Die Glücksparade
Bürohütte und die Duschen, und dazu sagte ich wie ein Reiseleiter:
Hier sehen Sie dies
und
hier sehen Sie das.
Nach wenigen Schritten merkte ich, dass es eigentlich nicht viel gab, was man nicht auch von allein sehen konnte.
Wir fanden den kleinen Blechanhänger schließlich zwischen zwei hohen und langen Wohnmobilen, die so viel größer waren, dass Erik zu lachen begann. Als wir zurückkamen, war schon mehr los, und mein Vater hatte den Grill angefeuert. Mit einer Holzzange schob er Würste hin und her. Klaus hielt einen Pappteller hin, und mein Vater griff eine Wurst.
«Die?», fragte er.
«Lieber die da», sagte Klaus und zeigte auf eine andere. «Wenn ich Krebs will, rauch ich lieber.»
Mein Vater legte die Wurst zurück auf den Rost und legte die andere auf den Teller. Klaus folgte uns an einen der beiden Tische.
«Schon gegessen?», fragte er und gab Erik die Hand. Fast gleichzeitig griff er zur Ketchupflasche und drückte sich einen riesigen roten Fleck neben die Wurst. Kauend fragte er Erik nach seinem Namen.
«Und, schon Pläne?»
«Wie, Pläne?», fragte Erik.
«Nach der Schule», sagte Klaus.
«Ich würde gern weggehen von hier», sagte Erik.
«Ach so. Und wohin?»
«Ich weiß nicht. Irgendwohin eben.»
«So richtig weit weg, so wie die Leute im Fernsehen, wie heißt das, die Sache mit den Auswanderern?»
«Mal sehen.»
«Und du, Junior?», fragte er und meinte mich.
«Keine Ahnung», sagte ich. «Erst mal die Schule fertig.»
Klaus legte die Stirn in Falten, als überlegte er, was er mir Großartiges anbieten könnte. Er sah angestrengt aus, und seine Backen schoben sich noch weiter aus dem Gesicht als sonst.
«Keine Ahnung, wie?»
«Nein», sagte ich. Es war die Wahrheit, ich wusste es nicht, obwohl ich mir vorgenommen hatte, eine Arbeit zu suchen, und vielleicht hasste ich die Frage deshalb, vielleicht hätte ich sie in jedem Fall gehasst. Aber ich mochte die Antwort, die Erik Klaus gegeben hatte. Sie hatte etwas Herausforderndes, auch wenn sie so vage klang. Ich hatte schon darüber nachgedacht, Koch zu werden, weil ich mir darunter etwas vorstellen konnte und weil andere das auch konnten. Ich hatte auch überlegt, Architekt zu werden, aber ich wusste, dass man dafür studieren musste, und das würde bedeuten, noch länger zur Schule zu gehen. Bei Koch war es immerhin leicht, noch eine kleine Geschichte drum herum zu erfinden. Koch auf einem Schiff. In einem Fischrestaurant. In einem Hotel, in Frankreich, in der Schweiz. Einem anderen als Klaus hätte ich das vielleicht erzählt, ihn aber wollte ich nicht in einen so unfertigen Plan einweihen und erst recht nicht in einen anderen. Dass eines Tages etwas passieren würde, wonach sich alles änderte und ich
die Bank sprengte
, wie mein Vater es nennen würde, das war eigentlich kein Plan, aber so nah dran, wie ich es mir vorstellen konnte. Obwohl ich nicht mehr so sehr daran glaubte wie noch vor zwei oder drei Jahren. Nicht, dass ich die Idee ganz aufgegeben hatte, aber ich hatte das Gefühl, es sei unangebracht, darüber zu sprechen, weil es andere dazu brachte, darüber zu lächeln und zu nicken oder sogar noch weiter nachzufragen. Egal, worum es ging, ich hatte begriffen, dass man Pläne für sich behalten und nur heimlich in die Tat umsetzen sollte. Wenn es schiefging, merkte es keiner.
«Ah, der Schatzsucher», sagte Klaus. Ich drehte mich um und sah Bubi bei meinem Vater stehen.
«Und, was gefunden?», rief Klaus. «Gold?»
Mit einer Wurst und einem Haufen Brot kam Bubi zu uns rüber. «Guten Abend, Männer», sagte er.
«Und? Was gefunden?», fragte Klaus zum zweiten Mal.
«Immer», sagte Bubi. Er trug heute eine ausgebeulte Bundeswehrhose mit hundert Taschen an den Beinen, und in eine griff er hinein. Dann legte er etwas vor mich hin, das aussah wie ein Stück von einem Blumentopf.
«Ist das ein Schatz oder was?», fragte Klaus.
«Das ist eine Scherbe», sagte Bubi. «Was denn sonst.»
Die Scherbe war halb so groß wie meine Hand, orange und auf einer Seite glänzend. Sie war dreieckig, an zwei Kanten abgebrochen, aber die dritte war rund und glatt. Ich drehte sie um. In der hohlen Innenseite klebte getrocknete Erde.
«Die ist alt», sagte Bubi.
«Wirklich?», fragte Erik. «Wie alt denn?»
«Sehr alt. Antik. Zweitausend Jahre oder so. Von einem römischen Gefäß, von einer Schale.»
Erik nahm mir die Scherbe aus den Fingern und befühlte sie vorsichtig. Er fuhr mit dem Daumen über die Kanten, krümelte ein paar
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