Die Götter - Das Schicksal von Ji: Die Götter 4 - Roman (German Edition)
dämonischer Schrei, der durch das Tal gellte, in die Wirklichkeit zurück. Es war eine weibliche Stimme, und Guederic hatte sie in der vergangenen Nacht schon einmal gehört.
Zuïa.
Der Schrei wirkte auf Guederic wie ein Schwall kaltes Wasser und riss ihn aus seinem Rausch. Plötzlich kam ihm das Gespräch mit Zejabel in den Sinn. Seine Tante hatte sich bemüht, ihm den Unterschied zwischen der Dämonin und ihm selbst, dem jüngsten Spross der Familie von Kercyan, zu erklären. Aber was, wenn Zejabel irrte?
Verwirrt blickte sich Guederic um; ihm war, als sähe er die Szene zum ersten Mal. Der Kampf war vorbei, die Verdammten waren in den Schatten zurückgewichen. Sie mieden den Lichtschein der Fackeln, lauerten aber immer noch ganz in der Nähe. Die Gefahr war also nicht gebannt. Rings um die Pforte lagen zahlreiche Leichen, dort, wo die Gefährten vor kaum einem Dekant im Gras gesessen hatten, als Damián ihnen von den Ehrwürdigen erzählt hatte.
Abermals gellte der dämonische Schrei durch das Tal. Schaudernd begriff Guederic, dass die Kreatur ganz in der Nähe war. Als die Bestien, die in der Dunkelheit lauerten, jäh davonstoben wie die Hasen, bekam er es mit der Angst zu tun.
Plötzlich waren die Gefährten allein, und nach dem Kampfgetümmel dröhnte ihnen die Stille in den Ohren. Keuchend standen sie da und musterten sich gegenseitig. Sie waren verletzt und entkräftet, die Gesichter rußschwarz, das Haar versengt, die Kleider zerrissen und verschmiert, die Waffen blutverkrustet. Wortlos rückten sie enger zusammen und bildeten ein Bollwerk gegen die Kreatur, die sich jeden Moment auf sie stürzen konnte. Nur Damián, der Nol über die Stirn strich und ihm etwas ins Ohr flüsterte, hielt sich im Hintergrund. Hatte er es etwa geschafft, den Greis zum Leben zu erwecken? Und hatte der Verwundete noch genug Kraft in sich, um ein Wunder zu vollbringen?
Im nächsten Moment verlor die Frage an Bedeutung: Zuïa brach aus der Dunkelheit hervor.
Instinktiv wichen die Erben zurück. Selbst Zejabel machte einen Schritt nach hinten, dabei wussten alle, wie sehr sie ihre einstige Herrin hasste. Aber die Kreatur war einfach zu abscheulich. Von allen Wiedergeburten des Karu war sie am höchsten entwickelt– und damit am grauenvollsten.
Zuïa überragte die Sterblichen um mindestens fünf Fuß, und nur der Torso erinnerte noch an die einst menschliche Gestalt der Dämonin. Der Rest des monströsen Leibs entstammte dem Tierreich: Zuïa hatte den Kopf und die Beine einer Riesenspinne.
Acht gepanzerte Gliedmaßen trugen den weiblichen Rumpf und mündeten am unteren Ende jeweils in einen Stachel von der Größe eines Dolchs. Das kleinste Paar wuchs aus den Schultern und erinnerte entfernt an menschliche Arme. Nun richtete sich Zuïa auf die Hinterbeine auf und reckte den Erben bedrohlich ihre Stacheln entgegen.
Die Riesenspinne würde jeden Moment zum Angriff übergehen. Guederic musste handeln, und wenn er nur versuchte, sich in Sicherheit zu bringen– doch er konnte nichts anderes tun, als das albtraumhafte Wesen fasziniert anzustarren. Er war von dem Anblick wie hypnotisiert, als hätte die Dämonin ihn in ihren Bann geschlagen. Seine Gefährten rührten sich ebenfalls nicht. Alle starrten wie gelähmt auf die Facettenaugen, die mahlenden Mundwerkzeuge und den rötlichen Panzer, unter dem sich die Reste von menschlichen Gliedmaßen verbargen. War diese Bestie tatsächlich einst ein kleines Mädchen gewesen? Ein Menschenkind, das sich im Lauf der Zeit in diese abscheuliche Kreatur verwandelt hatte? Erwartete dieses Schicksal etwa auch Guederic?
Bei diesem Gedanken schüttelte er sich vor Abscheu und kam wieder etwas zu Sinnen. Als Zuïa zum Angriff überging und zwei messerscharfe Stacheln auf Zejabel zuschnellten, überließ sich Guederic ganz und gar seinen Reflexen. Er schlug mit voller Kraft zu und trennte eins der gepanzerten Beine ab, bevor es sein Opfer erreichte. Das Ungeheuer zuckte zurück, aber nicht weit genug: Der zweite Stachel durchbohrte Zejabel direkt unter dem Schlüsselbein.
Die böse Verletzung, die Zuïa dem ältesten Mitglied ihrer kleinen Schar zugefügt hatte, riss die Erben aus ihrer Erstarrung. Josion packte seine Mutter, zog sie ein Stück zurück und befreite sie unsanft von dem gewaltigen Stachel. Maara hieb mit ihrer Lowa auf die gepanzerten Hinterbeine der Riesenspinne ein, während sich Souanne schützend zwischen Zuïa und deren einstiger Dienerin aufbaute. Najel wiederum nahm all
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