Die Glut des Bösen: Kriminalroman (German Edition)
fragte Schwester Maria mit festerer Stimme.
»Ja«, erwiderte Emma.
Schwester Maria nickte ihr aufmunternd zu. »Es wird Zeit, dass einige Dinge geklärt werden. Egal, was dabei herauskommt. Schweigen schadet unserer Gemeinschaft und auch der Kirche. Besonders der Kirche«, bekräftigte sie und eilte über die Wiese zum Kloster zurück.
15. Kapitel
Wenn solche Männer aus irgendwelcher Notwendigkeit heraus, sei es aus Scham oder aus Furcht oder aus Liebe zu Gott getrieben, die Weiber fliehen wollen, dann müssen sie diese wie Gift meiden und sich vor ihnen flüchten, weil es ihnen zu schwer fällt und weder irgendwelches Schamgefühl noch auch der Wille zur Enthaltsamkeit sie davon zurückhalten können, die Frauen zu umarmen, wenn sie sie erblicken.
Der Mann hatte kurzgeschnittene braune Locken und ein freundliches Gesicht mit einem tiefen Grübchen in der Mitte seines Kinns. Grieser betrachtete Markus Hertl nachdenklich und fragte sich, was seinen Charme ausmachte. Den hatte er ohne Zweifel. Vielleicht war es sein ansteckendes Lächeln, vielleicht auch seine freundlichen braunen Augen.
»Wir haben Mails von Ihnen auf dem Computer von Miriam Schürmann gefunden«, sagte Sabine Baum.
»Wir haben in den Tagen vor der Feier gemailt, weil wir noch ein Geschenk für Schwester Lioba brauchten«, erwiderte Hertl.
»Das klang in Ihren Mails aber anders«, stellte Baum fest. Sie zog einige lose Blätter zu sich her, die neben ihr auf demTisch lagen. Sie legte das oberste Blatt zur Seite und begann vorzulesen.
»Es wird langsam Zeit, dass du dein Pfand herausgibst. Die Sache ist längst verjährt.«
Baum blätterte und überflog den Text, bis ihr Blick an einer Stelle hängenblieb.
»Komm mir nicht mit Ausreden«, las sie vor. »Ich will es haben, und ich werde es bekommen. Verlass dich darauf. Wenn es sein muss, setze ich dir die Pistole auf die Brust, im wahrsten Sinne des Wortes.«
Baum schob die Blätter zur Seite und wandte sich wieder an Hertl.
»Klingt mir eher nach einer Drohung als nach einem gemeinsamen Geschenk. Was wollten Sie von ihr?«
Ein Lächeln umspielte Hertls Lippen. »Okay, ich verstehe, was Sie meinen. Klingt nicht nach einer Geschenkabsprache.«
Grieser musterte ihn. Hertl wirkte noch immer souverän. Sein Atem ging gemächlich, seine Hände lagen ruhig auf seinen Knien, und die Pupillen seiner Augen waren unverändert.
»Miriam hatte ein Buch von mir. Noch aus unserer Schulzeit. Das wollte ich wieder haben.«
Sabine Baum war sprachlos. Grieser rieb sich das Gesicht, um ein Lachen zu verbergen.
»Reichlich harte Worte, nur um ein geborgtes Buch wiederzubekommen«, sagte Grieser.
»Ich habe sie schon einige Male darum gebeten«, erwiderte Hertl lächelnd. Er zögerte kurz und fuhr dann fort. »Diesmal wollte ich sicher sein.« Er hob bedauernd die Hände. »Das klingt für Sie sicher merkwürdig. Ich kann Ihre Skepsis verstehen. Aber ich war wütend auf sie, und da ist mein Temperament mit mir durchgegangen.«
Hertl machte auf Grieser nicht den Eindruck, als würde er wegen eines Buchs die Kontrolle verlieren. Auch Baum musterte Hertl skeptisch. Sie blätterte in den ausgedruckten E-Mails und hielt schließlich inne.
»Wenn es sein muss, setze ich dir die Pistole auf die Brust, im wahrsten Sinne des Wortes«, wiederholte sie.
Hertl zuckte die Achseln.
»Wenn es sich um ein Buch handelt«, sagte Baum scharf, »dann haben Sie sich mehr als nur im Ton vergriffen. Das war eine handfeste Drohung.«
Hertls Blick verfinsterte sich. Er stützte beide Unterarme auf seine Knie und lehnte sich weit über den Tisch Baum entgegen. »Ich wollte dieses Buch haben, weil es mir zusteht.«
»Erzählen Sie mir doch nicht solchen Blödsinn!« Sabine Baum stand auf. Die Metallkufen des Stuhls schrappten mit einem unangenehmen Geräusch über die Fliesen. Sie ging ein paar Schritte zu einem der Fenster und blieb stehen. Dann überkreuzte sie die Arme, kehrte zum Tisch zurück und baute sich vor Hertl auf. »Was hat Ihnen Frau Schürmann darauf geantwortet?«
Hertl runzelte die Stirn. »Sie ist natürlich nicht darauf eingegangen. Aber Sie müssten Ihre Antworten haben, die hat sie doch sicher gespeichert, genau wie meine Mails.«
»Hat sie auch«, mischte sich Grieser ein. »Leider sind die Mails von Frau Schürmann an Sie genauso wenig aussagekräftig wie Ihre.«
Baum warf Grieser einen scharfen Blick zu. Der Hauptkommissar ignorierte ihre stummen Proteste und stellte Hertl ein paar
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