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Die Gilden von Morenia 02 - Die Gesellenjahre der Glasmalerin

Die Gilden von Morenia 02 - Die Gesellenjahre der Glasmalerin

Titel: Die Gilden von Morenia 02 - Die Gesellenjahre der Glasmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mindy L. Klasky
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bildeten. Crestman ließ den Verstoß ungeahndet und wandte sich dem Tor zu.
    Rani trat mit Mair heran und schluckte schwer, als sie spürte, wie sich die Bogen der Wächter auf sie richteten. Sie nahm die Hände langsam unter ihrem geflickten Umhang hervor, zeigte ihre mit Lumpen umwickelten Finger, als wollte sie die Soldaten davon überzeugen, dass sie freundlich gesinnt war. Die Soldaten öffneten das Palisadentor und ließen nur eine Lücke, die breit genug war, dass sich ein Mädchen hindurchschlängeln konnte.
    Mair trat vor, als das erste Kind eintrat, und hob ihre Arme auf eine Art, von der Rani wusste, dass sie die Soldaten beschwichtigen sollte, während es gleichzeitig ein Willkommensgruß an die Neuankömmlinge war. »Heil, Schwester«, rief Mair. »Willkommen im Lager des Kl…«
    »Tain!«
    Rani hörte den Schrei wie das Schwirren einer Bogensehne. Sie sah aus dem Augenwinkel, wie Crestman sich anspannte, beobachtete, wie er einen hilflosen Schritt aufs Tor zu machte. Bevor er den Eingang jedoch erreichen konnte, sauste ein Körper an ihm vorbei und schob ihn aus dem Weg, als wäre er nur ein Stapel Anmachholz. »Tain!«
    Shea stürzte sich auf das überraschte Mädchen. Die alte Sonne schlang ihre Arme um den Hals des Neuankömmlings, zog sie vorwärts, drängte sie am Palisadentor vorbei. Shea schluchzte und rief, strich dem Mädchen das Haar zurück, stellte Fragen und wartete nicht auf Antworten. Das Mädchen, hoch aufgerichtet und stolz, war beim Anblick der alten Sonne zusammengesunken, und nun strömten Tränen das verkniffene Gesicht hinab. Weitere Mädchen drangen durch den Spalt und blieben angesichts des sie empfangenden Schauspiels, wie sich die Sonnenfrau und das Sonnenmädchen im Schlammmeer aneinanderklammerten, jäh stehen.
    Rani sah verwirrt hin, staunte wie die übrigen Kinder, und dann wandte sie sich zu Crestman um. Er schüttelte den Kopf, seine Augen waren vor Bestürzung blind. Er ballte und öffnete die nutzlos an seinen Seiten herabbaumelnden Hände. »Wer ist das?«, zischelte Rani. »Wer ist diese Tain?«
    Crestman schüttelte nur den Kopf und schaute zum Tor zurück. Eine Hand voll Mädchen war durch den Spalt gekommen, jedes kleiner als das zuvor eingetretene. Sie hatten außerhalb des Spalts offensichtlich einen Plan verfolgt. Sie hatten die Größten und Stärksten zuerst in die Höhle des Löwen geschickt.
    Rani spürte, wie die Anspannung unter all den Kindern wuchs, die Scheu und der Unglaube über die Jugend dieser neuesten Rekruten. Es war selbst für das Kleine Heer schockierend, das schon so vieles gesehen hatte. Das letzte der Mädchen betrat das Gelände, und die ganze Versammlung sah ehrfürchtig hin.
    Dieser Neuankömmling konnte nicht älter als sechs Jahre sein, ein kleines Kind. Eine Schwanentätowierung schimmerte an ihrem rechten Auge, fing das Licht des stählernen Himmels ein. Rani spürte, wie ihr das Brot, das sie gegessen hatte, in die Kehle stieg, und sie streckte die Hand aus, um Crestmans stählernen Arm zu umklammern. Er reagierte jedoch nicht auf ihre Berührung. Stattdessen beobachtete er, wie Shea von der schluchzenden Tain aufschaute.
    Rani sah, wie die Sonnenfrau über den Hof blickte, sah das Wiedererkennen in ihren Augen, während sie jedes neue Mädchen wahrnahm. Sheas Entsetzen, als sie das jüngste Kind sah, empfand Rani wie einen Dolch in ihrer Brust.
    »Serena«, flüsterte Shea. Doch der Name erklang deutlich in den stillen Palisaden.
    Die Sonnenfrau streckte dem kleinen Mädchen über den Schlamm und den Unrat hinweg die Arme entgegen. »Serena, Kind.« Das Schwanenmädchen lief zu der Sonne und barg ihr Gesicht in den Röcken der alten Frau. Shea strich ihr übers Haar, fuhr mit den Fingern durch das schmutzige, blonde Gewirr. »Weine nicht, Serena. Es wird dir gut gehen. Du bist in Sicherheit, Serena. Wir sind wieder alle zusammen. Es wird dir gut gehen, meine arme, arme Serena.«
    Rani erschauderte bei den Lügen der alten Sonne.

10

    Hal stützte seine schlammigen Stiefel auf einen Felsblock, der vor seinem Zelteingang stand, und betrachtete seine Fußsoldaten mit Augen, die weit älter als seine siebzehn Jahre wirkten. »Was tue ich, Lamantarino? Wie kann ich nur glauben, dass diese Männer Sin Hazar das Wasser reichen können?«
    Der alte Mann folgte dem Blick seines Königs über die umherschweifenden Soldaten hinweg und schüttelte den Kopf. Hal konnte nicht sagen, ob die Bewegung durch die Schüttellähmung verursacht wurde

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