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Die Göring-Verschwörung

Die Göring-Verschwörung

Titel: Die Göring-Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Achim Müller Hale
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im strömenden Regen der Berliner Nacht. An der Vordertür war ein quadratisches Emblem aufgemalt, das Reichsadler und Hakenkreuz vor grün-weißem Hintergrund zeigte. Die Beamten in ihren langen Ledermänteln bedeuteten Clarson, auf dem Rücksitz zwischen ihnen Platz zu nehmen. Der Fahrer ließ den Motor an, ohne dass Worte gewechselt wurden.
    Von der gegenüberliegenden Straßenseite tauchte plötzlich eine Gestalt aus der Dunkelheit auf und lief auf den Wagen zu. Unter einem Damenhut, der im Regen seine Form verloren hatte, erkannte Clarson Arianes verweintes Gesicht. Völlig durchnässt und aufgelöst schlug sie mit ihren schmalen Fäusten gegen die Fensterscheibe und rüttelte an der verriegelten Wagentür. Die Kriminalbeamten schauten einen Augenblick irritiert, dann blaffte einer von ihnen den Fahrer an: »Nun fahr schon los, verdammt noch mal!«
    Der Wagen rollte an, Ariane versuchte noch Schritt zu halten und stolperte in ihren hohen Absätzen hinterher. Clarson verlor sie bald aus den Augen.
    Es sah ihr ähnlich, alle rationalen Verhaltensmöglichkeiten in den Wind zu schlagen, doch was zum Teufel hatte sie vor dem Polizeipräsidium verloren? Er verfluchte die unsinnige Idee, als Privatspion nach Deutschland zu gehen und sich Mächten auszusetzen, die er nicht kannte und nicht kontrollieren konnte. Er verfluchte den gottverlassenen Wardley, der sich vermutlich auf eigene Initiative in eine undurchsichtige Verschwörung verstrickt hatte und dem dann nichts Besseres eingefallen war, als ihn in die Sache hineinzuziehen.
    Vorsichtig bahnte sich der Opel einen Weg durch die Pfützen auf dem Asphalt, während der Regen in einem lautstarken Trommelfeuer auf das Blech des Verdecks niederging. Die kleinen Scheibenwischer hatten Mühe, der Wassermassen auf der Windschutzscheibe Herr zu werden. Die Männer in ihren Ledermänteln blickten finster und schwiegen.
    Nach einer langen Fahrt durch enge Berliner Gassen bog der Wagen schließlich auf den Boulevard Unter den Linden ein, erreichte den Pariser Platz und hielt vor dem Eingang des Adlon.
    »Steigen Sie aus«, sagte der Polizist zu seiner Rechten tonlos. »Die Ermittlungen gegen Sie sind eingestellt   – zumindest vorläufig. Ihren Pass behalten wir bis auf Weiteres.«
    Clarson sagte kein Wort, wusste nichts zu sagen und kletterte an dem Polizisten vorbei aus dem Wagen. Erst als er mit beiden Beinen auf der Straße stand, begann er zu verstehen, was hier passierte. Er wandte sich um, steckte den Kopf zurück in den Wagen und blickte die beiden mürrischen Beamten an. »Warum?«
    »Seien Sie froh, dass Sie mächtige Freunde haben, sehr mächtige. Und jetzt hauen Sie ab.«

13
    An einem Frühlingsmorgen die Sonne im Gesicht zu spüren, kam dem Gefühl neu einfließender Lebensenergie gleich. Nach dem Ungemach der vergangenen Nacht genoss Clarson die klare, kalte Luft. Ariane und er flanierten durch den Tiergarten, Berlins grüne Oase westlich des Brandenburger Tors. Seit ihrem Einzug ins Adlon machten sie hier regelmäßig ausgedehnte Spaziergänge, um sich unbehelligt von möglichen Abhörversuchen besprechen zu können.
    Ariane hatte gestern geduldig im Restaurant ausgeharrt und als man sie schließlich herauskomplimentiert hatte, war sie zur Tivoli-Bar gelaufen und hatte dort von den Ereignissen gehört. Durch den strömenden Regen war sie zum Polizeipräsidium marschiert, entschlossen, solange eine Szene zu machen, bis man ihr Zutritt zu ihm gewähren würde. Sie hatte das Amt gerade rechtzeitig erreicht, um mitzuerleben, wie Clarson in den Wagen geladen wurde. Im Präsidium hatte sie daraufhin aufgebracht Auskunft darüber verlangt, wohin man ihn bringen würde. Den Beteuerungen der Beamten, er sei frei und werde soeben zurück zu seinem Hotel gefahren, hatte sie nicht glauben wollen. Schließlich hatte man auch sie in einen Polizeiwagen gesetzt und zurück ins Adlon gebracht.
    »Wir buchen noch heute den Heimflug«, stellte Ariane kategorisch fest.
    Clarson stützte bei jedem Schritt sein gesamtes Gewicht auf den Stock und fiel hinter seiner Frau zurück. Ariane drehte sich um und schaute ihn an, als sei sein Hinken bloße Schauspielerei. »Du bist unglaublich«, schüttelte sie den Kopf. »Du willst wirklich hierbleiben?«
    Clarson trat an einen der kleinen Teiche der Parkanlage. Ein paar Enten watschelten herbei, in der Hoffnung auf Brotkrumen.
    »Ich weiß nicht, vielleicht sollte ich.«
    Nichts lag ihm ferner, als Gefahr um ihrer selbst willen zu suchen.

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