Die Gewürzhändlerin
Herrn recht gut.
«Er wird sie aufnehmen», sagte Elisabeth in vergnügtem und deutlich siegessicherem Ton. «Alles Weitere wird sich mit der Zeit finden.»
«Aber …» Luzia runzelte die Stirn. «Habt Ihr keine Angst, er könnte, ähm …» Sie wurde rot.
«Was?» Elisabeth hob die Brauen, dann lachte sie über Luzias verlegene Miene. «Glaubst du, ihn könnte eine Sehnsucht nach Enneleyns Mutter überkommen? Das halte ich für mehr als unwahrscheinlich. Er hat mir viel über sie erzählt – nachdem ich ihn endlich einmal zum Reden gebracht hatte. Sie hat für eine Weile seine tote Frau ersetzt, jedoch mehr in körperlicher Hinsicht als dem Herzen nach. Für das Kind hat er immer zu sorgen gewusst, soweit sein Vater es ihm erlaubte. Du weißt ja, wie Notker von Manten in dieser Hinsicht war. Seine Bastarde lassen sich kaum zählen. Und er hat Johann immer an der kurzen Leine gehalten, wohl aus Angst, auch nur einen Fetzen des Erbes zu vergeuden. Ich weiß, dass Johann Aleidis gegenüber ein schlechtes Gewissen hat. Sie ist zwar mittlerweile mit einem Schankwirt aus Münstermaifeld verheiratet und erwartet, soweit mir bekannt ist, bereits dessen zweites Kind, aber ein Unrecht bleibt ein Unrecht, nicht wahr? Und indem wir Enneleyn bei uns aufnehmen, können wir wenigstens einen Teil davon wiedergutmachen.»
«Nicht viele Grundherren denken so», warf Luzia nachdenklich ein.
«Das sollten sie aber!», verkündete Elisabeth mit aufbrausender Stimme, riss sich dann aber rasch zusammen, um kein Aufsehen zu erregen. «Die Pflicht vor Gott und den Menschen gebietet es einem Ritter, für die Witwen, Waisen und Armen auf dieser Welt zu sorgen. Ist es nicht so? Und noch dringender wird diese Pflicht, wenn ein solches Menschenkind der eigenen Unvorsichtigkeit oder Gedankenlosigkeit entsprungen ist.» Mit einem leisen Schnauben lehnte sie sich im Zuber zurück, griff nach ihrem Weinbecher und nippte daran. Ihre Lippen verzogen sich missvergnügt. «Der Wein in diesem Hause war schon einmal besser.»
* * *
Als Martin in sein Haus zurückkehrte, wurde er bereits von Ulrich Thal und Heinrich Boos, einem weiteren Wein- und Spezereienhändler, in seiner Stube erwartet. Augusta hatte die beiden mit dem besten Wein aus Martins Vorräten bewirtet, schien aber sichtlich erleichtert, als ihr Sohn die Stube betrat. Martin konnte es ihr nachfühlen. Schon seinen größten Konkurrenten Thal im Hause zu wissen, war alarmierend. Dass aber auch dessen guter Freund Boos den Weg zum Kornmarkt gefunden hatte, glich einer offenen Kampfansage.
Die beiden Kaufleute hätten äußerlich nicht unterschiedlicher sein können. Ulrich Thal war sehr groß und beinahe als dürr zu bezeichnen. Sein ehemals blondes Haar war inzwischen fast vollkommen weiß, sein Kinnbart sauber gestutzt, die grauen Augen blickten kühl und fordernd. Heinrich Boos hingegen war von untersetzter Statur. Der deutliche Bauchansatz verriet, dass er sich an Speis und Trank allzu sehr erfreute. Das dunkle, von grauen Strähnen durchzogene Haar war auf seinem Haupt bereits dünn geworden und fast ganz zu einem Haarkranz zurückgewichen. Tränensäcke, buschige Brauen und vom Weinkonsum aufgequollene Wangen ließen seine blauen Augen etwas zu klein für seinen runden Schädel wirken.
Martin trat auf die beiden Männer zu. «Guten Tag, Herr Thal, Herr Boos. Ihr seht mich überrascht. Was führt Euch am ersten Tag des Jahrmarktes in mein Haus? Ich hätte vermutet, Ihr würdet, ähnlich wie ich, wenig Zeit für Besuche bei Freunden haben.»
«Dies ist auch kein Freundschaftsbesuch», antwortete Boos, schwieg dann aber auf Thals scharfen Blick hin.
Ulrich Thal räusperte sich und wartete, bis Martin sich ihm gegenüber an den Tisch gesetzt hatte. Augusta eilte hinaus, um Martin einen Becher zu holen. «Was der gute Heinrich sagen wollte, ist, dass wir zwar freundschaftlichen Sinnes hier sind, jedoch mit einem geschäftlichen Anliegen.»
«Und das wäre?» Martin ließ die beiden Männer nicht aus den Augen. Mit Boos hatte er bisher kaum etwas zu tun gehabt. Dass Thal ihn offenbar als Unterstützung seiner Pläne benötigte, ließ den Argwohn in Martin wachsen.
Thal kam sogleich auf den Punkt. «Es ist bekannt, dass Ihr in … nun, sagen wir, in finanzieller Bedrängnis steckt.»
«Das ist bekannt?» Martin hob lediglich eine Braue, verzog jedoch keine Miene.
«O ja, die Spatzen pfeifen es bereits von den Dächern.»
Martin lächelte schmal. «Ich frage mich, wer ihnen
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