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Die Glasblaeserin von Murano

Die Glasblaeserin von Murano

Titel: Die Glasblaeserin von Murano Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Fiorato
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Gartenparty in einem englischen Pfarrhaus, sondern gut platzierte, warmherzige Schmatzer. Niccolö, etwa ebenso alt wie Alessandro, aber doppelt so dick, führte sie zu einem Tisch, von dem sie einen unvergleichlichen Blick über die dämmerige Piazza San Barnaba hatten, über der gerade groß und voll der Mond aufging.
    «The moon was bright... it really was such a night...» Halt, ich darf nicht so voreilig sein. Ich lasse einfach alles auf mich zukommen.
    Kaum hatten sie sich an dem Tisch mit dem rot karierten Tischtuch niedergelassen, erschien Niccolö schon mit den Speisekarten, zwei Gläsern und einer Flasche Wein. Er stellte die Flasche vor Alessandro auf den Tisch, zwinkerte ihm zu und versetzte ihm einen Schlag auf die Schulter, bevor er wieder verschwand.
    Leonora studierte eingehend die Speisekarte. Sie fühlte sich auf einmal schüchtern und gehemmt. Hilfe suchend ließ sie ihre Augen über die italienischen Wörter    gleiten und wählte aufs Geratewohl die beiden Gerichte, deren Namen ihr vertraut waren.
    «Minestrone und Lasagna.»
    Alessandro schüttelte den Kopf. «Nein.»
    «Wieso?», fragte sie ein wenig verärgert.
    «Das ist Zeug für Touristen. Du lebst doch hier, also solltest du das hier nehmen.» In schnellem Venezianisch rasselte er die Namen zweier Gerichte herunter. «Polenta mit Kalbsleber und risotto d'oro. Beides sind köstliche venezianische Spezialitäten. Besonders das Risotto wird dir schmecken. Man bereitet es mit winzigen Schnipseln Blattgold zu.» Mit gedämpfter Stimme, als erkundigte er sich nach ihrem Gesundheitszustand, setzte er hinzu: «Du bist doch wohl keine ... Vegetarierin, oder?»
    Sie schüttelte entschieden den Kopf.
    «Gott sei Dank. Niccolö!» Wie aus dem Nichts tauchte Alessandros Cousin auf und nahm die Bestellung entgegen, noch bevor Leonora einen Einwand erheben konnte. Verwirrt lehnte sie sich zurück und begann aus lauter Verlegenheit, an einer Grissini-Stange herumzuknabbern. Früher, wenn sich Stephen, der Feinschmecker, einfach über ihre Wahl hinweggesetzt hatte, war sie wütend gewesen. Warum ärgerte sie sich jetzt nicht darüber?
    Aber das liegt doch auf der Hand, du Dummkopf. Weil ein Venezianer dir Venedig zeigt und dich wie eine Einheimische behandelt. So wie du es dir immer gewünscht hast.
    Alessandros Worte unterbrachen ihre Gedanken. «Wusstest du, dass sich diese Knabberstangen angeblich aus dem venezianischen Schiffszwieback entwickelt haben, dem Nahrungsmittel, das ganz entscheidend zum Erfolg unserer Seefahrt beitrug? Über viele Generationen hinweg wurde das Rezept mündlich weitergegeben, bis es Ende des achtzehnten Jahrhunderts endgültig    verloren schien. Doch dann, im Jahre 1821, entdeckte man eine ganze Ladung Schiffszwieback in einem verlassenen venezianischen Handelsposten auf Kreta und fand die Zusammensetzung heraus.»
    Leonora lächelte entspannt und nahm sich noch eine Stange. «Es ist schon eine eigenartige Vorstellung, dass meine Vorfahren auf dem gleichen Brot herumgekaut haben wie ich. Dass sie schmeckten und spürten, wie es im Mund zerkrümelte. Es gab eine Zeit, da besaßen die Manins eine bedeutende Handelsflotte. Und mein ... Vater ... arbeitete auf einem Vaporetto. Ich nehme also an, dass die Seefahrt uns im Blut liegt.»
    «Die liegt hier jedem im Blut. Dein Vater ... lebt er noch?»
    «Nein, er starb, als ich noch ganz klein war. Meine Mutter ging mit mir zurück nach England. Ich bin also in Wirklichkeit Engländerin, obwohl ich hier geboren wurde.»
    Alessandro schüttelte den Kopf. «Nein, du bist Venezianerin. Weißt du etwas über deine hiesigen Vorfahren und Familienmitglieder?»
    «Meine Mutter hat mir erzählt, dass meine italienischen Großeltern tot sind. Und ich glaube, mein Vater war ein Einzelkind.» Leonora war drauf und dran, Alessandro von Corradino zu erzählen, doch irgendetwas hielt sie zurück. Es war Corradino und nicht ihr Vater, dem sie sich verbunden fühlte. Doch sie wusste nicht, wie sie Alessandro begreiflich machen sollte, dass sie sich viel mehr für den lang verstorbenen Glasbläser interessierte als für ihren eigenen Vater, der ihrer Mutter das Herz gebrochen hatte.
    «Es wäre doch interessant, mehr über ihn und deine Familiengeschichte zu erfahren. Wenn du willst, kann ich dir dabei helfen.»
    Leonora lächelte. «Vielleicht.»
    In Wahrheit geht es mir doch nur um Corradino.
    Das Essen war wirklich köstlich. Leonora aß mit gutem Appetit, doch das war gar nichts gegen die

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