Die Götter - Die Macht der Dunkelheit - Grimbert, P: Götter - Die Macht der Dunkelheit - Les Gardiens de Ji, Tome 3: Le deuil écarlate
Kriegerin runzelte die Stirn und spannte jeden Muskel an, ließ sich aber nicht zu einem Wortgefecht hinreißen. War das ein stummes Eingeständnis, dass Zejabel Recht hatte? Oder war sie zu erschöpft, um sich zu verteidigen? Jedenfalls hatte Zejabel offenbar einen wunden Punkt getroffen.
» Du sagst, unsere Aufgabe sei noch nicht erfüllt … Willst du wirklich nach Nol dem Seltsamen suchen?«, fragte Lorilis. » Wir wissen nicht einmal, ob er tatsächlich noch lebt.«
» Du hast Recht«, pflichtete Damián ihr bei. » Wir dürfen dem, was die Sirenenkönigin gesagt hat, nicht blind vertrauen. Auf der anderen Seite hatte sie keinen Grund, uns anzulügen. Schließlich wollte sie einen Handel mit uns schließen. Deshalb bin ich davon überzeugt, dass Nol irgendwo auf der bekannten Welt umherirrt. Und er ist vermutlich der Einzige, der uns Auskunft über das Jal und den Verbleib unserer Eltern geben kann.«
» Das mag ja sein, aber wie sollen wir ihn finden?«, knurrte Maara. » Wir haben keine Ahnung, wo er steckt, nicht den kleinsten Anhaltspunkt!«
Auf ihre Worte folgte betretenes Schweigen. Seit sie der Sirenenkönigin begegnet waren, hatten die Erben keine Zeit gehabt, über das, was geschehen war, nachzudenken. Aber wenn sie sich ein wenig den Kopf zerbrachen, konnten sie gewiss die nötigen Schlüsse aus dem ziehen, was die einstige Herrscherin über das Karu ihnen verraten hatte.
» Vielleicht ist Nol ja an einem Ort, der den Gärten des Dara ähnelt«, überlegte Lorilis. » Der Saal unter der Bibliothek, in dem die Sirenen hausten, erinnerte schließlich auch an die Unterwelt des Karu. Womöglich hat sich Nol nach dem Verschwinden des Jal ebenfalls in eine vertraute Umgebung geflüchtet.«
» Keine schlechte Idee«, räumte Damián ein.
Nach kurzem Schweigen nickten die Gefährten Lorilis einer nach dem anderen zu und bestätigten so, dass sie ihre Vermutung für wahrscheinlich hielten.
» Das ist schon mal ein Anfang«, fuhr Damián fort. » Aber wahrscheinlich gibt es auf der bekannten Welt Hunderte Täler, die dem Dara ähneln.«
» Allerdings liegen nur ein paar davon im Rideau-Gebirge«, wandte Josion ein. » Und dort befand sich nach Vorstellung der alten Etheker das Jal, in einem Felskessel zwischen den höchsten Gipfeln. Weit oberhalb ihrer Siedlung, aber immer noch nahe genug, um den Glauben der Menschen zu stärken.«
» Das Jal ist aber kein gewöhnlicher Ort«, widersprach Guederic. » Wir können nicht in seinen Überresten herumspazieren, so wie wir eine Pyramide der Unteren Königreiche besichtigen würden. Es hatte nur Bestand durch die Kraft der Magie und den Glauben der Menschen. Selbst die Zeit verging dort langsamer als bei uns. Ist es nicht so?«
Diese Frage war an Zejabel gerichtet, und die Zü nickte.
» Aber es gab eine Verbindung zwischen dem Jal und der bekannten Welt«, beharrte Josion. » Schließlich entdeckten unsere Großeltern damals, als sie sich aufmachten, das Geheimnis von Ji zu lüften, mehrere Berichte von Schäfern, Abenteurern oder Kriegern, die sich in den Bergen verlaufen hatten. Alle erzählten von einem Garten voller Kinder, die kein Wort sprachen, und von einer Unterwelt, in der alptraumhafte Ungeheuer hausten. Und diese Augenzeugen waren den Unsterblichen begegnet, ohne eine Pforte zu durchschreiten.«
» Selbst wenn du Recht hast«, warf Maara ein, » und Nol tatsächlich in einem einsamen Tal im Rideau lebt, das zu Fuß erreichbar ist: Wie sollen wir ihn in einem Gebirge finden, das größer ist als jedes Königreich der bekannten Welt? Da wäre es ja noch einfacher, ihn aus den Fluten des Mittenmeers zu fischen.«
» Ich weiß«, gestand Josion widerwillig. » Aber abgesehen von Amanóns Tagebuch haben wir nichts in der Hand. Wir müssen es wenigstens versuchen.«
Lorilis hatte seit einer ganzen Weile nichts mehr gesagt. Auch Souanne schwieg bedrückt. Die Ereignisse in der Bibliothek hatten sie anscheinend arg mitgenommen. Plötzlich hatte Lorilis einen Geistesblitz.
» Wir müssen versuchen, die Überreste des Dara zu finden. Vielleicht stoßen wir dort ja auf eine Spur unserer Eltern. Und falls Nol nicht mehr da ist, treffen wir vielleicht jemand anderen, der uns helfen kann.«
» Aber wir haben doch nicht die geringste Ahnung, wo wir suchen sollen …«, sagte Maara missmutig.
» Wir müssen nur fest genug daran glauben«, beharrte Lorilis. » Souanne hat uns schließlich auch den Weg zum Tiefen Turm von Romin gezeigt.«
Sie lächelte
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