Die Gildal Saga (Die Gildal Saga (Sammelband)) (German Edition)
Geschäfte und die Geschicke der Familie ihnen allen überlassen hatte, während er seinem Traum, einer Reise ins Heilige Land, folgte.
5
Gillian saß auf einem schmalen Holzschemel im Stall und sah Dexter dabei zu, wie er ein Pferd striegelte. Brutus schnüffelte überall herum und hatte anscheinend die Fährte einer Maus entdeckt, der er kreuz und quer durch den Pferdestall folgte.
„Du solltest nicht hier sein“, erklärte Dexter bereits zum dritten Mal und sah das Mädchen dabei stirnrunzelnd an.
Gillian antwortete, auch zum dritten Mal, dass es draußen zu kalt sei. „Brutus langweilt sich im Haus und draußen geht ein so eisiger Wind, dass mir die Kälte durch alle Knochen fährt.“
„Wir werden bald Schnee bekommen“, prophezeite Dexter. Ließ sich aber dennoch nicht davon abbringen, Gillian noch einmal zu sagen, sie solle ins Haus gehen.
„Jetzt komm schon, Gilly. Geh zurück ans Feuer. Wenn du meinst, Brutus brauche Abwechslung, kannst du ihn ja hier lassen, und ich bring ihn später rein.“
Ein netter Vorschlag, doch im Haus war es ausgesprochen langweilig, wenn Caleb nicht da war, und Brutus ihr auch keine Gesellschaft leistete.
„Was ist mit dir los, Dexter? Jedes Mal, wenn ich in den Stall komme, kannst du mich nicht schnell genug wieder loswerden. Was habe ich dir getan?“ Das klang beleidigt oder eher betroffen.
„Nichts, wirklich! Aber ich liebe mein Leben, so wie es gerade ist, ohne blaue Flecken oder gebrochene Knochen!“
„Aha?“
Verstand sie denn nicht, was er damit sagen wollte?
„Der Baron macht Hackfleisch aus mir, wenn er uns zusammen sieht“, erklärte Dexter die Lage etwas genauer. Aber immer noch nicht genau genug, damit Gillian sie verstand.
„Warum?“
Okay, er konnte ruhig noch ein bisschen deutlicher werden. „Eifersucht! Nur die Idee, du könntest dich für mich interessieren, bringt ihn fast um!“
Das klang sehr aufschlussreich. Sicher konnte Gillian zu diesem Thema von Dexter noch mehr erfahren. „Was ist denn so schlimm daran, dass ich mich für dich interessiere?“
„Abgesehen davon, dass ich nur ein einfacher Stallbursche bin und du ein Edelfräulein, höchstens die Tatsache, dass der Baron in dich verliebt ist!“
Gillian kicherte. „Oh, so ist das also. Ja, wenn ich so darüber nachdenke, bekommt Caleb auch immer so glasige Augen, wenn er mich ansieht. Aber ich dachte, das ist eine Sehschwäche“, zog sie die ganze Sache ins Lächerliche.
Besonders klug war Gillian Dexters Meinung nach nicht. Erkannte sie die einfachsten Symptome nicht, wenn jemand verliebt war?
„Hör mal, Gilly. Es bringt ihn fast um, mit dir Zeit zu verbringen, ohne sich offenbaren zu können!“
„Das verstehe ich nicht!“
Dexter gab es auf. Am liebsten hätte er gesagt, dass das genau der Grund war, warum sein Brotherr sich zurückhielt. Weil ihr nicht einmal auffiel, dass Caleb ein Mann war. Und solange sie ihn nicht als Mann sah, konnte sie wohl auch ein Gefühl wie Liebe nicht verstehen.
Aber mit dieser Einschätzung lag Dexter nicht ganz richtig. Denn als Gillian wenig später mit Brutus zurück ins Haus ging, beschäftigten das Mädchen ganz andere Sachen als schnell ins Warme zu kommen.
Sie hatte das mit den glasigen Augen nur aus Unsicherheit gesagt. Denn ihr fielen Calebs Blicke durchaus auf. Wenn er dachte, er sei unbeobachtet, dann konnte sie kurz so etwas wie Zärtlichkeit in seinen Augen sehen, bevor der unnahbare Schleier sich wieder darüber legte.
Und wenn sie ehrlich war, breitete sich dann immer ein ganz eigenartiges Gefühl in ihrem Magen aus, und sie bekam leichte Atemnot. Aber vielleicht waren das auch nur die ersten Anzeichen für eine Erkältung. Ja, ganz bestimmt sogar! Sicher brauchte sie nur ein warmes Getränk und mehr Schlaf, dann würde ihr Magen, oder was auch sonst, schon wieder in Ordnung kommen.
Sie könnte sich heute auch früher in ihre Kammer zurückziehen, aber hier in der Halle, vor dem Kamin war es viel gemütlicher. Und natürlich wollte sie nicht nur in der Wohnhalle bleiben, weil Caleb noch nicht nach Hause gekommen war. Es war nur viel angenehmer vor dem Feuer!
Calebs Herz zog sich zusammen, als er das schlafende Mädchen vor dem Kamin liegen sah. Brutus schlief an sie gekuschelt und ließ sich nicht von der Ankunft des Hausherren aus der Ruhe bringen. Selbst dann nicht, als der sich niederkniete und die Hand ganz sacht über Gillians Wange gleiten ließ.
Sie war erst wenige Wochen bei ihm, doch diese
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