Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Gewürzhändlerin

Die Gewürzhändlerin

Titel: Die Gewürzhändlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
Vom Netzwerk:
wirklich.» Martin ließ seinen Blick über Luzias Gesicht wandern und wünschte sich gleichzeitig, sie würde darauf nicht so erschrocken und abwehrend reagieren. «Seht es einmal so: Es ist ein gutes Geschäft. Ich habe Anton inzwischen kennengelernt und kann seine Fähigkeiten recht gut einschätzen. Er hat einen hellen Kopf und lernt schnell. Jeder neue Lehrjunge ist immer auch ein Risiko. Glaubt mir, ich habe etliche kennengelernt, als mein Vater noch lebte. Nur wenige eignen sich wirklich für dieses Gewerbe.» Er hielt inne. «Das Talent dürfte in Eurer Familie liegen, Luzia.»
    Sie senkte den Kopf. «Nur dass ich kein Mann bin und deshalb auch keine Lehrstelle bekäme, selbst wenn ich es wollte.»
    «Und Ihr würdet wollen?»
    Nun war es an ihr, die Arme zu verschränken. «Diese Frage ist wohl überflüssig, Herr Wied. Ich bin Frau Elisabeths Leibmagd.»
    «Ihr seid außerdem eine sehr begabte Kaufmannsgehilfin.» Er schwieg einen Moment, bevor er hinzusetzte: «Es gibt auch Frauen in diesem Gewerbe, Luzia.»
    Erbost hob sie den Kopf und funkelte ihn an. «Aber keine, deren Wiege in einem Bauernhaus stand.» Sie wandte sich ab. «Ich gehe jetzt. Habt Dank, Herr Wied. Ich werde für Anton alles vorbereiten und ihn am Tage nach dem Jahrmarkt zu Euch schicken.»
    Nachdem sie gegangen war, setzte sich Martin an sein Pult und fuhr sich ratlos durch seine wirren Locken, sodass sie nach allen Richtungen abstanden.
    «Wie konntest du das tun, Junge?»
    Überrascht sah er seine Mutter in der Tür stehen. «Was tun?»
    «Du weißt, was ich meine. Eine Lehrstelle birgt eine große Verpflichtung. Luzia hat keine Verwandten, keinen Rückhalt … Woher will sie das Lehrgeld nehmen?»
    Martin seufzte. «Wenn du schon gelauscht hast, dürftest du gehört haben, dass sie Geld gespart hat.»
    «Genug für eine fünf- oder sechsjährige Ausbildung? Selbst wenn Frau Elisabeth sie in Silber bezahlt, dürfte dir klar sein, dass das nicht möglich ist.» Augusta trat näher an sein Pult heran. «Was hat das zu bedeuten – ihre Wiege habe in einem Bauernhaus gestanden?»
    Martins Blick verfinsterte sich. «Das solltest du besser überhört haben, Mutter.»
    «Sollte ich? Nun gut.» Sie verzog keine Miene. «Dann habe ich es eben überhört. Aber glaub ja nicht, dass ich es vergessen werde, mein Sohn. Ich weiß nicht, was genau zwischen euch vorgeht und ob das Ganze wirklich etwas mit diesem Familienschwur zu tun hat. Ich mache mir Sorgen, Martin.»
    «Ich weiß, Mutter.» Er erhob sich und legte ihr einen Arm um die Schultern. «Aber dazu besteht kein Anlass.»
    «Ich fürchte, das tut es doch.»
    Im Stillen gab Martin seiner Mutter recht.
    * * *
    Es war bereits kurz vor Mitternacht, als Luzia sich in ihren Mantel wickelte und leise die Stufen ins Erdgeschoss hinabschlich. Das Holz knarrte leise unter ihren weichen Lederschuhen; sie betete, dass niemand davon aufwachte. Ihre kleine Öllampe trug sie bei sich, um zu verhindern, dass sie in der Dunkelheit ein Hindernis übersah. So vorsichtig wie möglich schob sie den Riegel der Hintertür zurück und schlüpfte nach draußen. Die Nacht war wolkenverhangen und eisig kalt. Rasch zog sie die Kapuze ihres Mantels über den Kopf und huschte hinüber zum Hoftor. Die Scharniere waren frisch geschmiert worden, als Johann das Anwesen gekauft hatte, deshalb ließ es sich beinahe geräuschlos öffnen. Vorsichtig lugte Luzia durch den Spalt hinaus auf die breite Gasse, die nach dem Graben benannt war, der die alte Stadtmauer einst umgeben hatte. Sie hörte leise Schritte näher kommen. «Roland?», flüsterte sie.
    «Hier, Luzia», antwortete er. Im nächsten Moment stand er vor ihr und lächelte sie an.
    Rasch zog sie ihn in den Hof und schloss das Tor wieder. «Ich hoffe, niemand hört oder sieht uns», raunte sie. «Lass uns in den Pferdestall gehen. Dort ist es etwas wärmer als hier draußen.»
    Gemeinsam betraten sie das steinerne Stallgebäude und wurden sogleich von relativer Wärme und dem Geruch nach Pferd und Heu empfangen. Johann von Manten hatte drei Pferde hier untergestellt. Damit zeigte er gegenüber der Stadt seinen hohen Rang. Eines davon war sein falber Hengst, den er bereits seit Jahren besaß. Daneben standen ein brauner Wallach und eine kleine schwarze Stute. Die Tiere schnaubten bei ihrem Eintreten, überrascht über den Besuch zu derart unüblicher Stunde.
    Weder Luzia noch Roland achtete darauf. Kaum war die Stalltür hinter ihnen zugefallen, zog Roland sie bereits

Weitere Kostenlose Bücher