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Die Göttin im Stein

Titel: Die Göttin im Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Beyerlein
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sich, sich selbst winzig klein zwischen den mächtigen Beinen der Bärin, die sich hinter ihr niedergelassen hatte, spürte ihren eigenen Kopf zart und zerbrechlich in den furchtbaren Pranken, die sich sanft und schützend von hinten an ihre Schläfen legten. Und dann spürte sie ohne Schmerz, wie die Bärin ihr den Schädel spaltete und ihr eine Flüssigkeit ins Hirn träufelte, die golden glänzte wie die Sonne.
    Ein strahlendes, warmes Glück durchflutete Nakis Hirn und ihren ganzen Körper.
    Als die Trommel schwieg, sank Naki nach vorn, kniete am Boden, die Stirn ins Erdreich gedrückt. Sie fühlte sich so ruhig, so gelöst und heil wie seit dem Überfall nicht mehr.
    Eine Weile blieb sie so knien, dann stand sie langsam auf,
    reichte die eine Hand Lele, die andere Daire und tanzte mit ihnen und den anderen Frauen zu der neu einsetzenden Trommel ums Feuer.
    Nie wieder würde sie sich vor Besen fürchten.
    Und wenn Lykos ins Dorf kommen sollte, eines Tages, irgendwann einmal, so würde sie ihn täuschen. Die von Dämonen Besessene würde sie ihm vorspielen, so daß er sich mit Grausen von ihr wenden mußte. Und wie sie das würde!
    Lykos ließ das Pferd in langsamem Schritt gehen. Dort vorne: sein Hof.
    Im letzten Sommer noch der Hof seines Vaters.
    Bereits jetzt hatte er seinen Vater in den Schatten gestellt! Was hatte der Vater schon Großes erreicht – nur ein Herr unter vielen!
    Auf ihn selbst aber würde man noch Lieder singen, wenn der Name des Vaters längst vergessen war.
    Der Rat der Weisen hatte auf Vorschlag von Rösos seinen Plan gebilligt. Daios war es gewesen, der mit einer geschliffenen Rede die letzten Bedenken beiseite geschoben hatte. Das Orakel hatte die Zustimmung der Himmlischen verkündet.
    Allgemein hieß es: Lykos hat die Richtung gewiesen.
    Und nun wurde er auch noch ein Schwiegersohn des Königs.
    Lykos lachte.
    Briseia, die Braut.
    Blutjung war sie, fast kindlich, jünger, als Moria gewesen
    war. So eilig hatte der König es, ihn an sich zu binden ... Bedauern streifte ihn: Um Moria tat es ihm leid. Nebenfrauen, das war etwas anderes. Aber eine rechtmäßige zweite Gemahlin, sogar eine Tochter des Königs! Nicht leicht.
    Wie sollte er ihr das beibringen? Und ihr zugleich ein für allemal klarmachen, daß sie Briseia als Gleichrangige zu behandeln, zu ehren und zu lieben habe?
    Dieser Hohn in den Augen des Königs: »Fürchtest du, deine Moria nicht im Zaum halten zu können?«
    Unwillig stieß er die Fersen in die Flanken des Pferdes, trieb es zum Galopp.
    Er preschte in den Hof, sprang vom Pferd.
    Fior rannte ihm entgegen, die Backen rot vor Aufregung.
    Lykos warf dem Jungen die Zügel zu, »Du striegelst den Hengst, bis sein Fell glänzt wie Kupfer!« und wandte sich zum Haus.
    Plötzlich wünschte er sein Anwesen in Unordnung vorzufinden: weiblicher Kram im Herrenraum verstreut, Moria nachlässig gekleidet, das Bier verdorben, kein anständiges Essen gekocht – irgend etwas, das ihm Grund zu scharfem Tadel gab.
    Moria konnte nicht ahnen, daß er gerade heute vom Königshof heimkehrte.
    Die Tür ging auf. Moria trat heraus, schritt ihm entgegen, einen Becher in der Hand.
    Ihr Haar sorgfältig frisiert, ihr ganzer Anblick eine Wohltat.
    Erstmals bemerkte Lykos, daß man ihre Schwangerschaft schon sah. Und daß sie noch schöner geworden war: rundlicher, weicher und reifer.
    »Lykos, mein geliebter Herr«, sagte sie und lächelte ihm zu, ihre Augen strahlten, »wie schön, daß du nach Hause kommst! Sei mir von Herzen willkommen!«
    Sie verneigte sich und reichte ihm den Becher. Das Bier war kühl und gut.
    Moria öffnete ihm die Tür in den Herrenraum, trat zur Seite und ließ ihm den Vortritt. Mit einem Blick erkannte er, daß es hier nichts auszusetzen gab.
    »Wünschst du, daß ich dir sofort Essen auftrage?« fragte sie. »Ich habe ein Zicklein mit Schafskäse gefüllt und gebraten, es wird dir schmecken!«
    Er umfaßte ihr Kinn. »Du bist wirklich ohne Fehl«, sagte er.
    Röte schoß ihr ins Gesicht.
    Sehr hübsch sah das aus.
    Er küßte sie, nahm sie in die Arme, streichelte ihr Haar, ihren Nacken.
    Könnte er ihr ersparen, was er jetzt tun mußte ... Unwillkürlich wurde sein Griff hart.
    Sie stöhnte leise, drängte sich an ihn. Er spürte, wie ihr Körper erwachte.
    Da vergaß er seinen Vorsatz in der Umarmung mit ihr.
    Erst als ihrer beider Atem wieder langsam ging und ihr Kopf an seiner Brust ruhte, erinnerte er sich.
    Er mußte es hinter sich bringen, vollständig,

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