Die Gildal Saga (Die Gildal Saga (Sammelband)) (German Edition)
„Du wirst schon die normale Zeit abwarten müssen, die die Natur dafür vorgesehen hat, mein Freund!“
Das gefiel dem werdenden Vater gar nicht.
„Ich dachte, du bist ein Heiler, Thad. Dann kannst du gefälligst auch etwas unternehmen! Mach, dass es schneller vorbei ist!“
Gillian verdrehte die Augen und sah ihren Bruder hilfesuchend an. Was sollte sie mit ihrem Ehegatten in diesem Zustand nur anfangen?
„Du kannst ja mit Gillian ein bisschen im Gang spazieren gehen“, schlug Thad vor.
„Du willst, dass ich jetzt mit ihr spazieren gehe?“, war Ravenwood nahe daran, diese Idee mit einem gezielten Schlag aus Thads Gehirn zu pusten. „Vielleicht ist es dir ja noch nicht aufgefallen, aber Gillian bekommt gerade mein Kind!“
„Nicht gleich“, widersprach Thad. „Wenn sie ein bisschen geht, erleichtert ihr das die Sache und es dauert auch nicht so lange.“
Das war ein Argument, das bei seinem Schwager auf offene Ohren stieß. Plötzlich konnte er nicht schnell genug nach draußen auf den Gang kommen, um diesen Vorschlag umzusetzen. Thad war das nur Recht. So konnte er Ravenwood wenigstens für eine Zeit lang beschäftigen und es war ihm möglich, noch ein paar Worte mit Lady Flo zu wechseln.
Um Ravenwood und Gillian hinauszulassen, trat Thad in die Kammer und machte so den Türrahmen frei. Theo, der sowieso ein Stückchen hinter ihm gestanden hatte und bei der Geburt nicht wirklich helfen musste, lehnte sich dagegen draußen an eine Wand.
So konnte er weder von Lady Flo noch von Thad gesehen werden, aber er hörte alles, was die beiden miteinander sprachen. Und das war auch besser so, denn nicht nur zu hören, sondern auch noch zu sehen, wie Thad mit dem Mädchen umging, das ihm gehören sollte, setzte ihm ganz gehörig zu.
„Ihr solltet nicht hier sein“, hörte Theo Thads Stimme, sanft und einfühlsam sprechen.
Seine eigenen Worte waren bisher nur grob und unfreundlich gewesen.
„Sollte ich nicht?“, entgegnete die Maid.
Bei Theo im Gang zogen sich sämtliche Eingeweide zusammen. Die Stimme, die er hörte, klang sanft und freundlich. Würde er es mögen, wenn sie so mit ihm sprechen würde?
„Das solltet Ihr ganz bestimmt nicht, Lady Flo“, hörte Theo den liebevollen Ton in der Stimme seines Bruders. Ihm wurde speiübel!
„Ihr könnt doch kein Blut sehen“, wusste Thad etwas, was er nicht wusste. „Und ich denke, dass eine unverheiratete Lady bei einem solchen Ereignis nicht unbedingt dabei sein sollte!“
Theo riskierte einen kurzen Blick und sah, wie Thad nach der Hand des Mädchens griff und die nächsten Worte seines Bruders ließen ihn seine Fäuste ballen.
„Ich möchte doch nicht, dass Ihr vor Schock beschließt, niemals zu heiraten!“
Ließ sie sich von so viel Anteilnahme einwickeln? Doch bestimmt nicht, dazu war Lady Flo doch viel zu forsch. Gleich würde sie ihm eine Abfuhr erteilen, da war sich Theo ziemlich sicher. Doch ein erneuter Blick in die Kammer sagte ihm ganz etwas anderes.
Die Lady mochte ganz offensichtlich Thads übertriebene Fürsorge. Was für Theo ganz und gar unverständlich war. Sie sah erleichtert aus und... dankbar. Das durfte doch nicht wahr sein! Was hatte Thad mit der feurigen Flo angestellt?
Am liebsten hätte Theo sofort eine Aussprache herbeigeführt, doch Luthers Ankunft im Gang erinnerte ihn daran, dass erst noch ein anderes Ereignis anstand. Sein lautstarker Protest über die Behandlung einer werdenden Mutter, die man nicht in ein Bett steckte, lenkte ihn ab. Und da Ravenwood sich um Gillian kümmern musste, war es jetzt an ihm, Luther die Lage begreiflich zu machen.
Ein schwieriges Unterfangen, da Luther sich nicht davon abhalten ließ, Gillian und Ravenwood auf ihrem Marsch den Gang auf und ab zu folgen. Während Theo von diesem Schauspiel abgelenkt war, verließ Lady Flo die Kammer des Burgherren, ohne dass Theo die Gelegenheit gehabt hätte ihr zu folgen.
Thad versuchte derweilen seinem ältesten Bruder klarzumachen, dass er ihn hier nicht haben wollte, da er alle nur nervös machte. Und das wollte der erst einmal nicht einsehen. Erst als Lady Beata mit einer Frau auftauchte, die versicherte, Hebamme zu sein, war er beruhigt.
Jetzt fiel die Aufgabe an Theo und Thomas, Luther in einem der Wohnräume zu beruhigen, damit er nicht alle Augenblicke vor der Kammer auftauchte und nachfragte, wie es stand. Und das ging am besten, indem sie ihn einfach schön langsam mit Alkohol abfüllten. Schließlich tat der Alkohol seinen Dienst und
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