Die Glücksparade
denn?»
Ich erzählte ihm, am Samstagabend werde gegrillt, aber meinen Geburtstag erwähnte ich nicht.
Meinen Vater fand ich bei den Anglern. Sie spielten Karten an einem Uferabschnitt, der nicht befestigt war, sodass sich dort eine Bucht gebildet hatte. Es gab ein Tor im Zaun, das zu einer schrägen Betonrampe führte, über die Boote zum Wasser gebracht werden konnten, obwohl kaum je Urlauber mit Booten kamen, allenfalls mit Kajaks, in denen sie auf dem toten Arm herumpaddelten.
«Ich hätte nicht gedacht, dass ich hier so lange sitzen bleiben würde», sagte mein Vater, als er mich sah. «Eben hat mir der Wind meine Karten aus der Hand geweht. Ein Straight Flush. Der schwimmt jetzt in Richtung Nordsee.»
Die anderen drei lachten. Es waren Männer in Westen mit sehr vielen Taschen, alle etwa vierzig, vielleicht auch schon drüber. Sie waren zusammen angekommen, mit einem Landrover und einem großen Zelt. Ich konnte mir vorstellen, dass sie ihre Frauen und Kinder für ein paar Tage zu Hause gelassen hatten, um zusammen wegzufahren. Wahrscheinlich taten sie das jedes Jahr, seit sie nicht mehr jung waren.
«Männer», sagte mein Vater und trank einen Schluck Bier aus der Flasche. Er legte seine Karten verdeckt vor sich auf den Deckel einer grünen Plastiktruhe und stand auf. «Ich bin raus.»
Beim Essen war er gut gelaunt. Es gab Pellkartoffeln mit Quark, und obwohl er die genauso hasste wie ich, lud er sich eine riesige Portion auf, hielt mir die Schüssel hin und sagte, das werde uns aber schmecken heute Abend, nach eines harten Tages Arbeit.
Meine Mutter wollte wissen, was das für eine Arbeit gewesen sei. Sie nahm es ihm übel, dass die Kartoffeln inzwischen fast kalt waren.
«Ich hab Rekruten angeworben», sagte er. «Bei den Anglern. Einer von ihnen schickt mir seinen Schwager mit Familie her, für den Urlaub.»
«Und das erheitert dich so.»
Daraufhin schnitt er eine Grimasse. «Das ist doch besser als nichts», sagte er.
Die Feier sollte am frühen Abend beginnen. Der Himmel war diesig und verhangen, und während wir eine Biertischgarnitur aufstellten, war der Platz wie ausgestorben. «Die haben Angst, dass sie mit anfassen müssen, und haben sich verkrochen», sagte mein Vater.
Im Grill lagen noch zerfallene Kohlen vom letzten Jahr und eine Menge Zigarettenstummel. Als einer neben dem Eimer auf den Boden fiel und ich mich bückte, um ihn aufzuheben, sah ich, dass Spuren von Lippenstift daran waren. Ich leerte den Eimer in einer Mülltonne aus und stellte ihn wieder neben den Grill. Mein Vater holte zwei Tüten Eis, die er an einer Tankstelle gekauft hatte, schüttete den Inhalt, der schon zur Hälfte geschmolzen war, in den Eimer, um Bier darin zu kühlen, und wir warteten.
Es kamen die, die auch sonst meistens da waren. Die Ersten waren die Hellers. Aleki trug eine Schüssel mit Nudelsalat, ihr Mann ging zwei Schritte hinter ihr und telefonierte. Es gab keinen Zweifel daran, dass sie nur zu zweit waren. Trotzdem schaute ich weiter zu ihnen rüber und sah, wie Aleki meiner Mutter die Schüssel gab, und so merkte ich erst spät, dass Erik aus der anderen Richtung, vom Eingang her, über die Wiese ging und grinste. Er hatte nicht auf meine Nachricht reagiert, und dass er heute Abend einfach auftauchte, wunderte mich mehr, als es mich freute.
«Meine Mutter hat mich hergefahren», sagte er.
«Macht ja nichts», sagte ich.
«Stimmt.»
Nach einer Weile fragte er, wann ich eigentlich Geburtstag hätte.
«Morgen», sagte ich.
«Dann musst du noch warten auf dein Geschenk.»
Er stand, und ich saß noch immer, und als er sich endlich auf die Bank gegenüber gesetzt hatte, sagte er, er sei noch nie auf einem Campingplatz gewesen.
«Und was sagst du jetzt?», fragte ich.
Er hustete.
«Die Häuser sind nicht so hoch wie da, wo wir wohnen.»
«Das ist nicht schwer», sagte ich, obwohl ich gar nicht wusste, wo Erik wohnte. Ich wollte mir die Frage für später aufheben, denn mir fiel noch etwas anderes ein. Ich sagte, im hinteren Teil bei den Urlaubern gebe es einen richtig alten Wohnwagen, und fragte, ob er ihn sehen wolle. Der Wagen, den ich meinte, war kleiner als alle anderen und runder. Er schien aus nichts als ungestrichenem Blech und zwei Bullaugen zu bestehen.
Erik stand einfach auf, und wir gingen los. Ich deutete auf unseren Container und auf den Zwinger, in dem Benni lag, den Kopf auf den Pfoten, die er zwei oder drei Zentimeter durch die Stäbe gestreckt hatte, deutete auf die
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