Die Glut des Zorns (Billy Bob Holland) (German Edition)
wateten durchs seichte Wasser, sprangen an den tiefen Stellen von einem Felsblock zum anderen, tauchten dann bis zur Brust ein und trotteten weiter, bis sie klatschnass hinter dem Garten ans Ufer gelangten.
Maisey war im Badezimmer, zog sich gerade aus und wollte unter die Dusche gehen, als sie hörte, wie die Mülltonnen schepperten. Sie wischte die feuchte Fensterscheibe ab, schaute zur Scheune hin und sah die Bären, die soeben eine Elastikschnur vom Deckel der Mülltonne rissen und mit dem Maul einen Plastiksack herauszerrten. Eines der Jungtiere wühlte in dem aufgeplatzten Sack herum und schleuderte den Müll nach hinten.
Sie ging unter die Dusche und ließ das heiße Wasser über sich laufen, bis ihre Haut gerötet war. Als sie sich abtrocknete, war die Scheibe mit Dampf beschlagen, aber sie glaubte eine Bärentatze zu sehen, die sich ans Glas drückte. Sie schlang sich ein Handtuch um den Kopf und ging zum Fenster, beugte sich erst zur einen, dann zur anderen Seite, und versuchte etwas zu erkennen, dann wischte sie ein Guckloch frei.
Ein junger Mann starrte sie an. Er trug eine Brille, ließ den Blick über ihren nackten Körper schweifen und verzog den Mund, als wollte er etwas sagen.
Ich saß im Wohnzimmer, als ich ihren Schrei und dann die hastigen Schritte hörte, als draußen jemand davonrannte. Ich nahm Docs .03er Springfield vom Gewehrständer, trat aus der vorderen Tür und ging ums Haus herum. Noch immer zuckte das Wetterleuchten in den Wolken und tauchte das Tal in weißes Licht. Ich sah einen schlaksigen Mann, der an der Scheune vorbei in Richtung Fluss rannte.
Ich hebelte eine Patrone in die Kammer und schob den Verschluss zu, schlang mir den Ledergurt um den linken Arm und drückte die Springfield an die Schulter. Mit Kimme und Korn erfasste ich das Ziel, suchte mir einen Vorhaltepunkt und wartete, bis der nächste Blitz aufflackerte.
Möglicherweise hatte er mich gesehen, denn allem Anschein nach wusste er, dass jemand auf ihn angelegt hatte. Wie ein Hirsch setzte er über eine Steinmauer, rannte dann im Zickzack übers offene Gelände und blickte einmal zurück, als ob sich jeden Augenblick eine Kugel zwischen seine Schulterblätter bohren könnte. Als der nächste Blitz durch die Wolken zuckte, sah ich seine Brille aufleuchten, sah die braunen Haare und den schmalen, fast mädchenhaft zierlichen Körper.
Ich hielt ein Stück vor und gab einen Schuss ab, doch die Kugel prallte an die Felsen und verlor sich jaulend in der Dunkelheit.
Der flüchtende Mann verschwand im Wald.
Maisey kam im Bademantel auf die Veranda, hatte nach wie vor das Handtuch um den Kopf geschlungen.
»Er war am Badezimmerfenster. Er hat mich beim Duschen beobachtet«, sagte sie.
»Hast du ihn erkannt?«, fragte ich.
»Die Scheibe war beschlagen. Ich habe ihn nur einen Moment lang gesehen.«
»Vielleicht wollte er bloß vom Highway aus ein bisschen spazieren gehen«, sagte ich, wich aber ihrem Blick aus. Ich warf die leere Hülse aus, drückte mit dem Daumen auf die Patronen im Magazin und schob den Verschluss vor, damit keine in die Kammer sprang, lehnte die Büchse dann ans Verandageländer und verfolgte die Spur des Spanners vom Badezimmerfenster bis zur Scheune und dem Weidezaun, über den er geklettert war.
Ein Benzinkanister, dessen Inhalt sich auf die Erde ergoss, lag neben der untersten Zaunstange.
Ich rief in der Sheriff-Dienststelle an. Eine halbe Stunde später ging ein großer, übermüdet wirkender Deputy, der einen schwarzen Schnurrbart hatte, mit mir zum Zaun und blickte auf den Kanister und dann zum Haus. Sein Atem dampfte in der feuchten Luft.
»Benzin wollte er sich jedenfalls nicht borgen. Der Kanister war fast voll. Er war am Fenster und hat das Mädchen angeglotzt?«, sagte er.
»Ja.«
»Sieht so aus, als ob er Ihr Haus abfackeln wollte und abgelenkt wurde. Ich würde sagen, Sie haben Glück gehabt.«
»Ich glaube nicht, dass die Familie Voss darüber so glücklich ist, Sir«, sagte ich.
»War nicht so gemeint. Der eine oder andere hier in der Gegend hätte ihn erschossen und die Leiche durch die Tür gezerrt. Wer könnte das Ihrer Meinung nach gewesen sein?«
»Habt ihr eine Akte über einen gewissen Terry Witherspoon, einen Jungen aus North Carolina?«
Am Mittwochmorgen nahm Doc in der Küche einen Anruf auf dem Funktelefon entgegen, reichte mir dann den Hörer und ging hinaus.
»Ich versuche gerade, dahinter zu kommen, was du unter einer Beziehung verstehst. Aber
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