Die Gilden von Morenia 02 - Die Gesellenjahre der Glasmalerin

sie.«
    »Eine gute Sonne würde dabei helfen, die Welt wieder ein wenig in Ordnung zu bringen.«
    »Ordnung bedeutet für sie, den Schwänen zu folgen. So war es schon immer. Sin Hazar trägt eine Schwanentätowierung, und er hat das Kleine Heer in dieses Lager befohlen, und so handelt sie diesem Befehl gemäß.«
    »Aber die Mädchen, Crestman. Wir sind doch gewiss kein Teil dieses meisterhaften militärischen Plans.«
    »Natürlich seid ihr das. Oh, vielleicht du und Mair nicht. Ihr seid in größere Spiele eingebunden. Aber der König verfolgt mit dem Kleinen Heer eine Absicht, und auch mit den Mädchen, die uns dienen.«
    »Uns? Dann habt Ihr Euren Fluchtversuch vergessen?«
    »Ich habe Dinge vergessen, die zu gefährlich sind, um sich daran zu erinnern.«
    »Sin Hazar hat ein Heer erwachsener Männer. Wozu braucht er Kinder?«
    »Das Kleine Heer besitzt Fähigkeiten, die jene dicken, alten Männer vergessen haben. Du hast gesehen, wie wir das Schwanenschloss eingenommen haben. Warte nur, bis du das nächste Gerät siehst, das Davin gebaut hat.«
    »Das Fluggerät?«
    »Ich darf nicht mehr sagen.«
    »Crestman! Mair hat bereits davon gehört – von einigen von den Jungen.«
    Crestmans Stimme verhärtete sich, und er wandte den Blick ab, über Ranis Kopf hinweg. »Ich bin ein Hauptmann im Kleinen Heer. Ich habe Treueverpflichtungen.«
    »Treueverpflichtungen? Wie zu dem Zeitpunkt, als Ihr zu Shea geflohen seid? Wie zu dem Zeitpunkt, als Ihr Davins Jungen belogen habt?« Rani gelang es, leise zu sprechen, aber ihre Worte bebten vor Bitterkeit.
    »Du weißt nicht, was du sagst!«, beschwerte sich Crestman. »Ich habe dir diese Dinge erzählt, weil ich dachte, dass ich dir vertrauen könnte.«
    »Ihr könnt mir vertrauen, Crestman! Ihr könnt darauf vertrauen, dass ich Euch helfe, dass ich uns helfen werde, aus diesem Lager zu entkommen. Wenn wir es nach Morenia schaffen, werdet Ihr das Kleine Heer nie wieder fürchten müssen!«
    »Ich fürchte kein Heer, Ranita Glasmalerin.«
    »Nennt mich nicht so.«
    »So hat König Sin Hazar dich genannt, oder? Das ist dein Name.«
    »Nein, Löwenjunge.« Er zuckte bei der Benennung zusammen, und sie unterdrückte ein grausames, siegreiches Lächeln. »Das ist nicht mein Name. Ich bin Rani Händlerin. Ich bin Rani Händlerin, bis ich die Schwüre halte, die ich geleistet habe, bis ich die Glasmalergilde wieder aufbaue.«
    »Dann wirst du lange Zeit Rani Händlerin sein. Es besteht keine große Chance, dass du irgendeine Gilde wieder aufbaust, während du dich auf einem Schiff nach Liantine befindest.« Seine Worte besaßen große Schärfe, und sie erkannte, wie tief sie ihn verletzt hatte, indem sie seine Kaste benannt hatte. Bevor sie sich jedoch entschuldigen konnte, bevor sie die Dinge richtigstellen konnte, tauchte Mair auf.
    »Wir werden bei den Toren verlangt, Rai.«
    »Wir?« Rani stellte sich einen kurzen Augenblick vor, dass sie freigelassen werden sollten, dass sie nach Morenia zurückkehren würden, zu Hal.
    Mair zerstörte diese Hoffnung, indem sie in den Schlamm spie. »Ja. Eine neue Gruppe trifft ein. Anscheinend alles Mädchen. Wir sollen ihnen helfen, sich zurechtzufinden, bevor das Kleine Heer ins Spiel kommt.«
    Crestman regte sich unbehaglich, aber er widersprach Mair nicht. Rani seufzte, während sie Mair zu den Toren folgte.
    Das gesamte Lager hatte sich zu dieser Zerstreuung versammelt. Sin Hazars Wächter waren besonders nervös, blickten auf die Ebene hinaus und dann ins Innere der Einzäunung auf die umherstreifende Jugend. Mehr als ein Mann hatte seinen Bogen auf die Kinder gerichtet, und Rani konnte die Anspannung einatmen wie den Gestank der Latrinen. »Mair«, flüsterte sie unbehaglich, aber Crestman handelte bereits.
    »In Ordnung, Männer!«, rief er, und die Jungen im Kleinen Heer wandten sich sofort seiner festen Stimme zu. »In Formation! Wir werden unsere neuesten Rekruten wie Soldaten begrüßen. Wir werden ihnen zeigen, woraus wir gemacht sind!«
    »Aber, Crestman«, beklagte sich ein schlaksiger Leutnant, »es sind nur Mädchen! Es ist kein Soldat dabei.«
    »Die Zeiten haben sich geändert, Mann«, antwortete Crestman gleichmütig. »Die Mädchen sind Teil des Kleinen Heers, und wir werden sie mit dem Respekt behandeln, den sie verdienen.«
    »Das bedeutet eine Menge«, höhnte der Leutnant.
    »Was war das?«, fauchte Crestman.
    »Nichts«, antwortete der Junge und nickte seinen Soldaten widerwillig zu, die eine unregelmäßige Reihe