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Die Gilden von Morenia 04 - Die Prüfung der Glasmalerin

Die Gilden von Morenia 04 - Die Prüfung der Glasmalerin

Titel: Die Gilden von Morenia 04 - Die Prüfung der Glasmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mindy L. Klasky
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Berylina durch den Nebel ihrer Krankheit nicht mehr erinnern konnte.
    Sie verband ihre gelegentlichen Schwindelanfälle noch immer mit den Göttern, die das Kindermädchen angerufen hatte. Nomes Flötenspiel hinterließ bei Berylina stets das Gefühl eines leicht im Winde wehenden Seidenbanners. Zakes strenges Minzaroma auf ihrer Zunge berief stets das Gefühl von Kälte, von feuchter Kleidung, von den tröstlichen Händen eines Kindermädchens herauf.
    »Gehen wir«, sagte der Wächter, sich Berylinas Gedanken eindeutig unbewusst.
    »Wohin bringt Ihr mich?« Ihre Stimme klang in ihren Ohren fremd, zu hoch, zu atemlos.
    »Zum Gerichtshof der Götter. Die Kurie ist heute berufen, über Euch zu richten.«
    »Die Kurie?« Sie kannte die Bezeichnung natürlich, aber sie hatte keine Ahnung, wie solche Körperschaften in Brianta arbeiteten. Sie hatte keine Ahnung von den Kräften, die gegen sie aufgeboten würden.
    »Ja. Und sie werden Euch noch übler gesinnt sein, wenn Ihr sie warten lasst.« Der Wächter verzog verärgert die Lippen, die ebenso gut einen mitleidigen Zug hätten zeigen können. »Kein Grund, die Situation noch zu erschweren.«
    Berylina nahm sich dennoch die Zeit, an der Schwelle ihrer Zelle innezuhalten. Sie schaute zu dem schmalen Fenster zurück und flüsterte ein rasches Dankgebet an Par, den Gott der Sonne. Er hatte ihr Gesellschaft geleistet, als alle anderen sie anscheinend im Stich gelassen hatten. Er hatte sie durch den kleinen, unverglasten Schlitz besucht. Wie als Antwort auf ihre dankbaren Worte, spürte sie den warmen Wasserstrom, der Pars Signatur war.
    Der Wächter seufzte ungeduldig, während Berylina den Kopf neigte. Sie verwendete besondere Sorgfalt darauf, ihr Gebet zu formulieren. Sie wollte die Götter wissen lassen, dass sie ihnen nicht böse war. Sie waren immerhin nicht dafür verantwortlich, wie die briantanischen Priester ihre Worte interpretierten – oder missinterpretierten. Im Gegenteil, die Götter litten, wenn Menschen scheiterten, litten noch mehr, als Berylina vielleicht in den Händen der Kurie leiden würde.
    »Bitte«, sagte sie unmittelbar vor Verlassen der Zelle, »ich möchte meinen Tausendspitzigen Stern tragen.«
    »Ihr müsst ohne Waffen vor die Kurie treten.«
    »Es ist ein Stern!« Ihre Stimme brach, was sie überraschte. Sie hatte nicht erkannt, wie verzweifelt sie den äußerlichen Staat ihres Glaubens vermisste.
    »Es ist eine Spange, mit einem Metalldorn, der so lang ist wie Euer Daumen. Ihr seid eine Gefangene, und Ihr werdet wie die Verbrecherin behandelt, die zu sein Ihr beschuldigt werdet, besonders wenn Ihr vor Euren Oberen steht.«
    Berylina wollte argumentieren. Sie wollte erklären, dass sie bisher keinen Widerstand geleistet hatte. Sie hatte dem Wächter keinen Anlass gegeben, ihr zu misstrauen. Sie konnte sich mit ihrem schielenden Auge kaum auf einen anderen Menschen konzentrieren – wie sollte sie da große Herren bedrohen? Besonders wenn eifrige Soldaten in der Nähe standen, bestrebte Beschützer, die sie ebenso rasch opfern wie ihr zu einem tieferen Glauben verhelfen würden.
    Aber dann erkannte Berylina, dass sie ihren Stern nicht brauchte. Sie war auch ohne ihn sicher. Die Götter verstanden ihren Glauben. Sie wussten, dass sie sie ehrte, dass sie ihre Macht in ihrem gesamten täglichen Leben begrüßte. Sie vollführte ein weiteres heiliges Zeichen über ihrer Brust und folgte dem Wächter dann den Gang hinab.
    Er gab sieben seiner Kameraden ein Zeichen, als sie sich der Doppeltür des Gefängnisses näherten. Die Männer traten neben sie, ihre Rüstung glitzernd wie die Panzer an den Beinen eines Octolaris. Ihr blieb nur ein Moment Zeit, sich über den Symbolismus zu wundern, sich zu fragen, ob die Soldaten bewusst diese Zahl gewählt hatten, um ihre Vergangenheit, ihre Heimat, das Land der großen Seidenspinnen zu ehren.
    Und dann stieß der vorausschreitende Wächter die Tür auf, und sie erkannte, dass die Männer sie nicht ehren wollten. Sie hofften nur, ihr Leben zu retten.
    Eine Menschenmenge hatte sich im Hof vor dem Gefängnis versammelt. Männer, Frauen, Kinder – Hunderte von Pilgern erfüllten den Platz. Sonnenlicht strahlte von Tausendspitzigen Sternen ab, schimmerte, als würden an jeder Brust Feuer brennen.
    Ein verfaulter Kohlkopf segelte über die ersten Wächter hinweg und erwischte Berylina mitten auf der Brust. Die Wucht genügte, um ihr den Atem zu nehmen. Sie stieß einen quiekenden Laut aus, während sie sich

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