Die Gildal Saga (Die Gildal Saga (Sammelband)) (German Edition)
diese Entgleisung lieber für Euch. Denn wenn Euer Bräutigam mich zu Brei schlägt, rastet Ravenwood womöglich aus. Sollte ich Gillian nicht bei der Geburt helfen können, gerät mein Schwager sicher vollkommen in Panik!“
Flora war so von Thads letzten Satz verwirrt, dass sie ganz vergaß, seine falsche Annahme, sie hätte einen Bräutigam, zu widersprechen.
„Ihr wollt Lady Gillian bei der Geburt helfen?“
Thad nickte.
„Aber Ihr seid ein Mann!“
„Ich bin ein Heiler!“, verteidigte sich Thad und sah nun endgültig alle seine Chancen schwinden.
Ein Heiler stand natürlich bei den Damen nicht an erster Stelle, wenn man Interesse für einen Mann zeigen wollte. Da landeten schon eher die Ritter, die nicht nur viele Muskeln hatten, sondern auch viele Turniersiege aufweisen konnten, auf den vordersten Plätzen. Pech für ihn! Manches Mal sollte man seine Talente nicht so weit in die Welt hinausposaunen.
„Ich bin auch ein ausgebildeter Ritter“, versuchte er die Situation ziemlich lahm zu retten.
Flora sah ihn entgeistert an. „Versucht Ihr gerade Euch zu rechtfertigen?“, wunderte sie sich.
„Nun, ich...“
Thad fühlte sich unbehaglich. Er versuchte sich zu rechtfertigen! Ja! Er wollte einen guten Eindruck hinterlassen. Er wollte... Er wusste gar nicht, was er wollte. Und das war absolut untypisch für ihn. Er hatte eigentlich immer jede Situation im Griff. Was einfach daher rührte, dass man bei der Versorgung eines Schwerverletzten nicht zögern durfte.
Tu es jetzt, oder tu es gar nicht, lautete sein Motto.
Nur schien das in dieser Situation nicht zu funktionieren. Die nähere Bekanntschaft einer Maid zu machen, unterlag dann wohl anderen Regeln.
Flora war einigermaßen verwirrt. War das etwa eine verquere Art, bei ihr Eindruck zu schinden? Wenn ja, dann hatte sie das wohl nicht verstanden. Und da sie sich nicht sicher war, und sich kaum eine ähnliche Gelegenheit bot, wollte sie diese Möglichkeit nicht durch ein Missverständnis vorüberziehen lassen.
„Was versucht Ihr mir zu sagen, Sir?“
Die Frage klang resolut, auch wenn das Mädchen ihn eher ängstlich anblickte. Oder sollte er sagen hoffnungsvoll? Hoffnungsvoll? Sah sie ihn wirklich so an oder entsprang diese Vorstellung nur seinem Wunschdenken?
Wie auch immer. Wenn er die Gelegenheit jetzt nicht beim Schopfe packte, würde er in kürzester Zeit seine Individualität einbüßen. Nämlich dann, wenn Thomas und Theo auf der Bildfläche erschienen. Und so sehr er seine Brüder auch schätzte, wollte er wenigstens ein Mal eine Gelegenheit nutzen, ein Mädchen ohne ihre Gesellschaft kennenzulernen.
„Würdet Ihr mit mir in die Gärten gehen?“, ging Thad aufs Ganze.
Das Angebot war verlockend, auch wenn Flora noch zögerte. Thad sah es als gutes Zeichen, dass sie ihn nicht gleich abgewiesen hatte.
„Bitte, nur ein kleiner Spaziergang!“
Sein Drängen war zu verführerisch. Ein gut aussehender Ritter wollte sie auf einen harmlosen Spaziergang ausführen. Konnte sie dem zustimmen? Wollte sie dem zustimmen? Ganz eindeutig wollte sie das, doch sie traute sich nicht. Sie wollte es wirklich, nur einmal etwas Verrücktes tun!
Thad verstand ihr Zögern falsch.
„Ich verstehe schon, Euer Bräutigam... Wie solltet Ihr auch einen Heiler einem Ritter vorziehen!“
„Ich habe keinen Bräutigam“, beeilte sich Flora, ganz gegen ihr Zutun, zu sagen. „Und wenn Ihr wirklich ein Heiler seid, dann könnt Ihr etwas, was ich nicht kann: Blut sehen!“
Thad sah das Mädchen verblüfft an. War das jetzt eine Zustimmung? Er hoffte es, aber er hatte keine Zeit mehr, dem weiter nachzugehen. Denn er hörte bereits Stimmen die sich dem Wohntrakt näherten. Und eine dieser Stimmen gehörte eindeutig Theo.
Einen seiner Drillingsbrüder konnte er jetzt auf keinem Fall begegnen! Darum tat er etwas, was eigentlich gegen jede Regel von Höflichkeit verstieß. Er packte die junge Lady bei der Hand und zog sie mit sich fort. Entgegen der sich nähernden Stimmen, hinaus in die Gärten der Festung. Dass er dazu kaum Kraft aufwenden musste, fiel ihm dabei gar nicht auf.
2
Gott, war Thomas froh, aus Luthers Nähe zu kommen! Sein ältester Bruder konnte einen verrückt machen mit seinen nie enden wollenden Bedenken. Ihm jedenfalls war es vollkommen egal, ob Thad Hebamme spielte oder nicht. Er war sowieso der Meinung, dass man ein Problem am besten von dem lösen ließ, der sich damit auskannte. Und Thad kannte sich nun mal aus. Also warum
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