Die Glasfresser
dreizehn, vierzehn Jahre. Sie tragen Bikinis, ihre Hüften sind mager, die Bäuche rund. Sie gehen zu allen hin, barfuß, mit ihren lackierten Zehennägeln, machen Witze, sprechen mit lauter Stimme.
»Mädchen bringen einen zum Weinen«, sagt Scarmiglia, als er merkt, dass ich sie ansehe. Ich erinnere mich plötzlich, weiß aber nicht, was ich sagen soll.
»Vor allem, wenn sie nicht nur Mädchen sind«, fügt er hinzu.
Wir fangen an zu spielen. Zuerst Pong, dann gehen wir zum Tischfußfall. Wir sind gleich gut: präzise Schüsse, nie ein Überdrehen, nie ein Weiterschieben oder unerlaubtes Aufstützen. Der Ball rollt schnell von einer Seite zur anderen, schlägt gegen die Bande, und wenn er im Tor auf das Holz dahinter trifft, gibt es einen hohlen Ton.
»Weißt du, dass sie heute Geburtstag hat?«
Ich sehe das smaragdgrüne Tuch des Tischs nicht mehr. Er hat das gesagt, ohne den Kopf zu heben, aufs Spiel konzentriert, als ob ein Gedankensplitter zufällig akustischen Ausdruck in einer fragenden Intonation gefunden hätte. Ich habe die Stangen nicht mehr fest im Griff, zwei Karambolagen, und der Ball endet in meinem Tor. Ich höre, wie der Spieltisch ihn verschlingt, ein horizontales und diagonales Rutschen, ein Gleiten über Bahnen und
Schienen, bis schließlich, in einer letzten Beschleunigung, der Ball seine Genossen im hölzernen Bauch des Geräts erreicht.
Ich beuge mich hinunter, suche einen neuen Ball, doch der Ausgabeschlitz ist leer.
»Lass uns gehen«, sagt Scarmiglia.
Am Ausgang der Spielhalle sprechen uns die beiden Mädchen an, eine hat ein Muttermal neben dem Bauchnabel. Aus der Nähe gesehen ist der Nagellack auf ihren Zehennägeln abgeblättert. Sie fragen uns nach Kleingeld. Ich bin beeindruckt von ihrer Art zu reden, sich zu bewegen, von der dreisten Schüchternheit, mit der die eine sich an die andere lehnt, sie umarmt und uns aus der Umarmung zulächelt. Beeindruckt von ihrer absoluten Sicherheit, dass sie erhalten, worum sie bitten.
Scarmiglia sucht in der Tasche seiner abgeschnittenen Jeans, findet fünfzig Lire und gibt sie ihnen; sie bedanken sich und lachen: Ich weiß, dass sie sich über uns lustig machen, wir gehen.
Der Bürgersteig ist sandig. Zu unserer Linken verläuft ein blaues Gitter auf einem Mäuerchen, über das ich die Finger wandern lasse.
»Das wusste ich nicht«, sage ich.
Schweigend gehen wir fünfzig Meter. Die Bushaltestelle ist nicht mehr weit. Scarmiglia bleibt stehen, wendet sich mir zu.
»Was weißt du überhaupt?«, fragt er mich.
Ich bleibe ebenfalls stehen. Scarmiglia macht eine ungeduldige Geste, als schüttele er etwas aus einer Hand, doch er ist immer beherrscht, zwingt sich zur Nüchternheit.
»Was ich sagen will«, erklärt er: »Was weißt du überhaupt von ihr?«
Er ist nicht aggressiv, er ist nicht feindselig, und doch möchte ich weggehen.
»Ich weiß nichts«, sage ich.
Scarmiglia betrachtet mich forschend, besieht sich die großen Poren meiner Haut, die dünne Schweißschicht auf der Stirn und den Schläfen. Ich möchte mich mit der Hand abtrocknen, mich säubern, sie wegwischen; ich tue es nicht. Um uns herum nur zertretene Zikaden mit abgerissenen Flügeln.
Wir kommen an der Haltestelle an, der Bus ist nicht da. Wir setzen uns auf eine niedrige Mauer, hinter uns ein erdiger Parkplatz: ein paar Autos und Gestrüpp. Scarmiglia zieht die Nase hoch, er hat einen dunklen Fleck am Hals, Autoschmiere oder ein erster abendlicher Schatten.
»Sie heißt Wimbow«, sagt er, den Blick geradeaus gerichtet. »Der Name kommt aus Mittelamerika. Von den Antillen, glaube ich. Er bedeutet ›Wind-Regenbogen‹.«
Auch hier, in dieser Straße, wie in allen Straßen Palermos, ist der Asphalt voller Risse. Aufgeplatzte Nähte einer schwarzen Decke, durch die das Böse in die Welt kommt. In diesem Moment ist mein Kopf schwarz und übersät mit aufgeplatzten Nähten. Und alles dringt ein: der Lärm der Autos, die Schreie der Kinder, das Bellen der streunenden Hunde, die in einer Meute zum Meer laufen, Scarmiglias Worte, die das kreolische Mädchen existieren lassen, die es in Realität verwandeln, indem sie ihm einen Namen und eine Herkunft geben. Die Biografie, die auf das Wesen Druck ausübt. Das Wort ›Wimbow‹ scheint mir kein Wort. Es kommt mir eher vor wie ein Naturlaut. Wie wenn das Wasser nachts fließt, die Luft verdrängt wird, sobald du hindurchgehst. Das Wort ›Wirrwarr‹ ist darin enthalten, das Wort ›Zucken‹. Das Wort ›Nimbus‹. Für
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