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Die gläserne Gruft

Die gläserne Gruft

Titel: Die gläserne Gruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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kleinen Lampe leuchtete, schimmerten Splitterstücke auf dem Boden.
    Nur kleine Teile, keine größeren Scherben. Es musste schon eine ungewöhnliche Wand gewesen sein. Möglicherweise hatte sie auch aus einem ungewöhnlichen Material bestanden, das mit normalem Glas nichts oder nur wenig zu tun hatte.
    Aber es war so etwas wie eine Grenze gewesen, und hinter ihr hatte sich jemand aufgehalten.
    In diesem ehemaligen Zimmer war es kalt und klamm. Die üblichen Außengeräusche wurden durch die Mauern abgehalten, sodass ich das Gefühl hatte, in einer dumpfen Umgebung zu stehen.
    Und dann zuckte ich zusammen!
    Die Reaktion hatte ich nicht kontrollieren können. Sie hatte mich selbst völlig überraschend erwischt. Für wenige Sekunden blieb ich in einer vornübergebeugten Haltung stehen und konzentrierte mich auf das, was die Reaktion bei mir ausgelöst hatte.
    Es war der Wärmestoß meines Kreuzes gewesen. Er hatte mich an der Brust erwischt und sich dort verteilt. Grundlos war das nicht passiert. Ich hatte den Beweis bekommen, denn jetzt wusste ich, dass es in meiner Umgebung etwas gab, das eine schwarzmagische Kraft in sich barg.
    Es war kein Schock für mich gewesen, sondern ein Beweis, dass ich genau an der richtigen Stelle stand. Denn hier hatte sich etwas aufgehalten, das meinem Kreuz aufgefallen war. Es ging um eine schwarzmagische Kraft, und so folgerte ich, dass auch der Mörder oder Henker etwas damit zu tun hatte.
    Ich wartete ab und schob dabei meine Hand unter die Kleidung. Den beiden Frauen und Harry Stahl drehte ich den Rücken zu. Ich wusste auch nicht, ob sie etwas von meiner Reaktion bemerkt hatten. Wenn nicht, sollte es auch so bleiben. Auf keinen Fall wollte ich sie aufmerksam machen.
    Das Kreuz lag frei auf meiner Handfläche. Mit dem Daumen strich ich über das Silber hinweg und merkte die leichte Erwärmung. Es war demnach keine Täuschung gewesen.
    Tief holte ich Luft. Ich war gespannt, denn etwas lauerte in der Nähe, obwohl ich es nicht sah. Die Innenwände ließen keinen Blick durch, und doch hatte sich hier etwas Böses gehalten.
    Das Kreuz »meldete« sich weiter. Ich sah das Schimmern auf dem Metall und hörte plötzlich ein Geräusch, das ich zunächst nicht einstufen konnte.
    War es ein fernes Singen oder Schreien?
    Ich konzentrierte mich darauf und erlebte so etwas wie eine Zielvorstellung. Jetzt wurde mir klar, woher das Geräusch stammte. Es drang aus den Wänden und aus der Decke, erreichte auch mein Kreuz, das die Rolle eines Katalysators übernommen hatte.
    Es waren keine Schreie, sondern reine Jammerlaute. Wie bei Menschen oder Gestalten, die sich in einer schrecklichen Lage befanden und unter qualvollen Schmerzen litten.
    Verlorene Seelen in einem für mich nicht sichtbaren Reich. Möglicherweise gefangen in einer Zwischenwelt und durch einen Fluch dorthin gebracht. Verfechter des Fluches konnte der Henker gewesen sein, denn diese Menschen waren durch ihre blutige Arbeit sehr abgebrüht geworden und hatten sich manchmal dem Bösen verschrieben.
    Es konnten die gefangenen und gequälten Seelen der Menschen sein, die unter dem Beil des Henkers ihr Leben ausgehaucht hatten. Sie blieben Gefangene, während ihr Mörder freigekommen war.
    Er hatte sicherlich einen Namen. Er hatte eine Geschichte, und ich ging davon aus, dass man diese Geschichten auch aufgeschrieben hatte. Um in der Gegenwart die Lösung zu bekommen, musste ich in der Vergangenheit nachforschen.
    Ich durchwanderte den alten Raum noch mal und hielt mich dabei dicht am alten Mauerwerk.
    Ja, da gab es die Stimmen. Sie schienen aus den Steinen zu dringen. Sie jammerten mir in die Ohren. Sie flehten allein durch ihre Laute um Erbarmen, doch ich konnte nichts für sie tun. Sie würden für alle Zeiten Gefangene ihres Schicksals bleiben, falls es nicht gelang, sie von diesem unseligen Fluch zu befreien.
    Ich ließ das Kreuz wieder verschwinden, als ich dem Ausgang direkt gegenüberstand.
    Dagmar Hansen und Carola Schiller unterhielten sich leise. Harry aber schaute mich an.
    Ich winkte ihm kurz zu. Er verstand das Zeichen und kam auf mich zu. Fragend schaute er mich an. Dabei musste er mir angesehen haben, dass etwas nicht stimmte.
    »Du hast was entdeckt?«
    Ich nickte.
    Ein knappes Lächeln umspielte seine Lippen. »Das habe ich mir gedacht. Sollen wir jetzt froh darüber sein?«
    »In gewisser Weise schon.« Ich zog ihn noch näher zu mir heran und erklärte ihm mit leiser Stimme, was ich erlebt hatte.
    Harry hörte zu.

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