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Die Gilden von Morenia 03 - Die Wanderjahre der Glasmalerin

Titel: Die Gilden von Morenia 03 - Die Wanderjahre der Glasmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mindy L. Klasky
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unwillkürlichem Rhythmus lose Strähnen hinter die Ohren, wobei die Bewegung eher die eines Kindes war als die einer jungen Frau. Ihr Haar fiel so gerade wie ein Pferdeschwanz, und das schimmernde Schwarz glänzte im flackernden Fackelschein so intensiv, dass es blau wirkte. Die Farbe hob sich stark von ihrer milchigen Haut ab.
    Hal räusperte sich, um auf seine Gruppe aufmerksam zu machen, und bedauerte es, als das Mädchen bestürzt zusammenzuckte. Sein Bedauern erstarb jedoch, als Augen von der Farbe von Kornblumen ihn fixierten. Helle Röte befleckte die bleichen Wangen des Mädchens, sie hob eine Hand an die Lippen und schluckte einen erschreckten Aufschrei hinunter. Ihr Blick zuckte zu Hals Karmesinrot und Gold, zu dem sorgfältig auf seine Brust gestickten Löwensymbol. »Mylord!«, sagte sie und machte einen raschen Hofknicks. Ihr Haar glitt hinter den Ohren hervor, nur um von der ungeduldigen, unwillkürlichen Bewegung ihrer Finger wieder zurückgestrichen zu werden.
    Hal zwang sich, nicht über diese langen, blassen Finger nachzudenken, nicht über ihr glänzendes Haar nachzudenken. Er schwor, nicht darauf zu achten, dass ihr Kopf nur bis an seine Brust reichte. Sie war kaum älter als ein Kind, wirkte kaum alt genug, die schimmernde Spinnenseide-Tunika zu tragen, die im Raum erstrahlte, als wäre sie von innen beleuchtet. Er befahl sich, die Wölbung des schlanken Fußes zu ignorieren, der unter dem Saum des saphirfarbenen Rockes des Mädchens hervorsah. Ein saphirfarbener Rock, der die Farbe ihrer Augen widerspiegelte.
    »Mylady«, gelang es ihm schließlich zu sagen, und er verbeugte sich höflich. Er war sich vage der Tatsache bewusst, dass Farso sein Verhalten nachahmte und Rani und Mair die Köpfe zum formellen Hofknicks adliger Frauen geneigt hatten.
    »Ich… wir… Mylord, wir waren uns nicht bewusst, dass Ihr bereits eingetroffen seid. Ihr hättet hier in der Großen Halle nicht allein gelassen werden sollen. Ihr werdet denken, alle Liantiner seien Flegel.«
    »Wohl kaum, Mylady.« Hal lächelte über ihre Besorgnis. »Kel segnete uns, als wir das Meer überquerten. Wir trafen früher ein als erwartet.«
    »KönigTeheboth…«, begann das Mädchen.
    »Ich hörte…«, hob Hal gleichzeitig an, und sie lachten über die Verwirrung.
    Hal bedeutete dem Mädchen fortzufahren, und sie schluckte, bevor sie sagte: »König Teheboth befindet sich nicht im Palast. Er hat sich auf die Suche nach der Gehörnten Hirschkuh begeben.«
    »Die Gehörnte Hirschkuh?«
    »Ja. Heute findet die Frühlingsjagd statt.« Auf Hals verwirrten Gesichtsausdruck hin fuhr sie fort: »Das ist ein liantinischer Brauch. Am ersten Frühlingstag reitet der König in der Dämmerung hinaus, auf der Suche nach der Gehörnten Hirschkuh.«
    »Eine gehörnte Hirschkuh? Aber Weibchen tragen kein Geweih!«
    »Kein weibliches Wild unserer Welt.« Das Mädchen lächelte. »Die Gehörnte Hirschkuh ist heilig. Sie ist geweiht. Sie hält mit ihrem Geweih die Welt fest.«
    »Dann muss es unklug sein, sie zu jagen, damit die Welt nicht wie ein Ei herunterfällt.«
    Das Lachen des Mädchens klang so leicht wie die Spinnenseide, die sie trug, und Hal merkte, wie sich ein albernes Lächeln auf seinen Lippen ausbreitete. Sie sagte: »Mylord, Ihr scherzt. König Teheboth tötet die Gehörnte Hirschkuh jedes Frühjahr bei der ersten Jagd. Ihr Blut stärkt ganz Liantine und sorgt dafür, dass das Haus des Donnerspeers ein weiteres Jahr regieren wird.«
    Die lachenden Worte durchbebten Hal. Wäre das Mädchen älter gewesen, wäre sie in der subtilen Art der Staatskunst geschickter gewesen, hätte sie ihm vielleicht eine Warnung vermitteln können. Sie hätte ihm mitteilen können, dass Liantine ehrgeizige Ziele verfolgte, Absichten hatte, seine Macht in der ganzen Welt zu schützen. Aber sie war kaum mehr als ein Kind. Sie musste wohl die Lektionen wiederholen, religiöse und bürgerliche, die sie ihr ganzes Leben lang gelernt hatte.
    Hal wich auf ein sicheres Kompliment aus. »Meine Begleiter und ich bewunderten gerade die seidenen Wandbehänge.«
    In den Augen des Mädchens blitzten kurz Empfindungen auf. »Ja, Mylord, sie sind neu. Sie wurden erst vor zwei Wochen aufgehängt, zu Ehren der Hochzeit meines Bruders.«
    Hal hörte die leichte Verhaltenheit in ihrer Stimme, bevor das Mädchen Bruder sagte, und er wunderte sich über das hübsche Erröten, das ihre Wangen erneut befleckte. Die Hochzeit ihres Bruders. König Teheboths vierter Sohn hatte

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