber Diebe und Halsabschneider werden doch auch während des Jahrmarktes nicht geduldet», warf Adele verunsichert und sichtlich verängstigt ein. «Oder etwa doch?»
«Selbstverständlich nicht», antwortete Elisabeth rasch. «Diebstahl, Mord und dergleichen wird immer geahndet. Aber gegen Betrüger und ähnliches Gelichter geht die Stadtobrigkeit nicht so harsch vor, wenn überhaupt. Und alle gerichtlichen Angelegenheiten ruhen während des Marktfriedens, was bedeutet, dass auch solche Personen in der Stadt geduldet werden, denen der Zutritt ansonsten verwehrt wäre. Das ist aber nichts, was uns zu beunruhigen hätte, Adele. Ich verspreche dir, wir werden eine gute Zeit verleben. In der Tat dachte ich daran, gleich morgen früh nach der Frühmesse zum Florinshof zu gehen, um dabei zuzusehen, wie das Marktkreuz aufgestellt wird. Das dürfte ein interessantes Spektakel werden. Was meinst du, mein Lieber?» Sie blickte zu Johann, der daraufhin gleichmütig nickte.
«Keine Einwände meinerseits», erklärte er. «Wenn ihr euch derart früh auf die Beine machen möchtet, soll es mir recht sein.»
«Wir könnten den Vormittag auf dem Markt verbringen und am Nachmittag die Badestube von Meister Engbert aufsuchen.»
«Das klingt verlockend», befand Jutta. «Ich hoffe doch, die Badestube wird anständig geführt.»
Elisabeth lachte. «Ich versichere dir, sie hat den allerbesten Leumund. Und die Bademagd Susanna vermag bei verspannten Muskeln wahre Wunder zu bewirken.»
* * *
«Hat diese Bademagd vielleicht auch ein Mittelchen gegen sture Stiefmütter?», grollte Johann später am Abend, nachdem er und Elisabeth sich in ihre Schlafkammer zurückgezogen hatten.
Elisabeth hatte sich bereits unter die Decke gekuschelt und beobachtete mit großem Wohlgefallen, wie sich ihr Gemahl aus seinem Wams und der Hose schälte, bevor er sich zu ihr gesellte. Sie lachte leise. «Jutta ist erwachsen, mein Lieber. Wenn sie beschließt, wieder zu heiraten, geht uns das nichts an.»
«O doch, das tut es. Ich habe jahrelang mit angesehen, wie schlecht mein Vater sie behandelt hat. Sie hat immer gelächelt und es ertragen, ohne mit der Wimper zu zucken. Und nun will sie sich mit einem Kerl zusammentun, der sogar einen noch übleren Ruf hat als Vater. Wenn das überhaupt noch möglich ist. Das kann ich nicht zulassen.»
Elisabeth seufzte verständnisvoll. «Ich weiß, Johann, aber wenn sie es so will und auch er nicht abgeneigt ist …»
«Darüber ist das letzte Wort noch nicht gesprochen», knurrte Johann aufgebracht. «Übrigens sieht es aus, als müsse ich mich um einen neuen Verwalter für die Mantenburg umsehen. Jutta brachte mir einen Brief von Volker. Offenbar hat er vor, sich ebenfalls zu verheiraten und schon im November die Burg zu verlassen.»
Elisabeth richtete sich erstaunt auf. «Volker verlässt die Mantenburg? Hast du schon eine Vorstellung, wen du als neuen Verwalter einstellen könntest?»
«Nicht den leisesten Schimmer», gab Johann missmutig zu. «Keiner meiner Lehnsleute ist meiner Meinung nach für diesen Posten geeignet … oder abkömmlich. Die Burg samt Dorf bedarf einer ständigen Präsenz des Verwalters. Eine Weile kann Jutta die Geschäfte allein führen, aber über kurz oder lang brauche ich dort einen Mann. Und sollte Jutta tatsächlich wieder heiraten …»
«Ich weiß, was du meinst.» Elisabeth rückte ein wenig näher zu ihm und ergriff seine Hand. «Wir werden schon eine Lösung finden.» Sie lächelte. «Ich habe übrigens einen Boten zur Küneburg geschickt und hoffe, er hat Bruder Georg noch erreicht.»
«Wozu noch einen Boten?» Verblüfft sah Johann ihr ins Gesicht und runzelte beim Anblick ihres Lächelns argwöhnisch die Stirn. «Was heckst du nun
Weitere Kostenlose Bücher