Die Gilden von Morenia 04 - Die Prüfung der Glasmalerin
auf das heile und biss die Zähne zusammen, als hätte er Schmerzen. Dann zuckte seine Hand in seinen Umhang, und Rani dachte, er würde eine weitere Waffe hervorziehen, ein zweites Messer, um dasjenige auszubalancieren, das er bereits in der Hand hielt.
Er musste ihre Ängste erkannt haben, denn er lachte, während er etwas aus den Schatten unter seinem Umhang hervornahm. Als die zähneknirschende Belustigung in seiner Brust aufstieg, dachte Rani an den Jungen, den sie in Amanthia gekannt hatte, den Jugendlichen, den sie in der Spinnengilde zurückgelassen hatte. Er war jetzt verloren, aus der Welt verbannt, von den Octolaris und mehr vergiftet.
An seine Stelle war dieser Mann getreten, der schreckliche Dinge gesehen hatte, schreckliche Dinge getan hatte, schreckliche Dinge ausgelöst hatte. Dieser Mann, der einen harmlosen Welpen töten konnte, der einen Soldaten opfern konnte, der seinem Kommando unterstand, ohne mit der Wimper zu zucken. Dieser Mann, der foltern oder verstümmeln oder töten konnte, alles im Dienste einer großen Sache.
Crestman hielt ein Glasfläschchen hoch und drehte es so, dass es das ersterbende Sonnenlicht einfing. »Für Mareka, Ranita Glasmalerin. Vergifte sie bis zu Dols Festtag, oder Laranifarso wird sterben. Vergifte die Königin, oder du wirst dich niemals Meisterin in irgendeiner Gilde nennen.«
Rani griff reflexartig nach dem Fläschchen, und Crestman bellte einen Befehl. Die schattenhaften Gestalten auf der Straße verschmolzen, verbargen ihre Metallklingen, drangen in die dämmerige Nacht ein. Rani sank neben der Gefängnismauer auf die Knie und schluchzte.
Parion Glasmaler wandte sich von der hoch aufragenden Gestalt ab, die neben seinem Werktisch stand. Er zwang seine Stimme zur Gleichmütigkeit, als er sagte: »Muss ich Euch daran erinnern, dass ich der Meister dieser Gilde bin? Glasmaler in der ganzen Stadt blicken zu mir auf.«
»Dessen sind wir uns bewusst«, flüsterte der Besucher.
Parion widerstand dem Drang, die Fäuste zu ballen, und er schluckte schwer, damit er die mitternachtsschwarze Kapuze nicht herunterriss. Diese verdammten Gefolgsleute kamen den Angelegenheiten der Gilde immer näher. Es war für sie eine Sache, die Handprothesen zu liefern – sie gegen gutes Gold zu liefern. Aber es war eine andere Sache, wenn sie kamen, um seine tagtäglichen Entscheidungen zu bestimmen, seine tagtäglichen Handlungen als Gildemeister.
Es war immerhin nicht so, als wäre Parion jemals eingeladen worden, als hätte er jemals zugestimmt, sich der Gefolgschaft anzuschließen. Nachdem er erst von ihrer Existenz erfuhr, hatte er bewusst Abstand gehalten. Er wollte seine Gilde führen. Er wollte das Schicksal der Glasmaler in Brianta beschließen. Er wollte niemand anderem dankbar sein müssen.
Er biss die Zähne zusammen und sagte: »Wir werden Ranita Glasmalerin auf dieselbe Weise prüfen wie alle unsere anderen Mitglieder.«
Der Gefolgsmann lachte leise, ein Kichern, das fast in den Falten seines schwarzen Stoffes unterging. Der Klang war eindeutig männlich. Dies war ein Gefolgsmann, der sich nicht fürchtete, sein Geschlecht preiszugeben. »Oh, ja. Ihr werdet sie prüfen. Ihr werdet sie auf Herz und Nieren prüfen, als wäre sie eine Stute in den königlichen Ställen. Aber dann werdet Ihr ihr Schicksal auf dem basierend beschließen, was wir sagen.«
Parion konnte die leichte Frucht schmecken, die der Gefolgsmann ihm anbot. Der Gildemeister musste seine Empfindungen und die Wahrheit nicht abwägen. Er musste nicht fragen, ob er fair oder unfair handelte, wenn er die Verräterin nach ihren wahren Fähigkeiten beurteilte. Er brauchte nicht über die glasierte Tonarbeit nachzudenken, die spezielle Wasserflasche. Er konnte sich wie ein Kind zurücksetzen und einfach tun, was ihm gesagt wurde.
Wenn die Gefolgschaft bestimmte, dass die Verräterin scheitern musste, dann würde sie aus der Gilde verbannt. Ihr lebenslanges Streben wäre zunichtegemacht. Sie würde Parion niemals wieder quälen, ihn nie wieder an all den Glanz erinnern, den die Gilde einst hatte, an all die Schönheit und die Macht und das Ansehen. Er könnte ungehindert vorwärtsgehen, in Erinnerung an Morada so gut arbeiten, wie er konnte, in Erinnerung an die Vergangenheit, die er nicht ändern konnte.
Und wenn die Gefolgschaft verlangte, dass die verfluchte Verräterin bestand, dann würde es Parion gelingen, dieses Ereignis zu verdauen. Immerhin hatte er sie ausgebildet. Er hatte ihr die
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