Die Götter - Ruf der Krieger - Grimbert, P: Götter - Ruf der Krieger - Les Gardiens de Ji, Tome 1: La volonté du démon
wir sie aber auch nicht, weil es hier in den Wäldern zahlreiche Räuberbanden gibt. Also ließ mein Vater ein verborgenes Tor bauen, das in einen trockengelegten Teil des Burggrabens führt. Es ist groß genug für einen Reiter.«
»Natürlich könnten wir dieses Tor benutzen, um in die Burg zu gelangen«, sagte Damián nachdenklich. »Wenn wir nur sicher sein könnten, dass …«
Er warf Josion einen raschen Blick zu und verstummte. Die Gefahr war einfach zu groß. Zejabel und Nolan
konnten unter Folter preisgegeben haben, dass es dieses geheime Tor gab.
»Reiten wir weiter«, sagte Damián unvermittelt. »Der Himmel verdüstert sich immer mehr. Wir sollten den unterirdischen Gang durchquert haben, bevor das Gewitter losbricht.«
Josion hob den Blick zum Himmel. Tatsächlich ballten sich immer dunklere Wolken über ihnen zusammen, als würden sich nun auch noch die Kräfte des Universums gegen sie verschwören.
Nach einem kurzen Ritt durch den Wald machten sie abermals halt. Souanne schaute sich erwartungsvoll nach dem unterirdischen Gang um. In einiger Entfernung erhob sich ein Erdhügel von ungefähr drei Schritten Höhe. Dort hatten ein paar Bäume ihre Wurzeln in die Erde geschlagen und reckten sich dem Licht entgegen. Vielleicht hatte man beim Graben des Gangs die überschüssige Erde einfach in der Nähe aufgeschüttet. Souanne rechnete damit, dass Josion sie zum Fuß des Hügels führen würde, aber zu ihrer Verblüffung saß er ab und drang in das dichte Gebüsch dahinter ein.
»Kommt!«, sagte er nur.
Da er offenbar nicht vorhatte, ihnen eine Erklärung zu liefern, stiegen die Gefährten ab, packten ihre Pferde am Zügel und folgten Josion. Nach etwas dreißig Schritten versammelten sie sich bei einer Gruppe hundertjähriger Eichen.
»Hier ist es«, sagte Josion.
Souanne suchte den Boden ab, konnte jedoch nichts
Auffälliges entdecken. Auch die anderen wechselten fragende Blicke.
»Ich sehe nichts!«, rief Maara ungeduldig. »Soll das ein Witz sein?«
Souanne wäre nicht auf die Idee gekommen, Josion zu unterstellen, dass er sich einen Spaß erlaubte. Sein ernstes Gesicht sprach Bände: Ihm war nicht zum Lachen zumute. Er räumte einen toten Ast beiseite und bog das Dorngestrüpp auseinander, das rings um den Stamm eines der Bäume wuchs. Zwischen den Wurzeln kam ein Loch von der Größe eines Fuchsbaus zum Vorschein.
»Das soll dein unterirdischer Gang sein?«, fauchte Maara. »Ein Kaninchenloch? Da passt ja nicht mal mein Fuß rein!«
»Der Eingang ist völlig zugewuchert. Nach all den Jahren wundert mich das nicht …«
Mit einer Handbewegung forderte er Najel auf, ihm seinen Stock zu geben, und der Junge tat wie geheißen. Josion schlug mehrmals auf den Boden rings um das Loch, bis die Erde Risse bekam und in großen Brocken in die Dunkelheit fiel. Nach kurzer Zeit hatte er das Loch um das Doppelte vergrößert und gab Najel seine Waffe zurück. Nun zweifelte niemand mehr an seinen Worten. Bei dem Gedanken, dass sie den Mut aufbringen musste, in den Gang hinabzuklettern, brach Souanne der kalte Schweiß aus. Das finstere Loch schien sie regelrecht verschlingen zu wollen.
»Vielleicht ist der Gang längst eingestürzt«, meinte Damián.
»Es gibt nur einen Weg, das herauszufinden«, antwortete Josion.
Ohne zu zögern setzte er sich in das Gestrüpp und ließ die Beine in das Loch baumeln. Bei dem Anblick wurde Souanne noch mulmiger zumute. Josion drehte sich auf den Bauch und ließ sich in die Dunkelheit hinab. Im nächsten Moment war er verschwunden. Fast wäre Souanne in Panik ausgebrochen, doch dann drang Josions Stimme zu ihnen hoch.
»Gebt mir eine Lampe.«
Sie hörte Josions Keuchen, als er sich hochhievte, um einen Arm durch das Loch zu stecken. Guederic reichte ihm eine Laterne, die er zuvor entzündet hatte. Wieder verschwand Josion in der Finsternis, doch diesmal war der Anblick für Souanne sehr viel weniger beängstigend. Der flackernde Lichtschein beruhigte sie ungemein.
Die Gefährten verharrten eine knappe Dezille neben dem Loch, während Josion unter ihren Füßen hin und her lief und sich vergewisserte, dass der Tunnel begehbar war. Dann steckte er den Kopf durch die Öffnung.
»Es müsste gehen«, sagte er. »Ihr könnt runterkommen.«
»Was ist mit den Pferden?«, fragte Lorilis. »Wir können sie doch nicht einfach zurücklassen!«
»Wir holen sie später, wenn wir wissen, dass wir auf der Burg in Sicherheit sind«, antwortete Damián. »Wir haben keine Wahl.
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