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Die Göttin im Stein

Titel: Die Göttin im Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Beyerlein
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schreiend tauchte sie auf – und wurde wieder zurückgestoßen.
    Eine Hand auf ihrer Schulter und eine Hand auf ihrem Hinterkopf hielten sie unerbittlich unter Wasser. Sie schlug um sich, ruderte, stemmte sich gegen den harten Griff.
    Vergebens.
    Luft, Luft–
    Da wurde sie an den Haaren aus dem Wasser gezogen, einen kurzen Augenblick holte sie qualvoll Atem, und schon wieder stießen diese grausamen Hände sie zurück in den Sumpf.
    Schlammiges Wasser in ihrem Mund.
    Auftauchen. Würgen. Atemringen.
    Gnadenlos untergetaucht werden.
    Keine Rettung.
    Naki, ich –
    Nach unermeßlichem Kampf erschlaffte sie, ergab sich, öffnete den Mund, bereit, ihre Lungen mit dem schlammigen Wasser zu füllen.
    Eulengöttin ...
    Wieder wurde sie in die Höhe gerissen, pfeifend schoß die Luft in ihre Lungen.
    Die harten Hände hatten sich um ihre Haare geschlungen und bogen ihren Kopf nach hinten.
    »Wer bist du, und was treibst du hier«, sagte dicht an ihrem Ohr eine drohende Männerstimme. »Antworte, oder ich tauche dich zurück!«
    »Ich bin Haibe aus der Sippe der Dala«, stieß sie röchelnd hervor. In ihren Ohren noch immer der Ruf der Eulengöttin.
    Es wurde ihr nicht bewußt, daß die Stimme ihres Peinigers im vertrauten Dialekt der Heimat gesprochen hatte.
    »Haibe aus der Sippe der Dala?« Der Mann packte sie an den Schultern, drehte sie zu sich herum. Vage sah sie im Zwielicht sein Gesicht. Kam es ihr nicht bekannt vor?
    Unfähig, etwas zu begreifen, stierte sie ihn an.
    »Wie heißt dein Bruder?«
    »Ritgo. Mein lebender Bruder heißt Ritgo, Sohn der Gilai«, antwortete sie, noch immer willenlos. »Meine Brüder Aktoll und Li sind tot.« Tot, warum bin ich nicht tot ...
    »Haibe, Ritgos Schwester! Es tut mir leid, wenn ich geahnt hätte, du mußt verstehen, ich bewache das Lager, ich machte einen Wachgang, der Hund hat dich gewittert, man kann nicht vorsichtig genug sein, wir müssen ständig auf der Hut sein vor Wolfskriegern und Spähern, ich habe dich doch nicht verletzt, nicht wahr, ich habe dich nicht verletzt?«
    Schwarz wurde es um sie. Sie spürte, wie ihre Beine wegsackten.
    Die Hände hielten sie.
    Der Mann trug sie durch den Sumpf, legte sie am Hang der Sanddüne nieder, kniete neben ihr. »Was ist mit dir?« murmelte er hilflos.
    Sie schloß die Augen. Schlafen.
    Plötzlich schoß sie in die Höhe. »Ritgo? Was hast du von Ritgo gesagt? Kennst du ihn?«
    »Aber ja. Er ist unser Anführer. Unser Lager ist ganz in der Nähe. Ich gehöre zur letzten Nachtwache. Ich konnte nicht ahnen, daß du es bist, daß du deinen Bruder aufsuchen wolltest, war noch dunkel, das verstehst du doch? Du wirst doch nicht bei Ritgo Klage gegen mich führen?«
    »Klage gegen dich?« Ihr Lachen schrillte.
     

15
    Die Sonne stach.
    Der kleine Wirrkon, auf Nakis Rücken gebunden, wimmerte leise.
    Naß und heiß klebte der Kittel an ihr. Hitze staute sich zwischen Wirrkons Körper und ihrem.
    Kein Schatten im Gemüsegarten.
    Es würde Mittag werden, ehe sie mit Daire und Lele alle Ackerbohnen abgeerntet hatte.
    Wirrkons Körper verhärtete sich. Er bäumte sich auf, schrie.
    Naki stellte den Bohnenkorb ab und nahm Wirrkon aus dem Tragetuch. Sein Gesicht war rot.
    Sie wiegte ihn. Er schrie.
    »Ich hab' ihn doch gerade erst gestillt«, sagte sie.
    Daire fuhr über Wirrkons schweißnasse Stirn und nickte. »Ihm ist zu heiß. Bring ihn ins Haus! Dort schläft er bestimmt wieder ein, und Kori kann auf ihn aufpassen.«
    »Meinst du wirklich«, murmelte Naki unsicher. »Natürlich! Kori, geh mit Naki ins Haus! Du darfst den kleinen Wirrkon hüten!«
    Kori hüpfte neben Naki her. »Ich pass' ganz gut auf ihn auf! Daß sich keine Fliegen auf sein Gesicht setzen. Ich verscheuche sie einfach. So!« Sie wedelte mit der Hand.
    Naki lächelte. »Und wenn er aufwacht und weint, dann holst du mich!«
    Kori nickte. »Dann hol' ich dich!«
    Aufatmend trat Naki in die dämmrige Kühle des Wohnhauses. Sie benetzte ein Tuch mit Wasser aus dem Krug, nahm Wirrkon auf den Schoß, wusch ihn und kühlte ihn. Er hörte auf zu brüllen.
    »Ich will auch mal«, bat Kori.
    Naki gab ihr das nasse Tuch. Vorsichtig betupfte die Kleine damit Wirrkons Stirn und pustete ihm ins Gesicht.
    Wirrkon lachte.
    Naki legte ihn auf das große Lager, Kori krabbelte neben ihn und kitzelte seinen Bauch. Wirrkon griff nach ihrem Finger und hielt ihn fest umklammert.
    »Er mag mich!« sagte Kori andächtig. »Ich bin seine große Schwester.«
    Naki lächelte Kori zu. »Ja, du bist

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