Die Götter - Die Macht der Dunkelheit - Grimbert, P: Götter - Die Macht der Dunkelheit - Les Gardiens de Ji, Tome 3: Le deuil écarlate
Großeltern erste Kenntnisse über das Jal erlangt.«
» Bevor sie von einem ganzen Heer Geister in die Flucht geschlagen wurden«, mahnte Josion. » Sie sind gerade noch mit dem Leben davongekommen, und alles, was sie ergattern konnten, war ein einzelnes loses Blatt.«
» Das sogenannte Gedicht von Romerij«, ergänzte Damián. » Aber stellt euch nur vor, wir hätten noch mehr solcher Texte!«
» Wir wissen ja nicht einmal, ob man den Turm überhaupt noch betreten kann. Vielleicht haben die Rominer ein anderes Gebäude darüber errichtet. Oder den Zugang für immer verschlossen. Seit damals kann alles Mögliche passiert sein. Ganz zu schweigen von dem Chaos, das nach dem Bürgerkrieg dort herrschte.«
» Die alte Hauptstadt des Reichs ist sehr traditionsbewusst«, entgegnete Damián. » Aber wie es dort wirklich aussieht, können wir nur feststellen, wenn wir hingehen. Und da es nicht mehr weit bis Romin ist und wir ohnehin kein besseres Ziel haben …«
Josion nickte widerwillig. Trotzdem beschloss er, den anderen zu sagen, was ihm auf der Seele lag – auch auf die Gefahr hin, als Feigling dazustehen.
» Aber was ist, wenn die Geister noch immer dort sind? Hältst du es wirklich für ratsam, ein so großes Risiko einzugehen? Wir wissen doch gar nicht, ob wir die Texte, die wir vielleicht im Turm finden, überhaupt lesen können. Die meisten Manuskripte der Bibliothek sind auf Ethekisch verfasst, und Amanón ist der Einzige, der sie übersetzen könnte …«
Darauf hatte sein Cousin keine Antwort. Er zuckte nur ratlos die Schultern und sagte:
» Es ist nicht nur unsere beste, sondern auch unsere einzige Spur. Außerdem wollen wir nicht nur die Bibliothek durchsuchen. Vielleicht befindet sich unten im Turm ja noch ein Zugang ins Jal.«
Damit hatte Damián seinen höchsten Trumpf ausgespielt, und Josion konnte nicht umhin, seinen Cousin zu bewundern. Wie konnten die Erben bei dieser Aussicht seinen Plan ablehnen? Langsam setzten sich die Puzzleteile in Josions Kopf zu einem logischen Ganzen zusammen, und er ärgerte sich, dass er nicht selbst darauf gekommen war. Jahrelang waren die Hinweise zum Greifen nahe gewesen, aber er hatte sie ignoriert, und jetzt war es Damián innerhalb einer Dekade gelungen, die richtigen Schlussfolgerungen zu ziehen.
» Eine Pforte?«, fragte Maara skeptisch. » Im Turm? Wie kommst du darauf?«
» Davon erwähnt Corenn in ihrem Tagebuch aber nichts«, bekräftigte Souanne ihren Zweifel.
» Unsere Großeltern sind aber auch nicht bis zum untersten Geschoss des Turms vorgedrungen«, erinnerte Damián sie. » Außerdem wussten sie damals kaum etwas über das Jal, das Karu oder die Dämonen. Alles weist darauf hin, dass es unten im Tiefen Turm eine Pforte geben muss. Die Bibliothek wurde auf den Ruinen der legendären Stadt Romerij erbaut, einer der ältesten Siedlungen der Etheker und der zweitwichtigsten Stadt nach Ith. Ich glaube, dass die Geister, die in der Bibliothek hausen, geradewegs aus der Unterwelt des Karu aufgestiegen sind, so wie die Lemuren die unterirdischen Gänge des Blumenbergs durchstreiften. Außerdem …«
» … hat auch der Tiefe Turm seinen Ewigen Wächter«, beendete Josion den Satz. » Das Ungeheuer wird ›Schattenfresser‹ genannt und ist ebenso furchterregend wie der Leviathan von der Insel Ji oder der Lindwurm aus dem Land Oo.«
Damián nickte ernst und wirkte erleichtert, dass er wenigstens einen seiner Gefährten hatte überzeugen können.
» So oder so können wir die Situation zu unserem Vorteil nutzen«, fuhr er fort. » Entweder sind alle Geister aus dem Turm verschwunden und wir können in Ruhe die Bücher durchsuchen und Antworten auf unsere Fragen finden. Oder der Ewige Wächter lebt noch. Dann funktioniert auch die Pforte, und wir können sie benutzen, um ins Jal zu gelangen.«
» Vorausgesetzt, wir überleben den Abstieg, und die Gespenster lassen uns in Ruhe«, meinte Josion. » Vor allem der Schattenfresser.«
Trotz seiner mahnenden Worte hatte er seine Entscheidung längst getroffen. Falls es auch nur die geringste Möglichkeit gab, seinen Vater bald wiederzusehen, würde er sie nutzen.
Die Erben waren sich bald einig. Schließlich riskierten sie nicht viel, indem sie sich nach Romin begaben. Zunächst mussten sie sich ohnehin vergewissern, dass der Turm noch begehbar war. Dann würden sie sich ein paar Schritte hineinwagen und dann weitersehen.
Vorausgesetzt, dass es dann noch nicht zu spät war.
Während des ersten Dekants
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