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Die Gilden von Morenia 04 - Die Prüfung der Glasmalerin

Die Gilden von Morenia 04 - Die Prüfung der Glasmalerin

Titel: Die Gilden von Morenia 04 - Die Prüfung der Glasmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mindy L. Klasky
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dass sein Ärmel währenddessen zurückschlug. Er stellte sicher, dass alle in der Versammlungshalle die gezackten Narben an seinem Unterarm sehen konnten. Die Verräterin erbleichte bei der hitzigen Mahnung an sein Blutopfer.
    Als Reaktion auf die Geste trat Larinda von den übrigen Gesellen fort. Wie von Clain selbst inspiriert, kreuzte sie die Arme über der Brust und achtete darauf, ihre Seide- und Metallhandprothesen nicht über Gebühr zu beanspruchen. Parion hätte keine edlere Geste gestalten können, wenn er ein Muster auf Pergament skizziert hätte – es gelang dem Mädchen, ihren Verlust, ihre Macht, ihren Zorn und ihren Kummer alle in einer flüssigen Bewegung einzufangen. Er nickte ein Mal, bedauerte es erneut, dass Morada nicht hier sein konnte, um das Kind zu erleben, das sie ausgebildet hatte, die kluge Gildeangehörige, die sie auf den Weg zum Erfolg geführt hatte.
    Er wandte sich wieder der Verräterin zu. »Nimmst du diese Bedingung an?« Er hätte sie beinahe mit seiner speziellen Bezeichnung für sie benannt. Das konnte er nicht tun. Noch nicht. Nicht öffentlich. »Wirst du dich bei Larinda Glasmalerin melden?«
    Die Verräterin schaute zu ihrer Unberührbaren-Begleiterin, suchte eindeutig Rat. Das dunkelhaarige Mädchen nutzte den Vorteil, den das Kind in ihren Armen bot, verlagerte es von einem Arm in den anderen und benutzte diese Bewegung, um ihr Kopfschütteln zu dämpfen. Das Unberührbaren-Mädchen hielt die Forderung der Gilde also für übertrieben hart. Sie dachte, dass ihre kostbare Freundin sich nicht Larindas Aufsicht unterstellen sollte. Die Verräterin war jedoch nicht zufrieden mit diesem Rat. Stattdessen blickte sie nun zu dem Gaukler, ließ ihren Blick einen langen Moment auf dem Gesicht des Mannes ruhen.
    Der Gaukler war aufmerksamer als das Unberührbaren-Mädchen. Er erkannte, dass Parion ihn beobachtete. Mit der vollkommenen Haltung eines Mannes, der es gewohnt ist, vor Menschenmengen zu agieren, trat der Glasmaler einen Schritt zurück und stützte die behandschuhten Hände auf die Hüften. Durch diese Bewegung zuckte er kaum wahrnehmbar die Achseln, stellte jegliche Unsicherheit, jegliches Wissen, jeglichen Glauben an das, was geschehen würde, wenn die Verräterin handelte oder nicht handelte, in Abrede. Er deutete stillschweigend an, dass sie nachgeben sollte.
    Die Verräterin war eindeutig wenig erfreut über solchen Rat. Sie wollte protestieren. Bevor die Worte ihrer Kehle jedoch entsteigen konnten, sprach Larinda.
    »Ranita.« Die Worte der Gesellin erklangen leise, geflüstert, als erwache sie gerade aus tiefstem Schlaf. »Willkommen in unserem Gildehaus, Schwester. Ich freue mich darauf, mit dir erneut Geheimnisse zu teilen, wie wir es in unserer Jugend getan haben.«
    Die Verräterin besaß den Anstand, beschämt zu wirken, als sie sich Larinda zuwandte. Als sie auf die freundlichen Worte antwortete, konnte Parion Ergriffenheit in ihrer Stimme mitschwingen hören. »Ich denke oft; an dich, Larinda. Ich erinnere mich an unsere Zusammenarbeit als Schwestern, zur Förderung unserer Gilde.«
    »Wir haben Seite an Seite gearbeitet. Und nun können wir das vielleicht wieder tun.«
    Die Verräterin schluckte hörbar, trat auf Larinda zu und streckte in einer uralten Friedensgeste eine Hand aus. »Wir können es vielleicht wieder tun. Ich freue mich auf die Gelegenheit.«
    Parion sah den Moment, in dem Larinda die Hand der Verräterin ergriff. Er sah, wie die verstümmelte Gesellin ihr Handgelenk beugte, wie sie ihre Handprothese fester schloss. Er wusste genug über den Mechanismus, um zu begreifen, welchen Schmerz Larinda verursachte, aber die Verräterin bemerkte den Schmerz nicht.
    Stattdessen verlagerte sie nur ihr Handgelenk, festigte ihren eigenen Griff. Sie biss die Zähne zusammen und hob das Kinn an, als wäre sie erneut der trotzige Glasmalerlehrling, erneut das Mädchen, das ungezählte Stunden auf den Knien vor dem Altar Sorns verbracht hatte, des Gottes des Gehorsams, und vor Plad, dem Gott der Geduld.
    »Sei in unserem Hause willkommen, Schwester«, sagte Larinda.
    »Vielen Dank für deine Freundlichkeit. Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, damit du dich mit der von dir getroffenen Entscheidung wohl fühlst.«
    Parion fragte sich, ob er der Einzige war, der die Gefolgsleute in den Schatten mit den Füßen scharren hörte. Er musste dies jetzt beenden, bevor sie sich zu zeigen erwählten, bevor sie sich entschlossen, das zerbrechliche Gebäude

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