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Die gläserne Welt

Die gläserne Welt

Titel: Die gläserne Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Hoff
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Kellner herbeigerufen, zahlte die Zeche, nachdem er hastig noch etwas getrunken hatte. Es sei ihm schon wieder besser, behauptete er – aber sie möchte ihn jetzt entschuldigen, er müßte gehen. Bei diesen Worten streifte er sie mit einem verstohlenen, geradezu ängstlichen Blick.
    Tatsächlich ging er, ohne ihr irgend eine Erklärung zu geben. Nun saß sie allein da, immer wieder neugierig von den tanzenden und schwatzenden Leuten begafft.
    Bekannte traten zu ihr heran, setzten sich neben sie. Gloria zeigte sich abweisend, ihre Zurückhaltung strömte Kälte aus. Endlich kümmerte man sich nicht mehr um sie. Aber man tuschelte noch.
    Sie überlegt, warum wohl Milton so plötzlich gegangen sei. Sie hätte gern weiter mit ihm getanzt. Man würde es beobachtet, schließlich würde man es Wilbur Taft hinterbracht haben. Er sollte erfahren, daß sie sich ohne ihn ausgezeichnet vergnügen konnte.
    Unwillkürlich fuhr sie unter einem neuen Gedanken zusammen. Es brauchte ihm ja gar nicht erst hinterbracht zu werden. Außerdem hielt man sie ja für die Geliebte des Bruders, des ›Landesverräters‹, mit dem man sie oft und immer wieder in den verschiedensten mondänen Unterhaltungsstätten beobachtet hatte. Nichts, was sie dachte und tat, mußte Wilbur erst hinterbracht werden, – konnte er sich doch jederzeit auf sie einschalten. Und so konnte sie auch nicht verbergen, daß ihr doch irgendwie im tiefsten Winkel ihres Unterbewußtseins daran gelegen sei, ihn auf sie hinzuweisen und eifersüchtig zu machen.
    Dieses Bewußtsein berührte sie jedoch nur am Rande ihrer Gedankenbahn. Nur für den Bruchteil einer Sekunde war es an die Oberschicht durchgedrungen. Aber wenn Wilbur sie in dieser Sekunde gerade belauscht hatte, würde er Veranlassung finden, neue Hoffnung zu schöpfen.
    Diesen Gedanken streifte sie gleich wieder ab. Nein, es gab keinen Grund mehr, zu hoffen, – für sie nicht, und auch für Wilbur nicht. Es war nicht mehr Liebe, was sie ihm gegenüber empfand. Eher Gleichgültigkeit. Nein. Auch das nicht – Haß und Verachtung erfüllten sie.
    Starr erhob sie sich, verließ das Lokal, bestieg ihren Wagen und steuerte diesmal selber der Villa Concordia zu.
    Bob saß neben ihr und hielt seinen Blick geradeaus gerichtet.
     
    Als Gloria nach Hause kam, fand sie dort den Polizeipräsidenten vor, der auf sie gewartet hatte. Es mußte sich schon um etwas Wichtiges handeln, wenn der Präsident selber kam.
    Nun saß sie ihm in dem großen Salon gegenüber, dessen geschmackvolle Einrichtung ihr stets ein Gefühl des Behagens vermittelt hatte. Breite, bequeme Sessel, mit ihren geschwungenen Füßen in dem dicken, echten Perser versinkend, gruppierten sich in der Mitte des Raumes um einen runden Tisch. Das Marmormosaik dieses Tisches stellte eine Szene des trojanischen Krieges dar. – Von der einen Schmalwand des Raumes blickte aus goldenem Rahmen – in Lebensgröße – der verstorbene Onkel auf den Beschauer herab. Der Ausdruck seines blassen Gesichts war voller Milde und Güte, – so, wie er im Leben auch immer gewesen war. Das Bild war von einem der bekanntesten Maler geschaffen und vorzüglich gelungen.
    In einer Glasvitrine befanden sich venezianische Kostbarkeiten; hier blitzte es von Pokalen und Porzellanplastiken höchster künstlerischer Vollendung. Auf dem großen Konzertflügel, der die eine hintere Ecke des Raumes einnahm, thronte in trotziger Einsamkeit eine Beethovenbüste. Nicht weit davon, an der Längswand, hing ein echter Van Gogh.
    »Was verschafft mir die Ehre?« fragte Gloria, dem Präsidenten aus ihrem schmalen, goldenen Etui eine Zigarette anbietend. Sie steckte sich selber auch eine an.
    Glifford spielte nervös mit den Fingern. Jetzt kam es für ihn darauf an, die richtigen Worte zu finden. »Ich komme in einer äußerst wichtigen Angelegenheit«, sagte er, seine Erregung gewaltsam zurückdämmend. »Im Staatsinteresse. Jawohl. Sie müssen mir helfen – das heißt – ich möchte Sie bitten, eine wichtige Mission zu erfüllen.«
    Gloria schaute ihn halb verwundert, halb fragend an.
    »Und – was wäre das für eine Mission?«
    »Sie wissen – George Taft ist nach England geflohen, um seine Erfindung dort zu verraten. Dies aber darf nicht geschehen. Es muß mit allen Mitteln verhindert werden.«
    Gloria konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. »Glauben Sie etwa, daß ich das verhindern kann?«
    Glifford zeichnete mit den Fingern eine Figur auf dem Marmortisch nach. »Ja, vielleicht!«

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