Die Gewürzhändlerin
würde ihm schon deutlich zeigen, dass er damit bei ihr nicht weit kam. Martin Wied war in der Tat der letzte Mann auf der Welt, für den sie auch nur ansatzweise so etwas wie Zuneigung empfand – ganz zu schweigen davon, dass es gar nicht in Frage kam, einen unschicklichen Antrag, gleich von wem sie ihn erhielt, auch nur in Erwägung zu ziehen. Ihre Zukunft würde sie ganz sicher nicht aufs Spiel setzen – für niemanden.
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7. Kapitel
G ewiss wollte er dich nur aufziehen», raunte Elisabeth, nachdem sie Luzias Bericht über die Ereignisse des Vormittags gelauscht hatte. Die beiden jungen Frauen saßen einander in einem der zwölf großen Badezuber in Meister Engberts Badestube gegenüber. Der Duft von Rosenwasser hing in den Dampfschwaden, die von dem angenehm heißen Wasser aufstiegen. Zwischen ihnen befand sich eine an den Rändern des Zubers eingehängte Platte, auf der Schüsseln mit Brot, Schmalz und Braten sowie ein Krug mit Wein nebst zwei Bechern standen. Leises Stimmengewirr hing in der Luft; die Badestube war an diesem Nachmittag trotz des Jahrmarktes und seiner mannigfaltigen Attraktionen gut besucht. Nur zwei Zuber auf der Frauenseite standen leer, der Bereich der Männer war durch eine Bretterwand abgetrennt; hin und wieder ertönten auch von dort Gelächter und Gesprächsfetzen. Jutta und Adele teilten sich einen weiteren Zuber; wegen des Andrangs hatten sie jedoch einen Platz weiter hinten im Raum erhalten.
Elisabeth zupfte an ihrer mit kunstvollen Stickereien verzierten Leinenhaube herum und verdrehte dabei die Augen. «Ich wünschte, ich könnte dieses Ding ablegen! Auf dem nassen Haar fühlt es sich ganz scheußlich an. Aber das schickt sich natürlich nicht, ganz abgesehen davon, dass ich ja meinen Stand deutlich zeigen muss.» Sie lächelte etwas unwillig und wies unauffällig zu einigen der anderen Zuber, in denen sich weitere Frauen hohen Standes mit zum Teil sehr auffälligen Kopfbedeckungen rekelten. Seufzend wandte sich Elisabeth wieder ihrer Freundin zu. «Was sagte ich gerade? Ach ja, Herr Wied. Ich glaube nicht, dass er dir zu nahe treten wollte. Er scherzt gerne, das solltest du doch wissen.»
«Wie ein Scherz klangen seine Worte nicht gerade», antwortete Luzia wenig überzeugt.
«Dann fasse sie als Kompliment auf», erwiderte Elisabeth mit einem Zwinkern. «Sorgen musst du dir gewiss nicht machen. Martin Wied weiß, was sich gehört. Und das beinhaltet gewiss nicht, meiner Leibmagd auf so plumpe Weise nachzustellen.» Bei der Vorstellung musste sie leise lachen. «Glaub mir, das hat er ganz sicher nicht nötig. Und sollten ihn …» – sie räusperte sich – «andere Gelüste überkommen, so weiß ich doch aus eigener Anschauung, wo es ihn dann hinziehen dürfte.» Sie warf Luzia einen bedeutungsvollen Blick zu. Schon vor langer Zeit hatte sie der Freundin erzählt, dass sie den Kaufmann zum ersten Mal beim Verlassen eines Koblenzer Hurenhauses erblickt hatte. Sie wurde wieder ernst. «Ich finde es aber gar nicht so abwegig, dass er uns – oder vielmehr dir – die Kette überlassen hat. Das gibt uns die Gelegenheit herauszufinden, ob sie jetzt, da sie vollständig ist, vielleicht noch weitere Kräfte besitzt. Ich brenne geradezu darauf, mit Bruder Georg darüber zu sprechen! Hoffentlich kommt er bald.» Ihr Lächeln kehrte zurück. «Dabei fällt mir ein, dass ich dir noch gar nicht von Enneleyn erzählt habe.»
«Enneleyn?», fragte Luzia überrascht und versuchte sich zu erinnern, ob sie den Namen schon einmal gehört hatte. «Wer ist das?»
«Johanns Tochter.»
Luzia klappte die Kinnlade herab, doch sogleich fing sie sich wieder. «Seine Tochter?»
«Bastard-Tochter», korrigierte Elisabeth sich und erzählte kurz, was sie über das Mädchen und dessen Mutter wusste. «Ich habe beschlossen, Enneleyn bei uns aufzunehmen, zunächst einmal als Magd. Leider kann sie ihrem Stand nach keine Edelmagd werden, es sei denn, Johann würde sie offiziell anerkennen.»
«Warum tut er das nicht?»
Elisabeth hob die Schultern. «Alte Wunden. Aber ich bin fest entschlossen, ihn dazu zu überreden. Das Mädchen könnte mit einer vernünftigen Ausbildung und Erziehung später einmal gut verheiratet werden. Sie ist jetzt etwa neun Jahre alt, es bliebe also noch genügend Zeit, ihr den rechten Schliff zu geben.»
«Und Graf Johann hat dazu seine Zustimmung gegeben?» Die Skepsis war Luzias Stimme deutlich anzuhören. Schließlich kannte sie das Temperament ihres
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