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Die Gewürzhändlerin

Die Gewürzhändlerin

Titel: Die Gewürzhändlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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ein Handel, nichts weiter», widersprach Leyen. «Denkt darüber nach. Ich habe es nicht eilig, wisst Ihr. Aber Ihr solltet allmählich daran denken, eine Familie zu gründen und für Erben zu sorgen, nicht wahr? Außerdem würde es Euren Plänen nicht wenig entgegenkommen.»
    «Meine Pläne sind allein meine Angelegenheit», antwortete Martin kühl und stand auf. «Ich danke Euch für die Unterredung, Leyen. Ganz sicher werde ich mir Euren Vorschlag durch den Kopf gehen lassen.»
    «Natürlich werdet Ihr das.» Freundlich lächelnd führte der Tuchhändler seinen Gast zur Haustür. «Ich erwarte Eure Antwort bald. Wenn Ihr …»
    «Herr Wied! Herr! Ihr müsst rasch kommen!», erscholl in diesem Moment Albans aufgeregte Stimme auf der Straße. «Schnell, es ist ein Unglück geschehen!»
    «Was ist los?» Alarmiert lief Martin seinem Knecht entgegen, auch Leyen kam besorgt näher.
    Außer Atem machte Alban vor seinem Herrn halt. Sein keuchender Atem bildete weiße Wölkchen in der eisigen Luft. «Ein Unglück», wiederholte er erregt. «Euer Bruder ist auf dem Rückweg von Stolzenfels mit einem der Fuhrwerke vom Weg abgekommen.»
    «Lieber Gott, Konrad!», rief Martin entsetzt. Leyen neben ihm bekreuzigte sich. «Was ist ihm geschehen?»
    Noch immer rang Alban nach Atem. «Der Junge … Der Junge hat Hilfe geholt, obwohl er selbst verletzt wurde. Konrad wurde nach Lahnstein gebracht. Anton ist eben hier eingetroffen. Die beiden Wachmänner haben wohl ebenfalls schwere Verletzungen erlitten und mussten im Hospital in Lahnstein bleiben. Einer hat sich das Bein gebrochen, der andere wahrscheinlich beide Arme. Es ist einfach furchtbar.»
    Martin packte Alban unsanft an der Schulter. «Konrad, wie geht es ihm?»
    «Ich weiß es nicht genau», bekannte Alban. «Er war nicht bei Bewusstsein, als Anton von Lahnstein aus aufbrach.»
    «Warum hat er keinen Boten geschickt?» Martin lief los, ohne noch weiter auf den Tuchhändler zu achten, der ihm einen mitfühlenden Blick hinterhersandte.
    Alban folgte seinem Herrn auf dem Fuße. Schon wenig später hatten sie Martins Haus erreicht. Augusta erwartete ihn bereits. Sie war bleich vor Schreck, hielt sich aber tapfer aufrecht.
    «Gott sei gedankt!», rief sie und umarmte ihren Sohn. «Du musst sofort nach Lahnstein reiten! Ich muss wissen, wie es Konrad geht, ob er noch … O Heilige Muttergottes!»
    «Immer mit der Ruhe, Mutter», beschwichtigte Martin sie. «Wo ist Anton?»
    «Wir haben ihn in seine Kammer gebracht. Der arme Junge war vollkommen erschöpft. Und er hat eine üble Kopfwunde und ein verrenktes Knie. Ich fürchte, wie müssen Magister Christian, den Arzt, holen.»
    «Schick nach ihm», sagte Martin und war bereits auf dem Weg zu Anton.
    Der Junge lag vollkommen bekleidet auf seinem schmalen Spannbett. Jemand hatte eine Decke über ihm ausgebreitet. Als er Martin hereinkommen hörte, versuchte er sich aufzusetzen, verzog dabei jedoch schmerzlich das Gesicht. «Herr Wied! Es tut mir leid. Ich konnte nicht eher …»
    «Schsch, ruhig, Junge.» Entschieden drückte Martin ihn wieder zurück auf das Lager. «Beweg dich so wenig wie möglich, bevor wir nicht wissen, wie schlimm deine Verletzungen sind. Erzähl mir, was geschehen ist.»
    * * *
    «Sehr gut, Enneleyn. Schau, wenn du den Stickrahmen ein wenig seitlich hältst, geht es noch einfacher», erklärte Luzia und zeigte dem blonden Mädchen, was sie meinte. Sie mochte das Kind gern, erinnerte es sie doch an sie selbst in jenem Alter. Enneleyn war die uneheliche Tochter einer Schankmagd, Luzia die Tochter eines freien Bauern. Vom Stand her befanden sich beide in etwa auf der gleichen Stufe, doch ansonsten unterschieden sie sich stark. Enneleyn war sehr ruhig und zurückhaltend, beinahe schüchtern, und nicht übermäßig hübsch. Ihr ovales Gesicht konnte man eher als gewöhnlich bezeichnen; ihre Augen allerdings waren von einem anziehenden Graublau und nahmen alles wissbegierig in sich auf. In den knapp vier Monaten, seit Bruder Georg sie hergebracht hatte, war sie von Elisabeth streng, aber liebevoll in ihren Pflichten unterwiesen worden. Neue Kleider hatte sie erhalten und ebenso Lektionen in höfischem Benehmen, in Ausdrucksweise, Tischmanieren und – wie jetzt – in Handarbeit. Nähen konnte sie bereits ganz passabel, mit dem Sticken tat sie sich jedoch noch schwer.
    Kein Wunder, dachte Luzia. So feines, präzises Arbeiten war ein Mädchen wie Enneleyn nicht gewöhnt. Sie selbst hatte eine ganze Weile

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