Die Gilde von Shandar: Die Spionin
in einem Krug zu fangen, Danar – Ihr werdet nicht weit kommen.«
Der junge Lord riss sich vom Anblick Lady Alyssas los und sah seinen feixenden Freund an. Seine schalkhaften hübschen Züge wurden von einem amüsierten Lächeln erhellt und er fuhr sich unbewusst mit den Fingern durch das rabenschwarze Haar. Mit einem Grinsen, das die jungenhaften Grübchen in seinen Wangen betonte und seine hellen blauen Augen aufblitzen ließ, begann Danar zu kichern.
»Das ist ein Fehdehandschuh, den ich nicht liegen lassen kann. Zehn Goldsen, dass sie innerhalb einer Woche an meiner Seite geht«, verkündete er.
»Angenommen«, akzeptierte Sharyll, ohne zu zögern. »Ich kann das Gewicht des Goldes schon spüren. Ihr werft Euer Geld zum Fenster hinaus, mein Freund. Bei Lady Alyssa wird der alte Danar-Charme keine Wunder bewirken. Sie wird Euch augenblicklich durchschauen. Eure Niederlage ist vorbestimmt, Danar, und wenn Ihr zahlen müsst, werden wir Euch auslachen, und Ihr müsst uns ein Fässchen Bier spendieren.«
Die anderen jungen Kavaliere kicherten, aber Danar ignorierte sie und suchte stattdessen in der Menge wieder nach Alyssa. In seinem Kopf schwirrten schon die Ideen, wie er sie ansprechen könnte.
In der Großen Halle des kaiserlichen Palastes war die gesamte gute Gesellschaft von Shandrim versammelt. Jeder, der etwas darstellte, mischte sich unter die Menge zwischen den hohen Säulen der Halle, doch anstatt zivilisiert und locker, bargen die summenden Gespräche eine möglicherweise explosive Mischung von Gefühlen. Zorn und Wut wechselten sich ab mit Aufregung und Jubel. Die Gesichtsausdrücke reichten von nüchtern bis ausgesprochen ekstatisch, von eifriger Vorfreude bis zu düsterem Stirnrunzeln. Femke war froh, dass Surabar sich für starke militärische Präsenz entschieden hatte. Ihre Sinne schrien ihr geradezu Warnungen zu, dass dieses Ereignis sich zu einer Katastrophe auswachsen konnte.
Mit ernstem Gesicht schwebte Femke durch die Menge und zog überall die Blicke auf sich. So wie sie aussah, war es leicht, die Lady zu spielen. Schweigend segnete sie Rikala. Mit angedeuteten Knicksen vor den höherrangigen Lords und leichtem Kopfnicken zu den niederen hin durchschritt sie die Länge der Großen Halle und machte dabei verschiedene Gruppen aus, die aussahen, als könnten sie für Ärger sorgen. Mehrere sahen der bevorstehenden Krönung feindlich entgegen, aber ihr Wissen um diese Menschen gab ihr die Zuversicht, dass sie nichts Dummes unternehmen würden. Innerhalb des Adels kursierte zwar genügend Gift und Galle, um tausend Anschläge auszulösen, dennoch begann Femke, sich zu entspannen.
»Vielleicht kann ich die Angelegenheit ja doch noch genießen«, murmelte sie.
Am meisten Sorge bereiteten Femke die Edelmänner der alten Schule, die der Meinung waren, dass eine edle Gesinnung angeboren war. Niemals würden sie einen Kaiser akzeptieren, der aus den militärischen Rängen stammte – nicht einmal wenn er General war. Surabar hatte keinen edlen Stammbaum und kein »Haus«, das seinen Anspruch auf den Mantel des Kaisers unterstützte. Die alte Schule interessierte es nicht, ob er fähig war zu herrschen. Für sie war er ein Hochstapler, und sie würden wahrscheinlich nicht eher Ruhe geben, bis statt seiner einer von wirklich edlem Blut den Titel innehatte.
Trotz dieser lokalen Schwelbrände von Unmut hatte Femke dennoch nicht das Gefühl, als würde in der Halle irgendetwas passieren. Die Ankündigung der Krönung war zu plötzlich und überraschend gekommen, als dass irgendjemand etwas hätte aushecken können. Surabars Plan, den Adel aus dem Gleichgewicht zu bringen, funktionierte gut.
Als Femke sah, wie Lord Danar durch die Menge auf sie zusteuerte, stöhnte sie innerlich auf. Es gab keine Fluchtmöglichkeit und er eilte so zielstrebig auf sie zu wie eine Motte aufs Licht. »Muss er sich denn ausgerechnet mich aussuchen!«, fluchte sie leise. Hier konnte sie sich nicht rasch entschuldigen und schnell verschwinden. Femke würde seine unvermeidlichen Avancen höflich und so diplomatisch wie möglich parieren müssen. Danar war ein notorischer Frauenheld. Außerdem war er der älteste Sohn von Lord Tremarle, einem der mächtigsten Adligen von Shandrim. Trotz eines geradezu krankhaften Verlangens, ihm einen Tritt zwischen die Beine zu verpassen, machte sie daher einen höflichen Knicks und begegnete seinen blitzenden blauen Augen mit dem Respekt, der seinem Rang gebührte. Sein schwungvoller
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