Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Gilde von Shandar: Die Spionin

Die Gilde von Shandar: Die Spionin

Titel: Die Gilde von Shandar: Die Spionin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Robson
Vom Netzwerk:
sie mit zwei Leichen fertig werden. Wenn man sie irgendwo in der Nähe fand, würde es aussehen, als hätte man sie auf frischer Tat ertappt. Einen Augenblick lang verharrte sie vor Schreck bewegungslos und versuchte, diese letzte Wendung der Dinge zu begreifen. Irgendwo war irgendjemand darauf aus, ihr Schwierigkeiten zu machen, aber Femke hatte nicht die leiseste Ahnung, wer oder warum.
    Es hatte den Anschein, als richteten sich diese Ereignisse gegen sie persönlich, doch ihr fiel niemand ein, mit dem sie es sich in der kurzen Zeit, die sie sich in Thrandor aufhielt, so gründlich verdorben hatte, dass er sich auf diese Weise an ihr rächen wollte. Versuchte da jemand, die diplomatische Mission, die sie begonnen hatte, zu stören, oder benutzte sie nur jemand als willkommenen Sündenbock für Verbrechen, die bereits vor ihrer Ankunft geplant waren? Sollte sich Letzteres bewahrheiten, dann hatte Femke unglaubliches Pech gehabt, sich ausgerechnet Graf Drebans Haus als Versteck auszusuchen.
    »Das ist kein Zufall«, sagte sie sich leise. »Dreban war zur falschen Zeit am falschen Platz. Der Mörder muss mir vom Palast aus gefolgt sein oder mich irgendwann während meiner Flucht abgefangen haben.« Als sie sich über die Palastmauer hatte fallen lassen, war sie ziemlich verzweifelt gewesen. Es hätte sie nicht sonderlich überrascht, wenn sie nicht bemerkt hätte, wie ihr jemand folgte.
    »Komm schon, Femke! Reiß dich zusammen!«, murmelte sie, holte tief Luft und zwang sich zu handeln.
    Vorsichtig stieg sie über die Leiche des Grafen in die Küche, wo sie erfreulicherweise ihre Tasche und ihre Kleider fand. Der Rucksack war offen. Jemand hatte ihn durchsucht. Doch als sie ihn rasch ausleerte, stellte sich heraus, dass außer dem Messer, mit dem der Graf getötet worden war, nichts fehlte. Zu ihrer Überraschung war selbst das Geld noch da.
    Jetzt war Schnelligkeit vonnöten. Rasch zog sie die dunklen Sachen aus ihrem Rucksack an und packte das Kleid, das sie bei ihrer Flucht aus dem Palast getragen hatte, zusammen mit ihren restlichen Habseligkeiten ein.
    Femke war nicht zimperlich, aber das Messer aus dem Körper des toten Grafen zu ziehen, war keine angenehme Aufgabe. Als sie die Klinge aus seiner Kehle zog, bemerkte sie, wie sauber und kraftvoll das Messer getroffen hatte. Wer es geworfen hatte, wusste, was er tat, dachte sie grimmig. Nicht viele konnten ein Messer so kräftig und genau werfen – eine Tatsache, die den Kreis der Verdächtigen einengen würde.
    Es war zwar verlockend, im Haus des Grafen herumzuschleichen und weitere Hinweise auf die Identität des Mörders zu finden, doch Femke wusste, dass sie damit möglicherweise weitere Schwierigkeiten heraufbeschwor. Selbst bei Tageslicht würde sie wahrscheinlich kaum etwas finden, Licht anzuzünden wäre äußerst unvorsichtig. Nein, es war Zeit zu gehen. Wenn sie erst sicher in einem ruhigen Gasthaus in der Unterstadt untergebracht war, war noch genug Zeit, das Rätsel zu lösen.
    Durch eine Seitentür verließ Femke das Haus und hörte gerade noch, wie sich die Schritte von vielen Stiefeln der Vorderseite des Hauses näherten. Schwere Schläge einer Faust gegen die Tür hallten laut in der stillen Nacht wider. Ihre Entscheidung, das Haus nicht zu durchsuchen, war wohl die beste des ganzen Tages gewesen. Still wie ein Schatten schloss die Spionin die Tür hinter sich und glitt hinten ums Haus, um einen anderen Weg aus dem Garten zu nehmen. Glücklicherweise lag er in tiefen Schatten, die ihr Deckung geben konnten. Ihr ganzer Körper war extrem steif und ihr tat alles weh. Außerdem fiel ihr ein, dass sie vor Schreck über die Entdeckung des Grafen vergessen hatte, sich das Blut ihrer früheren Abenteuer aus dem Gesicht zu waschen.
    Als erfahrene Spionin wusste Femke, dass es schön und gut war, Fehler der besonders anstrengenden Situation zuzuschreiben, aber es änderte nichts daran, dass sie fatale Fehler beging. Bislang hatte sie es geschafft, diese durch versteckte Talente, verzweifelte Taktiken und viel Glück wieder wettmachen zu können. Aber so konnte es nicht weitergehen, wenn sie das Rätsel lösen und die sich möglicherweise daraus ergebende diplomatische Katastrophe verhindern wollte.
    So viel zu Surabars Vertrauen, dachte sie grimmig. Er hätte einen richtigen Diplomaten schicken sollen. Ich habe doch nur Unheil angerichtet. Warum musste ich auch weglaufen? Wäre ich im Palast geblieben und hätte getan, was jeder vernünftige Diplomat getan

Weitere Kostenlose Bücher