Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Glut des Bösen: Kriminalroman (German Edition)

Die Glut des Bösen: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Glut des Bösen: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anette Huesmann
Vom Netzwerk:
lateinischen Sprache und Literatur. Außerdem forsche ich über Hildegard von Bingen.«
    Emma warf ihm einen Seitenblick zu. »Gestern habe ich angenommen, dass Sie Theologe sind.«
    Hertl schmunzelte. »Ja, das war durchaus in der Überlegung. Am Ende habe ich mich gegen die Theologie und für Lateinische Philologie entschieden. Dort habe ich mehr Freiheiten, was die Interpretation der Schriften Hildegards von Bingen betrifft.«
    »Sie haben gestern erzählt, dass Sie gemeinsam mit der Äbtissin und einigen anderen Gästen des Klosters das Internat Hildegard von Bingen in Heidelberg besucht haben.«
    Steine knirschten unter ihren Sohlen.
    »Ich glaube nicht, dass ich erzählt habe, wo sich das Internat befand«, antwortete er vorsichtig. Emma spürte die Anspannung, die seine Stimme tiefer klingen ließ. Ein Radfahrer kam ihnen entgegen. Hertl trat zur Seite und machte den Weg frei. Dann ging er schneller, bis er wieder auf Emmas Höhe war.
    »Mein Vater ist Schulleiter im Hildegard-von-Bingen-Internat in Heidelberg«, sprach Emma weiter. »Deshalb habe ich ganz automatisch angenommen, dass Sie dort zur Schule gegangen sind.«
    Eine Windböe streifte ihr Gesicht. Hertl blieb stehen.
    »Was wollen Sie eigentlich von mir?«, fragte er unwirsch. »Sie haben mich unter einem Vorwand hierhergelockt.«
    Emma ging an ihm vorbei und trat an den Rand des Wegs. Dort blieb sie stehen und wandte sich ihm zu.
    »Wissen Sie«, sagte sie zögernd und suchte seinen Blick, »gestern habe ich gehört, dass der Mord im Kloster mit denVorgängen damals im Heidelberger Internat zusammenhängt. Mein Vater war zu der Zeit stellvertretender Schulleiter dort und geriet in Bedrängnis, weil er verdächtigt wurde, er hätte etwas mit dem Selbstmord von Bruder Benedikt zu tun. Unsere Familie ist daran zerbrochen. Ich möchte gern herausfinden, was wirklich passiert ist.«
    Emma sah ihn an. Hertl erwiderte ihren Blick einen Moment lang, dann wandte er sich ab. Emma fürchtete, er würde sie stehenlassen und ins Kloster zurückkehren. Bittend hob sie die Hand, wollte etwas sagen. Doch er nahm ihren Spaziergang wieder auf. Emma folgte ihm.
    »Hildegard von Bingen war eine faszinierende Frau«, begann er. »Ich, Schwester Lioba und die anderen, wir konnten damals nicht genug von ihr hören. Wir waren in einer AG, die sich mit ihr beschäftigt hat. Bruder Benedikt leitete diese AG. Er war regelrecht besessen von Hildegard.«
    Ein Schwarm Krähen senkte sich vor ihnen herab bis dicht über den Boden, flog einige Meter über die Wiese und drehte kurz vor dem Rheinufer ab.
    »War er Religionslehrer?«, fragte Emma.
    »Wie alt waren Sie damals?«, fragte Hertl zurück.
    »Ich war dreizehn.«
    »Erinnern Sie sich an Bruder Benedikt?«
    Emma schüttelte den Kopf. »Ich weiß nur, was mein Vater erzählt hat. Das war nicht viel. Später haben er und meine Mutter oft gestritten, dabei ist immer wieder der Name von Pater Benedikt gefallen.«
    »Pater Benedikt war Biologielehrer und ein sehr gläubiger Mensch. Er stand mit beiden Beinen im Leben, sein Glaube war unerschütterlich.«
    »Beneidenswert«, sagte Emma. Sie meinte es ernst.
    Hertl blickte sie forschend an. »Außerdem war er fest davon überzeugt, dass Hildegard von Bingen von den Theologender katholischen Kirche unterschätzt wird, dass sie der Menschheit noch mehr zu sagen hat.«
    Ein Jogger mit hautenger Sportkleidung in Signalfarben näherte sich und umrundete sie mit einem weiten Bogen durch die Wiese.
    »Ich habe ihn bewundert«, erzählte Hertl weiter, »vor allem, weil er lebte, woran er glaubte. Auch wenn er dafür Opfer bringen musste.«
    Emmas Handy meldete sich mit einem schrillen Klingeln. Sie tastete in ihrer Manteltasche danach und drückte das Gespräch weg, ohne auf das Display zu sehen. Hertl warf ihr einen dankbaren Blick zu.
    »Als Biologe hat ihn besonders das naturwissenschaftliche Werk Hildegards von Bingen interessiert.«
    »Wieso naturwissenschaftlich?«, fragte Emma.
    Hertl lächelte. »Die meisten kennen sie nur als Benediktinerin und Theologin, dabei war sie weit mehr. Ihr erstes großes Werk drehte sich um die Glaubenslehre. Ihr zweites Buch trug den Titel ›Das Buch von den Geheimnissen der verschiedenen Naturen der Geschöpfe‹ und beschäftigte sich mit der Tier- und Pflanzenwelt und auch sehr ausführlich mit dem Menschen. Sie machte sich Gedanken über Krankheiten und ihre Ursachen, über Heilungsmöglichkeiten und über die Vorbeugung von Erkrankungen.«
    »Die

Weitere Kostenlose Bücher