Die Glut des Bösen: Kriminalroman (German Edition)
Ich weiß nur, dass ich es so schnell wie möglich vergessen wollte.«
»Das scheint Ihnen gelungen«, erwiderte Baum gedehnt.
Schwester Lioba nickte und lächelte freundlich. Baum schwieg. Sie musterte die Hände der Äbtissin, die gefaltet auf dem Schreibtisch lagen. Weit entfernt war ein startender Motor zu hören.
»Haben Sie noch weitere Fragen an mich?«, fragte Schwester Lioba leichthin. »Ansonsten würde ich gern zu meinen Mitschwestern zurückkehren.«
Die Oberkommissarin schwieg und hielt den Blick der Ordensfrau fest. Sie glaubte, Ärger darin zu sehen und noch etwas anderes, das sie nicht zuordnen konnte. »Wenn Ihnen wieder einfällt, warum Sie gestritten haben, dann sagen Sie es mir bitte«, erwiderte Baum schließlich.
17. Kapitel
Haben sie mit Frauen Verkehr, dann sind sie gesund und vergnügt; müssen sie aber deren Umgang entbehren, dann verdorren sie in sich selbst und gehen wie Sterbende einher, es sei denn, daß sie in üppigen Träumen oder Gedanken oder auf irgendwelchem widernatürlichen Wege den Schaum ihres Samens ausgießen.
»Zum Wohl«, sagte Paul und hob sein Glas. Grieser erwiderte sein Lächeln und griff nach dem Bier vor sich. Sie tranken und stellten die Gläser zurück.
»Was für ein Zufall, dass du heute wieder in Heidelberg bist«, sagte Paul und wickelte sein Besteck aus einer Papierserviette. Auf seinem Teller lagen drei Gemüsepuffer und Salat. Grieser hatte sich Bratwürste mit Bratkartoffeln bestellt. Auch er griff zum Besteck.
Grieser zuckte mit den Achseln. Er wirkte zurückhaltender als gestern. Paul musterte ihn kritisch.
»Schön, dass du dich gemeldet hast«, sagte Grieser.
Paul schmunzelte. Emma hatte ihn vor zwei Stunden angerufen und erzählt, dass sie Grieser im Kloster Altdorf gesehen hatte. Das sagte er allerdings nicht. Eigentlich hatte er noch warten wollen, bevor er sich erneut bei ihm meldete.Doch er war neugierig, was Grieser ein zweites Mal nach Heidelberg führte. Das konnte nur einen dienstlichen Grund haben.
»Kommt ihr mit eurem Fall weiter?«, fragte er. Die Gemüsepuffer schmeckten nach Karotten und Zucchini.
Grieser zuckte mit den Achseln. Er kaute und sah sich um. Der
Schwarze Peter
war gut besucht und die Lautstärke entsprechend. In der Gaststube dominierte helles Holz, es gab kaum Textilien, die den Schall der Stimmen dämpften. Paul war dankbar, dass keine Musik gespielt wurde. So blieb der Geräuschpegel erträglich.
»Warum bist du in Heidelberg?«, versuchte es Paul erneut. Hinter Grieser saßen an einem runden Tisch mehrere Kartenspieler, die schweigend über ihren Blättern brüteten.
»Triffst du dich nur mit mir, um mich auszuhorchen?« Griesers Stimme klang ruhig, aber seine Augen blitzten.
»Du warst im Kloster Altdorf, im Internat«, sagte Paul nach kurzem Schweigen. »Emma hat mir erzählt, dass sie dich gesehen hat. Gerhard Lehmann geriet damals in Verdacht, dass sein strenges Verhalten Pater Benedikt gegenüber der Auslöser für dessen Selbstmord war. Sogar seine Frau hat ihm deshalb Vorhaltungen gemacht.«
»Woher weißt du?«, fragte Grieser. Sein Blick verfinsterte sich. »Und woher weißt du, dass wir in diese Richtung ermitteln?«
»Gerhard Lehmann ist Emmas Vater.« Paul faltete die Serviette zusammen und legte sie auf den Teller. »Es spricht einiges dafür, dass damals in der Nacht von Samstag auf Palmsonntag etwas vorgefallen ist. Pater Benedikt war ab Palmsonntag wie ausgewechselt, bis er sich dann am Ostersonntag umbrachte.«
Grieser musterte ihn nachdenklich. Paul konnte seinen Gesichtsausdruck nicht deuten.
»Palmsonntag«, erwiderte Grieser schließlich und strich sich die Haare aus der Stirn, »der Tag, an dem die Leiche von Miriam Schürmann gefunden wurde. Gestorben ist sie in der Nacht von Samstag auf Sonntag.«
»Vor zwanzig Jahren hat der Mönch in der gleichen Nacht etwas erlebt, was ihn in den Selbstmord getrieben hat«, ergänzte Paul.
»Vielleicht«, sagte Grieser zweifelnd, »vielleicht gab es ein solches Ereignis. Lehmann zumindest scheint etwas bemerkt zu haben. Damals hat er jedenfalls ausgesagt, er hätte ihn darauf angesprochen. Doch heute will er sich an nichts mehr erinnern.« Grieser trank einen Schluck Bier.
»Woher stammt deine Erkenntnis?«
Paul zögerte. Grieser erwiderte ruhig seinen Blick und wartete.
»Schwester Maria vom Kloster Altdorf hat das erzählt«, antwortete Paul. »Das weiß ich von Emma. Und ihr Vater hat ihr von dem Gerücht erzählt, dass
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