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Die Glut des Bösen: Kriminalroman (German Edition)

Die Glut des Bösen: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Glut des Bösen: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anette Huesmann
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würde, hier einzudringen und alles zu durchsuchen. Sie konnte passiven Widerstand leisten. Doch das würde er merken und ebenfalls dazu führen, dass er versuchen würde, ihr zu beweisen, dass sie ihn nicht aufhalten konnte. Sie konnte aber auch kooperieren, um zu versuchen, den Schaden so gering wie möglich zu halten. Sie musterte ihn. Grieser hatte ruhig abgewartet, als wüsste er, dass sie eine Entscheidung treffen musste.
    Schwester Lioba erhob sich und ging zu dem Büroschrank, der neben der Tür die Wand füllte. Es war ein moderner Schrank aus Spanplatten mit dunklem Eichenfurnier. Sie drückte die Tür auf und prüfte die Unversehrtheit des kleinen Tresors, der darin untergebracht war. Dann nahm sie den Schlüsselbund aus ihrer Tasche und öffnete ihn. Neben den Einnahmen des Klosterladens aus den vergangenen Tagen lag in der Schublade der schwere eiserne Ring mit den glänzenden Ersatzschlüsseln. Schwester Lioba prüfte den Schlüsselbund und sagte: »Alle Schlüssel sind da, es fehlt keiner.« Sie verschloss den Tresor und zog sich mit der Linken am Schrank hoch. Sie war müde und hatte das Gefühl, im Laufe des Tages um Jahre gealtert zu sein. Sie senkte den Kopf für ein kurzes Stoßgebet. Dann wandte sie sich um.
    »Könnte jemand den Leichnam auf anderem Weg ins Kloster gebracht haben?«, fragte sie und kehrte zum Schreibtisch zurück.
    »Die Klostermauern sind sehr hoch. Da hätte man eine lange Leiter gebraucht. Mit der wiederum wäre es schwierig gewesen, den Leichnam sozusagen huckepack mitzunehmen. Das ist eher unwahrscheinlich.«
    Auf einmal fror sie. Sie mochte sich nicht ernsthaft ausmalen,wie jemand auf einer Leiter über die Klostermauern kletterte und dabei Miriams Leichnam auf der Schulter balancierte.
    »Sind alle Schlösser unversehrt?«, fragte sie.
    »Das prüfen meine Leute gerade.« Grieser nickte.
    Schwester Lioba fühlte sich schlecht. Sie hätte ihm einige Gründe nennen können, warum Miriam sterben musste. Doch nach dem Gespräch mit Windisch am Morgen musste sie schweigen. Miriam würde davon auch nicht wieder lebendig, hatte er gesagt, und sie hatte ihr Geheimnis vermutlich mit ins Grab genommen. Also gab es keinen Grund mehr, der Polizei alles zu sagen.
    »Ich habe noch eine Frage an Sie«, unterbrach Grieser ihre Gedanken.
    Schwester Lioba sah ihn nachdenklich an. Für Windisch hing viel davon ab, dass sie den Mund hielt. Doch sie riskierte damit, sich und den ganzen Konvent in diese Geschichte mit hineinzuziehen. Mal ganz davon abgesehen, dass ein Mörder frei herumlief. Aber sie war sicher, dass er es nur auf Miriam abgesehen hatte.
    Besorgt musterte sie den Hauptkommissar und versuchte zu deuten, was sie in seinen Augen las. Die Ungeheuerlichkeit der Vermutung, dass die Mörderin eine der Schwestern des Konvents gewesen sein könnte, war eigentlich nicht zu überbieten. Sie nickte.
    »Ihre Vorgängerin ist vor etwa acht Wochen gestorben«, sagte er bedächtig. »Was war die Todesursache?«
    »Herzversagen«, erwiderte Schwester Lioba ohne Zögern. »Ihr Herz war müde und ist eines Nachts einfach stehengeblieben. Wir haben sie am anderen Morgen tot in ihrem Bett gefunden.«
    »Wie heißt der Arzt, der den Totenschein ausgestellt hat?«, fragte Grieser.
    »Ertelt«, erwiderte Schwester Lioba und beobachtete, wie Grieser den Namen in sein Notizbuch eintrug. »Doktor Ertelt. Er hat seine Praxis hier in Bingerbrück, nur zwei Straßen weiter.«
    Erst dann dämmerte ihr, warum Grieser danach fragte.
    »Sie wollen nicht ernsthaft behaupten...«, begann Schwester Lioba. Ihre Stimme klang in ihren eigenen Ohren ungewohnt tief.
    »Ich behaupte gar nichts«, sagte Grieser ruhig und schob den Kugelschreiber zurück in die Brusttasche. Dann verstaute er sein Notizbuch in einer Innentasche seiner Jacke. »Ich prüfe lediglich, ob sich ein Zusammenhang finden lässt zwischen dem Mord und der Umgebung, in der die Leiche aufgefunden wurde.«
    »Unsere verehrte Äbtissin, Mutter Mechthild, ist an Herzversagen gestorben«, sagte Schwester Lioba fest. »Sie hat sich schon in den Monaten davor nicht mehr gut gefühlt und sich um eine Nachfolgerin für ihr Amt bemüht. Es gibt keinerlei Zusammenhang zwischen dem Mord an meiner armen Schulfreundin und dem Tod meiner Vorgängerin.«
    »Es bleibt mir nichts anderes übrig, Schwester Lioba, als jedem Hinweis nachzugehen«, sagte Grieser bedauernd. »Wir müssen zumindest die Möglichkeit prüfen, ob es einen Zusammenhang gibt. Das Wichtigste im

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