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Die Gilden von Morenia 02 - Die Gesellenjahre der Glasmalerin

Die Gilden von Morenia 02 - Die Gesellenjahre der Glasmalerin

Titel: Die Gilden von Morenia 02 - Die Gesellenjahre der Glasmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mindy L. Klasky
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»Mon!«, rief sie. »Mon!«
    Shea sah die Silbe zu dem kleinen Jungen vordringen. Sie sah, wie er den Rücken streckte, wie er den Atem in seine schmale Brust einsog. Crestman schrie. Mair erwiderte.
    Monny biss sich auf die Lippen und bewegte die Hände auf und nieder, schwang die Beine vor und zurück.
    Und langsam, schwerfällig, begann sich das Fluggerät zu bewegen. Zuerst bewegten sich die Pergamentflügel, auf und nieder, zurück und vor. Dann ächzte Monny heftig, und das Fluggerät verließ den Boden.
    Danach konnte Shea nicht sagen, wie lange Monny geflogen war. Sie wusste, dass er in die Luft aufgestiegen war, dass er um das Kleine Heer gekreist war und sich immer höher hinaufgeschraubt hatte. Sie wusste, dass er einmal gelandet war und erneut abgehoben hatte, dass er Crestmans und Mairs Singsang-Rhythmus aufgenommen und unfehlbar in den Himmel aufgestiegen war. Sie wusste, dass er ein Seil zwischen seine Zähne genommen und mit aller Macht daran gezogen hatte, so dass ein Regen spitzer Pfeile über das leere Feld niederging.
    Shea hörte das Kleine Heer jubeln, als hätte es Liantine bereits erobert. Sie sah König Sin Hazar den Kopf zurückwerfen und hemmungslos lachen. Ihr Herz hämmerte, schwang sich empor, als wäre sie selbst in das Fluggerät eingebunden.
    Erst als Monny wieder auf dem Boden war, schaute Shea zu Crestman und Mair. Der Löwenjunge blickte wie gebannt zu Monny, kämpfte eindeutig gegen Tränen des Stolzes an. Als Monny das Fluggerät wieder herunterbrachte und heftig auf das gefrorene Feld prallte, sprang Crestman sofort auf das Kind zu, löste die Seile von seinen Armen und Beinen und schlug ihm siegestrunken auf den Rücken.
    Mair verließ ihren Posten am Rande des Kleinen Heers jedoch nicht. Das Mädchen blieb knien, die Hände ballend und lösend, während sie »Mon! Mon!« flüsterte. Bevor Shea vortreten konnte, ging Rani Händlerin zu ihrer Freundin hinüber.
    Rani kniete sich neben Mair, ergriff die Hände des Mädchens und brachte ihre automatische Bewegung zum Stillstand. Mair schien aus einer Trance zu erwachen, als sie sich zu ihrer Freundin umwandte. »Dann hat er es geschärft«, gelang es ihr zu flüstern, und Shea konnte die Worte über den Tumult der feiernden Kinder hinweg kaum verstehen. »Ja«, erwiderte Rani nickend. »Er hat es geschafft.« Mair schüttelte den Kopf und starrte über das Feld zum tobenden Kleinen Heer. »Mögen all die Tausend Götter Erbarmen walten lassen. Davin hat es geschafft. Er hat ein Fluggerät gebaut.«

11

    Hal blickte auf den von den Schlossmauern aufsteigenden Rauch hinaus und bemühte sich, nicht an die Flammen zu denken, die andere Schlösser zerfressen würden, an die Scheiterhaufen, die Leichen reinigen würden, bevor dieser Krieg vorüber war. Er stellte sich die Schreie von auf dem Schlachtfeld niedergemetzelten Menschen vor, von Frauen und Kindern, die zwischen den Feuerwänden gefangen wären.
    Er fragte sich, ob die Nordländer Rani einen Scheiterhaufen gewährt oder ob sie ihren Leichnam zum Verrotten in die Erde gesenkt hatten. Er murmelte ein Gebet an Tarn, den Gott des Todes, in der Hoffnung, dass Rani die himmlischen Tore bereits passiert hatte, dass sie bereits mit ihrer Familie wandelte, mit Hals Vater Shanoranvilli, der das Händlermädchen wie eine Tochter geliebt hatte.
    Hal kehrte leicht erschrocken zum gegenwärtigen Feuer zurück. Er schweifte immer häufiger ab, folgte seinen Gedanken lange Wege abwärts, nur um ruckartig zum Heer und dem endlosen Marsch nach Norden zurückgerissen zu werden. Als er sich umschaute, um nachzusehen, ob jemand es bemerkt hätte, sah Hal Puladarati sein Pferd nur wenige Schritte entfernt zügeln und sich im Sattel tief verbeugen. Ruß bedeckte das Gesicht des Ratsherrn, verdunkelte Silbermähne und Bart. Tasuntimanu ritt neben ihm, zügelte sein Pferd ebenfalls und verbeugte sich vor seinem Lehnsherrn. Hal hatte sich daran gewöhnt, die beiden Ratsherren zusammen zu sehen. Tasuntimanu war zum Schatten des älteren Adligen geworden. Das machte Hals Leben zumindest leichter. Er musste nur noch eine Bedrohung im Auge behalten.
    Nur eine Bedrohung. Bedrohung, Sorge, Ärger. Der Tod ist stärker.
    Puladarati sprach, ohne Hals düstere Gedanken zu bemerken. »Euer Majestät, wir haben die Schlossmauern angezündet. Der Stein wird mindestens drei Tage lang zu heiß sein, als dass sich jemand nähern könnte.«
    »Erklärt erneut, warum wir das getan haben, Puladarati.« Hals Stimme

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