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Die Gilden von Morenia 02 - Die Gesellenjahre der Glasmalerin

Die Gilden von Morenia 02 - Die Gesellenjahre der Glasmalerin

Titel: Die Gilden von Morenia 02 - Die Gesellenjahre der Glasmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mindy L. Klasky
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Winter dankbar. Er konnte jenseits des Weges ein gutes Stück weit sehen, mehrere Meter in das Gewirr von Sträuchern und Bäumen hinein. Im Sommer, so konnte er sich vorstellen, war dieser Wald gewiss ein geeigneter Hinterhalt.
    Im Winter war er jedoch seltsam schön. Es gab im Süden natürlich Wälder, aber die Bäume im Süden wuchsen nicht so hoch, und ihre Zweige breiteten sich nicht so weit aus. Tatsächlich, dachte Hal, während er den ihn umgebenden Wald betrachtete, waren diese nördlichen Bäume von völlig anderer Art, oder zumindest beherbergten sie andere Arten.
    Verlassene Riesennester waren in den Bäumen zu sehen. Die Nester waren große Gebilde, notdürftig aus Zweigen und Blättern gestaltet. Sie wirkten wie Kinderspielzeug, wie sie da in den Astgabeln hingen. Hier und da glaubte Hal die glasartige Wölbung eines Eis ausmachen zu können, von einem Elternteil vor Monaten willkürlich verlassen.
    Da! In diesem Nest befand sich ein Gelege, glatte Oberflächen, die im morgendlichen Sonnenlicht schimmerten. Hal zügelte sein Pferd und griff nach dem Fernglas, das unter seiner Satteltasche steckte. Welche Vogelart würde sich die Mühe machen, ein Nest zu bauen und Eier zu legen, um es dann zu verlassen?
    »Euer Majestät? Stimmt etwas nicht?« Lamantarino ritt neben den König und folgte dem königlichen Blick in Richtung der Bäume. Die Stimme des alten Mannes knarrte ebenso wie sein Sattelleder. Hal freute sich, den Freund seines Vaters zu sehen. Der alte Berater hatte sich am Tag zuvor schlecht gefühlt und war erschöpft zu seinem Zelt am Rand des morenianischen Lagers gestolpert.
    »Nein, Lamantarino. Alles in Ordnung. Ich bin nur neugierig.«
    »Neugierig? Worauf, Euer Hoheit?«
    »Seht Ihr diesen Baum dort? Und das Nest in der Astgabel?« Lamantarino wandte sich steif im Sattel um. Der alte Mann musste blinzeln, um das von Hal angezeigte Nest auszumachen, und reckte den Kopf auf seinem dünnen Hals vor. »Es sind Eier darin.«
    »Eier? Es ist mitten im Winter, Euer Majestät!«, antwortete Lamantarino in einem Tonfall, der sonst hartnäckigen Kindern vorbehalten blieb. Der Kopf des alten Mannes bebte von der Schüttellähmung und aufkommendem Zorn, während er die Zügel aufnahm. Seine Stimme klang übellaunig, als er ausrief: »Ihr solltet nicht mit der schwächer werdenden Sicht eines alten Mannes spielen, Euer Majestät. Denkt daran, dass Euer Vater so alt wie ich wäre – sogar um ein Jahr älter.«
    »Nein, Lamantarino! Hier, seht durch mein Fernglas. Ihr werdet erkennen, was ich meine!«
    Hal beugte sich im Sattel vor und streckte sich, um dem alten Mann sein Fernglas zu reichen. Die Entfernung war jedoch zu groß, und Hal stemmte die Fersen in die Seiten seines Hengstes. Das Pferd zögerte den Bruchteil einer Sekunde, bevor es reagierte, ein Zögern, das Hal das Leben rettete.
    Danach hätte er nicht sagen können, was zuerst geschah.
    Ein Lärm erhob sich, lauter als jeder Donner. Ein Feuerblitz erschien, heller als die Mittagssonne. Eine Hitzewoge war zu spüren, heißer als jeder Scheiterhaufen. Pferde schrien unter Qualen, und Männer brüllten entsetzt. Der gesamte Wald war von Flammen und fliehenden Menschen erfüllt, und Chaos brach unter den Bäumen aus.
    Lamantarino schrie auf, als das Feuer hervorbrach, und Hal dachte einen entsetzlichen Augenblick lang, der alte Mann sei die Quelle der Feuersbrunst. Er sah, wie das Haar des alten Beraters um seinen Kopf entflammte, in rauchende, orangefarbene Flammen ausbrach, Feuer, das sich die Arme des alten Mannes hinab ausbreitete, seine Gewänder verschlang, über seine Finger knisterte. Hal schrie Lamantarinos Namen und schlug dem Hengst die Fersen in die Seiten, wollte den brennenden Mann verzweifelt erreichen.
    Doch Hals Hengst geriet durch das Feuer in Panik und war durch den Rauch verängstigt. Das Tier stieg auf die Hinterbeine und schlug aus, als wollte es die Feuerwand zerreißen, die es umgab. Es brach aus, ignorierte Hals gebrüllte Befehle und ignorierte die nutzlosen Versuche des Königs, es zu zügeln. Hal hatte nur einen sehr vagen Eindruck des ihn umgebenden Heers, mit ihren Tieren ringender Männer und tobender Fußsoldaten, die den Waldweg hinabstampften. Dann erstreckte sich eine große Grube von der Breite des Weges vor ihm, ein gähnender Schlund, der das gesamte südliche Heer zu verschlingen drohte.
    Hals Streitross eilte zu rasch vorwärts. Der König konnte nicht hoffen, das Tier zu zügeln, bevor es den gezackten

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