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Die Gilden von Morenia 01 - Die Lehrjahre der Glasmalerin

Titel: Die Gilden von Morenia 01 - Die Lehrjahre der Glasmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mindy L. Klasky
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könnte sie die Mauer mit Hilfe der knorrigen Bäume bewältigen und die verlassene Gasse hinablaufen. Als sich Rani nun an den Backsteinofen presste, schien die Obstplantage unglaublich fern – sie müsste den gesamten Brennhof und Cooks Gemüsegarten durchqueren. Da sie auf das Scharren von Steinen vom Gildehaus lauschte, ein Geräusch wie das Aufeinanderknirschen von Knochen, hatte Rani zu viel Angst, um sich zu regen.
    Die Angst hielt an, bis ihr der Hauptmann der Wache die Entscheidung abnahm. »Du! Ja, du, du nutzloser Sack Knochen!« Ranis Herz krampfte sich in ihrer Brust zusammen. »Beweg deinen elenden Hintern hier herüber und hilf diesen Gefangenen! Die Öfen werden als Nächstes niedergerissen – jeder einzelne Stein!« Erst da erkannte Rani, dass der Hauptmann mit jemand anderem sprach, jemand, der sich gefährlich nahe an ihrem Versteck aufhielt.
    Ein Soldat tauchte aus der Dunkelheit auf, murmelte etwas und legte eine Hand an das Heft seines Breitschwerts. Einen grässlichen Fluch ausstoßend, trat der Mann die Ofentür auf und murrte wegen dem Sand und der Hitze. Er hatte auf der anderen Seite ihres Ofens in den Schatten herumgelungert. Rani war der Entdeckung nur um Minuten entronnen. Aber er konnte jeden Moment in die Düsterkeit zwischen den Öfen blicken und das weiße Schimmern ihrer Augen inmitten der Düsternis erkennen. Wenn sie auf ein Entkommen hoffte, war jetzt der richtige Zeitpunkt.
    Sie atmete tief ein, umklammerte ihre Tunika und sprang geduckt aus dem Schatten ihres Ofens zum nächsten. Kein Soldat schrie zornig auf. Kein Alarm unterbrach die stetige Arbeit der Glasmalen Ihr erfolgreicher Sprung verlieh ihr Zuversicht, und sie lief geduckt zum nächsten Ofen, und zum nächsten, bis sie am Ende der Reihe angelangt war.
    Von dort gelangte sie rasch in Cooks Garten. Glücklicherweise war Rani bei der Erfüllung ihrer Aufgaben pflichtvergessen gewesen. Sie hatte den Garten noch nicht vom Herbstunrat gesäubert. Ein Gewirr von Ranken drängte sich an den Rändern, und hoch aufragende Stiele schwankten hin und her. Rani kroch durch ein Gewirr von Melonenranken, bis sie das Getreide erreichte, und konnte dann fast aufrecht die schmalen Reihen Korn entlanglaufen. Sie verdrängte den Gedanken daran, wie oft: Cook sie in den Garten beordert hatte und wie häufig sie selbst sich über die ewigen Gemüseplatten ohne jegliches Fleisch für einen jungen, hungrigen Lehrling beklagt hatte. Nun war sie dankbar, dass sie in der frischen Sommererde gekniet, Unkraut gezupft und dem Garten widerstandsfähiges Leben abgerungen hatte.
    Sie wünschte nur, sie hätte die Reichtümer des Gartens nicht so eifrig für die Küche des Gildehauses geerntet. Eine Melone – war das zu viel verlangt?
    Gaid, der Gott der Gärten, musste ihre gereizte Bitte erhört haben, denn sie stolperte, noch während sie dies dachte, und ihre Hand traf auf fedriges Grün auf. Als Rani daran zog, wurde sie mit einem Büschel dicker Karotten belohnt. Sie widerstand dem Drang, sofort auf einer der orangefarbenen Wurzeln zu kauen. Stattdessen schob sie die Wurzeln tief in ihre Tunikatasche. Sie suchte nach weiteren Gaben, erkannte aber, dass Gaids Großzügigkeit Grenzen hatte.
    Rani schlich sich zum von Steinen gesäumten Rand des Gartens, bereit, am Brunnen vorbeizuhasten und wie ein mitternächtlicher Schatten mit der Obstplantage zu verschmelzen. Sie hätte beinahe enttäuscht aufgeschrien, als sie entdeckte, dass Soldaten ihren Weg blockierten. Ein weiterer von Shanoranvillis eisenbewehrten Hauptleuten schritt um die Ecke des Gartens herum und brüllte eine Gruppe Glasmaler an, als wären sie seine persönlichen Sklaven. »Ihr elenden Kreaturen! Denkt ihr, ich weiß nicht, was ihr tut? Ihr glaubt, ich sähe nicht, wie jeder einzelne von euch intrigiert und plant und darauf wartet, erneut morden zu können!«
    Ein Knall erklang näher, als Rani erwartet hatte, und sie kauerte sich tiefer hinter den Schirm aus getrockneten Ranken, während der Soldat seine lange Peitsche ausrollte. »Du, Ziegengesicht!« Rani folgte der Geste des Hauptmanns mit dem Blick in die Nacht und erkannte bestürzt, dass der Soldat Cook schalt – und dass die alte Frau nur knapp einen Meter von ihr entfernt war. »Leg dich bei dieser Arbeit ins Zeug, sonst werde ich dich so auspeitschen, dass du wünschtest, deine Mutter hätte nie die Beine breit gemacht.«
    Rani wappnete sich gegen den Zornausbruch, der gewiss folgen würde. Cook gestattete niemals

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