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Die gläserne Gruft

Die gläserne Gruft

Titel: Die gläserne Gruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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nicht sehr schwierig. Da wenig Bäume auf dem Gelände wuchsen, hatte Harry eine gute Sicht.
    Es gab keine Laternen auf dem Gelände, und er sah auch keine anderen Lichtquellen in der Nähe. Nichts bewegte sich auf dem nicht besonders großen Areal. Der Friedhof lag in einer kalten Winterruhe. Besucher waren um diese Zeit sowieso nicht zu erwarten.
    Der Himmel über dem Friedhof zeigte eine dunkle und schon stählerne Klarheit. Da glitzerte das kalte Licht der Sterne, auch ein halber Mond malte sich ab. Wäre er voll gewesen, hätte er sein Licht bestimmt über die vorhandenen Schneereste werfen können, die sich ebenfalls noch auf dem Gelände verteilten. Von einem Frühling war wirklich nichts zu spüren.
    Harry sprang nach unten. »Sieht ja bisher alles gut aus«, sagte er und nickte.
    »Ich bin froh, dass wir den Henker noch nicht gesehen haben«, flüsterte Carola.
    Stahl hob die Schultern. »Es ist auch die große Frage, ob er sich überhaupt zeigen wird.«
    »Er will die Krone.«
    »Ja, Carola, die will er. Aber die wollen wir auch!« Stahl lächelte hart. »Und mit der Suche fangen wir sofort an.«
    Dagmar hatte noch einen Einwand. »Willst du nicht auf John und den Professor warten?«
    »Nein, warum sollte ich? Lasst uns das Grab der Anette von Leuben suchen.« Er griff in die Tasche und holte eine Lampe hervor. »Etwas Licht haben wir.«
    Das beruhigte die Frauen etwas. Sie sprachen noch davon, wo sie mit der Suche anfangen sollten. Alle drei gingen davon aus, dass ein derartiges Grab bestimmt nicht auf dem neuen Teil des Friedhofs lag. Das heißt, auf dem, wo noch Beerdigungen durchgeführt wurden. Auch in der Dunkelheit war es nicht schwer, die beiden unterschiedlichen Teile eines Friedhofs zu unterscheiden.
    Harry schaltete die Lampe ein. Ihr Strahl zerteilte die Dunkelheit. Er huschte über Gräber hinweg. Er berührte die Büsche und Gewächse und ließ sie fahl aussehen. Das Licht und das Dunkel darum herum gaben manchen Sträuchern ein etwas unheimliches Aussehen. Hinzu kamen die Grabsteine und Kreuze, die sich aus der harten Wintererde hervorreckten.
    Eine menschliche Gestalt hatte das Licht nicht erwischt. Aber Harry wusste jetzt, wie sie gehen mussten, denn er hatte einen der breiteren Wege entdeckt.
    Nach links wollten sie sich nicht wenden, denn dort lag der neue flache Teil des Friedhofs. Da gab es auch keine Bäume. Nicht mal Hecken. Die Gräber bildeten ein Schachbrett des Leids, über das der kalte Winterwind hinwegfuhr.
    Wenn sie gingen, knirschte es immer wieder unter ihren Füßen. Manchmal waren es kleine Steine. Aber auch dünne Eisschichten, die unter dem Druck zusammenbrachen.
    Das Licht schien sich dem Wetter angepasst zu haben. Als kalter Strahl durchbrach es die Dunkelheit, und Harry schwenkte die Lampe stets von einer Seite zur anderen.
    Ältere Gräber, deren Steine auf größeren Grabstellen lagen, deuteten an, dass sie sich dem Teil des Friedhofs näherten, der für sie wichtig war.
    Je tiefer sie in den Friedhof eindrangen, umso stärker veränderte sich die Atmosphäre. Ein jeder spürte die Beklemmung. Das war auch zu hören, wenn sie Atem holten.
    Noch befanden sie sich auf dem Hauptweg. Aber Harry leuchtete auch in die schmaleren hinein, die davon abzweigten und wie Adern in den Körper des Friedhofs hineinreichten.
    Nach wie vor blieben sie allein. Von John und dem Professor war nichts zu hören. Ihnen würde der Alleingang bestimmt nicht gefallen, aber zurück wollte Harry nicht mehr.
    Jetzt wuchsen auch die ersten Bäume in ihrer Nähe. Keine hohen Gewächse, man konnte sie auch als übergroße Sträucher bezeichnen, die ihre Arme in verschiedene Richtungen streckten wie Fühler oder Sensoren, die nach einer fremden Kraft suchten.
    Harry war davon überzeugt, dass sie den ältesten Teil des Friedhofs erreicht hatten. Sie waren auch näher an den Turm der Kirche herangekommen, der wie ein starrer Schatten vor ihnen stand.
    »Hier müsste es irgendwo sein«, sagte er mit leiser Stimme. »Für mich gibt es keine andere Lösung.«
    »Sollen wir uns trennen?«, fragte Dagmar.
    »Nein, das hat keinen Sinn. Ihr habt kein Licht, und das müssen wir schon haben.« Er leuchtete gegen einen Grabstein, der direkt vor ihnen lag.
    Der helle Kreis tanzte über das graue Gestein. Den eingravierten Namen nach zu urteilen, war es ein Doppelgrab, schon recht alt, denn die Toten waren vor Beginn des Zweiten Weltkriegs hier begraben worden.
    »Auch nicht«, flüsterte Carola. »Hätte ich

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